SDN-Hype
Wenn Analysten behaupten, „Software Defined Networking (SDN) ist ein explodierender Markt“, dann haben sie Recht. Die Behauptung der SDN-Kritiker: „SDN ist so selten, dass die Chancen, eine komplette SDN-Lösung zu finden, in etwa genauso hoch ist, wie vom Blitz getroffen zu werden“, ist genauso richtig.

- SDN-Hype
- Was man noch über SDN wissen müssen
SDN erfordert die Zentralisierung der Prozesse, die Verteilung der Intelligenz oder auch beides. Das Software-Defined-Networking ist alles und auch nichts. Aus diesem Grund lieben die Marketiers der Hersteller diese Technologie. Es liegt an der Sichtweise des Betrachters, was für ihn hinter dem Begriff „SDN“ und welche Funktionen in diese Technologie hinein interpretiert werden.
Die IT-Verantwortlichen in Europa nehmen zwar die Marketingbotschaften der Hersteller gerne auf, aber verfügen noch über genügend Skepsis, um die Informationen zu hinterfragen. Aus meiner Sicht haben 85 Prozent der bereits realisierten „SDN-Installationen“ nichts mit SDN zu tun. Der Markt befindet sich noch in einem frühen Stadium und die Kunden werden gerade erst über den Sinn und Zweck von SDN aufgeklärt. Weit über 80 Prozent der Unternehmen glauben, dass innerhalb der nächsten drei Jahre in ihren Netzwerken irgendeine Form von SDN realisiert wird. Wie kann man im SDN-Markt die Spreu vom Weizen trennen und vor allem, was muss man wirklich über SDN wissen?
- Eine Migration auf SDN ist nicht zwangsläufig notwendig. Verfügt ein Unternehmen über ein größeres Datenzentrum und beschäftigt sich mit Virtualisierung und/oder Private-Cloud-Technologie, ist es sehr wahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren irgendeine Form von SDN genutzt wird. Alle anderen Unternehmen werden wahrscheinlich keinen Grund finden, in ihren Netzwerken die SDN-Technologien einzusetzen. Dies gilt besonders für kleine und mittelständische Unternehmen. Aber auch diejenigen Unternehmen, die beim ersten Blick auf SDN wie SDN-Kandidaten aussehen, können bei genauerer Analyse feststellen, dass SDN keine überzeugenden Vorteile bietet. Fast alle Funktionen, die SDN bereitstellt, lassen sich auch mit der etablierten (und bereits vorhandenen Technologie) realisieren.
- Welche SDN-Variante ist gemeint? Momentan gibt es im Markt mindestens vier unterschiedliche SDN-Lösungen. Hierzu gehören:
Ein „Software-Switch-Router“-Modell, das eine Software-Implementierung des aktuellen Switches/Routing darstellt und überhaupt keine spezielle SDN-Funktionen bietet. Das „Overlay-Netz“ oder „Nicira“-Modell, bei dem SDN oberhalb des Switchings/Routings eine weitere virtuelle Schicht bereitstellt. Das „Verteilte-“ oder „API-und-Protokolle-“Modell, welches von Cisco favorisiert wird und durch das Hinzufügen von Funktionen in den aktuellen Geräten/Protokollen beruht, sowie das puristische Openflow-Modell.
Will man heute SDN-Produkte beschaffen, dann steht man vor der gleichen Art von Herausforderung, wie wenn man „ein Fahrzeug“ kaufen möchte. Man muss sich entscheiden, was man mit dem Oberbegriff „Fahrzeug“ meint. Es kann sich dabei um ein Fahrrad, Motorrad, ein Automobil, ein LKW, ein Bus, ein Boot, oder gar ein Flugzeug handeln. Die Moral der aktuellen SDN-Geschichte lautet: Ohne eine sorgfältige Analyse der Anforderungen an das künftige Netz und einer anschließenden Bewertung der angebotenen SDN-Produkte hat man keine Chance die richtige Kaufentscheidung zu treffen.
- Die SDN-Technologie ist noch immer nicht ausgereift. Man findet keine seriöse Umfrage, in der SDN-Anwender mit mehr als einem Jahr Erfahrung zu Wort kommen. Auch die länger bestehenden SDN-Pilotprojekte mussten durch mehrere signifikante Veränderungen gehen und sucht man erfahrene SDN-Spezialisten, dann sind diese so selten wie erfahrene Astronauten. Eigentlich trifft man die SDN-Spezialisten bisher nur auf Spezialveranstaltungen. Die meisten SDN-Gurus, die man dort trifft, arbeiten in der Regel bei Service-Provider, Carriern, IT-Riesen oder ähnlichen Unternehmen. Dies bedeutet, dass man bei der Entscheidung für ein SDN-Produkt nicht um einen gründlichen Pilotversuch herumkommt.