Industrial Ethernet 2.0 oder alle Dinge kommen ins Netz

Vom Sensor ins RZ oder gleich in die Cloud?

21. November 2011, 7:00 Uhr | Uwe Eisenmann/jos, freier Mitarbeiter im Marketing Industrial Network bei BTR Netcom,

Bereits in den späten 90ern des vergangenen Jahrhunderts entstanden erfolgreich die ersten industriellen Anlagen mit Ethernet-Technik. Waren es seinerzeit noch vornehmlich Leit- und Stellwarten, die mit modernen Netzwerken ausgestattet waren, ist diese Technik heute auf allen Anwendungsebenen im Automationsalltag anzutreffen. Eine klar strukturierte Infrastruktur und ein skalierbares Netzdesign schaffen aktuell weit-reichende Möglichkeiten, das ständig wachsende Kommunikationsbedürfnis der Automationswelt adäquat zu bedienen.

Unter dem Begriff „vertikale Integration“ entwickelte sich Industrial Ethernet zuerst auf der administrativen Ebene, nämlich dort, wo Anlagen?, Produktions- und Maschinendaten in das unternehmensweite ERP-System eingeflossen sind. Überlagerte Leittechnik (Scada) und Anlagenrechner waren nun in das Netzwerk eingebunden und lieferten zuverlässig Daten zur Optimierung der Produktions- oder Anlagensteuerung. Im nächsten Schritt fand die Integration der so genannten Steuerungsebene in das heterogene Netzwerk statt – damit war es möglich, neben den reinen Betriebsdaten auch direkt auf die SPS und die Industrie-PCs (IPCs) zuzugreifen. Dies war ein wesentlicher Schritt, der den Anwendern erlaubte, eine einfache und transparente Automation aufzubauen, ohne über hinderliche Schnittstellen kommunizieren zu müssen. Durch diese zuverlässige Kommunikation waren die Daten und Anwendungen des Automationsnetzwerks genauso sicher zu verwalten wie die der IT. Dem nächsten Schritt zur zentralen Vorhaltung von Automationsanwendungen im Rechenzentrum stand und steht nichts im Wege. Ob die Betreiber über kurz oder lang auch derartige Applikationen in den Clouds dieser Welt finden werden, bleibt abzuwarten – noch findet diese Idee keinen breiten Zuspruch bei den Automatisierern und produzierenden Anwendern. Mit der weitergehenden Einführung der Ethernet-Feldbus-Lösungen wie zum Beispiel Profinet, Ethernet/IP, Sercos3 und Ethercat etc. war es möglich, die Automationsendgeräte im Feld direkt einzubinden. Meist wird dabei konsequent auf die gleiche Basistechnik gesetzt, nämlich Ethernet, wie es im Standard IEEE 802.3 beschrieben ist. Darüber setzt lediglich eine spezielle Protokollwelt auf – nur wenige Feldbus-Ethernet-Lösungen adaptieren die Standardlösung mittels proprietärer Elektronik. Damit stehen der flächendeckenden Ausbreitung der Ethernet-Automationsgeräte keinerlei Hindernis mehr im Weg. Die Betreiber stellen folglich immer mehr Anwendungen von konventionellen und oft sehr speziellen und langsamen Feldbussen auf Ethernet um. Anwendungen und Geräte im Netz Besonders spannend sind die unterschiedlichen Anwendungen, die im Automationsnetz zu finden sind. Zum einen sind die Vielzahl an „Datenermittler und -sammler“ zu erwähnen, die zur Aufbereitung von Inhalten für die Produktions- und Qualitätsdatenbanken dienen. Eine weitere wesentliche Aufgabe des Netzwerks ist selbstverständlich auch der originäre Transport von Steuerungsdaten und -befehlen an unter- oder übergeordnete Automationssysteme. Innerhalb dieses Automations- oder Netzwerkverbundes laufen die eigentlichen Steuerungsfunktionen ab. Antriebe, Sensoren oder Aktoren sprechen die Systeme dort direkt an. Dabei bekommt das Netzwerk einen ganz besonderen Stellenwert und der eigentliche Netzwerkzugangspunkt eine entscheidende Schlüsselrolle. Der einzelne Netzwerkteilnehmer (Automationsendgerät) kann mitunter eine sehr wichtige Rolle in der gesamten Automationslösung einnehmen, sodass der Netzwerkzugang mit sehr hoher Verfügbarkeitsanforderung ausgestattet sein muss. Das Netzdesign und die Ausprägung der Topologien, und zwar einhergehend mit den einzubeziehenden Redundanzaspekten, gewinnen dabei einen sehr hohen Stellenwert. Das Nervensystem in der Automation Eine sehr plakative Automationsapplikation dafür sind etwa die zunehmend eingesetzten Vision-Systeme für Industrieroboter, bei denen mittels gigabitfähigen Netzwerkkameras Bildinformationen zur Robotersteuerung übertragen werden. Dort wandern die Videodaten von unterschiedlich positionierten Netzwerkkameras (Vision-Sensor) an einem leistungsfähigen Vision-Server. Dieser Vision-Server kommuniziert über das gleiche Netzwerk mit der eigentlichen Robotersteuerung, die die relevanten Bewegungsdaten an die einzelnen Antriebsregler auf der jeweiligen Roboterachse zeitgleich umsetzt. Man kann sich sehr gut vorstellen, was in einer solchen Anwendung ein Netzwerk-/Kommunikationsfehler für negative Auswirkungen mit sich bringt. Um den potenziellen Fehlfunktionen vorzubeugen, ist im Besonderen die Netzinfrastruktur technisch so ausgestattet, dass sie den hohen Anforderungen hinsichtlich der Verfügbarkeit Rechnung tragen kann. Positive Erfahrungen im Bereich der Netzwerkverkabelung mit einer auf die Anwendungsbelange angepassten Verkabelung tragen dabei entscheidend zur Verbesserung der Netzwerkzuverlässigkeit bei. Ohne RJ45, M12 und LWL fehlt die Luft zum Atmen Um den Anforderungen hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung, der Robustheit und der zuverlässigen Datenübertragung gerecht zu werden, setzt man bei industriellen Applikationen sowohl auf LWL- als auch auf Kupferinfrastrukturen. Gleichgültig, ob weite Distanzen überbrückt werden müssen, eine Potenzialverschleppung vermieden werden soll, Verkabelungsteilstrecken durch stark verschmutzte Bereiche laufen oder die anzubindenden Netzteilnehmer auf hoch beweglichen Maschinenteile zu montieren sind, eine passende Verkabelungslösung lässt sich heute flexibel aus einem entsprechenden Systembaukasten auswählen. Da im Automationsnetzwerk die Netzwerkteilnehmer nicht wie in der Gebäudeverkabelung an eine Datendose angeschlossen sind, sondern je nach Anwendung direkt über einen feldmontierbaren Stecker eingebunden oder über Hutschienenadapter im Automationsverteiler abgefangen, ist auch dort die entsprechende industrielle Eignung von hoher Wichtigkeit. In besonders rauer Umgebung kommen dazu zusätzlich geeignete Schutzgehäuse um die jeweiligen Datensteckverbinder (RJ und LWL), oder der Betreiber setzt gleich auf industrietaugliche Rundsteckverbinder vom Typ M12 für Ethernet. Die Steckverbindung M12 D-code in einer vierpoligen Ausführung hat bisher im Automationsnetzwerk einen festen Platz und findet breite Anwenderakzeptanz. Lediglich die ausschließliche Eignung für Fast Ethernet (Kategorie 5) ist oft noch ein Hindernis zum durchgängigen Einsatz. Seit wenigen Monaten gibt es nun Licht am Horizont, denn mit der neuen vierpaarigen M12-type-X-Steckverbindung lassen sich auch höhere Datenströme wie bei der GBit-Technik und mit einer geeigneten Bauweise und Beschaltung auch Übertragungsbandbreiten bis 500 MHz und Kategorie 6A erreichen. Ethernet M12 für Gigabit Auf diese Weise ist erstmals die oben beschriebene Vision-Applikation über den sehr robusten Steckverbinder M12 type X direkt am Vision-Sensor verwendbar. Die notwendige Datenübertragungsrate setzt das System ohne Schwierigkeiten um. Die Roboterapplikation lässt sich unter Einsatz von Gigabit schnell und zuverlässig betreiben. Somit steht dem nächsten Innovationsschritt für eine bessere Automation nichts mehr im Weg. Um die internationale Akzeptanz zu erhöhen, ist der M12 type X in die einschlägige Normung eingeflossen. Besonders hilfreich ist, dass neben der internationalen Normung bereits die ersten Feldbusorganisationen wie die PNO (Profibus Nutzer Organisation) auf diese Steckverbinderlösung setzen. Dies ist ein konsequenter und wichtiger Schritt, um den Anwenderanforderungen bezüglich einer konvergenten Nutzung der Netzinfrastruktur gerecht zu werden.

Der Stecker Ethernet M12 8 X-type Cat. 6A nach IEC/PAS 610076-2-109. Bild: BTR Netcom

Anwendernutzen der vertikalen Integration. Grafik: BTR Netcom
LANline.

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