Auswahl des passenden Rechenzentrums

Zertifizierung als Entscheidungskriterium

23. Februar 2015, 11:30 Uhr | Frank Leinhoss, Operations Manager Germany, Data Centre Services bei Colt, www.colt.net./jos

Viele Unternehmen nutzen externe RZs als Service. Ob ein Rechenzentrum die Anforderungen der Kunden erfüllt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie der Betrieb geführt wird. Sogenannte M&O-Zertifizierungen (Management and Operations) ermöglichen eine objektive Bewertung der Betriebsführung und helfen bei der Entscheidung.Daten oder Anwendungen in Rechenzentren auszulagern, ist heute nichts Besonderes mehr. Viele Unternehmen arbeiten mit der Cloud oder haben einfach als Backup ihre Daten zusätzlich in einem externen Rechenzentrum gespeichert. Unabhängig davon, für was sie das Rechenzentrum nutzen: Ohne externe Speicherkapazitäten kommt heute kaum noch ein Unternehmen mit moderner IT aus. Umso wichtiger ist es, dass das genutzte Rechenzentrum möglichst ausfallsicher läuft. Für den Fall der Fälle schließen die beteiligten Parteien Service Level Agreements (SLAs) ab und vereinbaren Strafen für den Störungsfall. Kommt es tatsächlich zu einem größeren Ausfall, ist dies nicht nur sehr ärgerlich für den Kunden, es hat vor allem schwere Folgen für die Reputation des Rechenzentrums und seines Betreibers. Klar ist, dass sich Rechenzentren grundsätzlich unterscheiden - in Aufbau, technischer Ausstattung, Leistungsangebot, Service, Energie-Management, Sicherheit und weiteren Faktoren. Die Bewertung der Anbieter und ihrer Einrichtungen hat sich bisher allerdings stark auf die technischen Aspekte konzentriert. In der sogenannten Tier-Skala ist der technische Standard eines Rechenzentrums von Tier I bis IV bestimmt, wobei Tier I die niedrigste Stufe ist und Tier IV die Premiumklasse der Datenspeicher umfasst. Entgegen der naheliegenden Annahme, dass Störungen meist auf die vorhandene Technik oder das Alter des Equipments zurückzuführen sind, kam eine Studie des Uptime-Instituts zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der Ausfälle auf menschliches Versagen oder nicht sachgemäß ausgeführte Eingriffe in die Technik zurückgehen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Art und Weise, wie ein Betreiber sein Rechenzentrum führt und mit welcher Sorgfalt die Mitarbeiter ihre Aufgaben erledigen, verständlicherweise an Bedeutung, wenn Kunden vor der Entscheidung stehen, welche Einrichtung sie nutzen möchten. Um den Unternehmen diese Entscheidung zu erleichtern, hat das amerikanische Uptime Institute, das unter anderem die Tier-Zertifizierung für Rechenzentren einführte, einen De-facto-Standard geschaffen, mit dem sich die Führung und der Betrieb von Rechenzentren objektiv bewerten lassen: die "M&O"-Zertifizierung (Management and Operations). Diese Prüfung ist vergleichbar mit der Auditierung von Geschäftsberichten. Die M&O-Zertifizierung ist nicht nur hilfreich für Kunden, auch immer mehr Betreiber erkennen, welchen Wert die externe Beurteilung für sie hat und laden die Experten zur Prüfung ein. Neben Providern wie Colt, die im Jahr 2011 die erste Zertifizierung in Europa erhielten, lassen zunehmend auch Unternehmen anderer Branchen ihre eigenen Rechenzentren zertifizieren.   Alle Aspekte des Betriebs im Blick Bei einer solchen Zertifizierung nehmen die Tester alle Aspekte der Betriebsführung unter die Lupe. Dies reicht von Sicherheitsrichtlinien und -vorkehrungen über Sorgfalt und Arbeitsweise der Mitarbeiter im täglichen Betrieb, Arbeitsprozesse, Standards und Monitoring bis zum Umgang mit den Kunden und der Instandhaltung des Gebäudes. Das Uptime Institute untersucht auch, inwieweit der Betreiber die Vorgänge im Rechenzentrum gegenüber den Kunden transparent macht. Dies betrifft zum Beispiel die Risiken im Betrieb oder den spezifischen Energieverbrauch für ihre Daten und Anwendungen. Geht es um Führung und Betrieb, ist geschultes Personal für einen Rechenzentrumsbetreiber das A und O. Denn auch wenn es banal klingen mag, ist der richtige Einbau des Equipments in die Rechenzentrumsumgebung absolute Basis für einen ausfallsicheren Betrieb. Selbstverständlich spielt dabei auch das Alter der Ausstattung eine Rolle: Moderne Geräte sind oft leistungsfähiger und sicherer als veraltete Modelle. Ebenfalls unabdingbar für einen erfolgreichen Betrieb ist das kontinuierliche Monitoring der verschiedenen Bereiche im Rechenzentrum. Denn nur wenn die entsprechenden Daten erhoben und ausgewertet werden, kann der Betreiber Rückschlüsse ziehen, ob alles zu seiner Zufriedenheit läuft oder es gegebenenfalls nötig ist, Optimierungen durchzuführen. Viele Prozesse in modernen Rechenzentren laufen heute automatisch ab. Dies gilt zum Beispiel für die Kühlung im Server-Raum. Für Raumtemperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit erfolgt eine exakte Messung, und eine Software erfasst diese Werte kontinuierlich und wertet sie aus. Beim Überschreiten der zulässigen Grenzwerte erfolgen automatisch Gegenmaßnahmen. Zudem gibt es bei Störungen oder extremen Abweichungen automatische Meldungen an die Service-Techniker. Diese Überwachung der Klimatisierung hilft dabei, das optimale Raumklima für den Betrieb zu gewährleisten.   Daten erfassen - Rückschlüsse ziehen Analog dazu erfassen die Systeme weitere Daten, etwa zu regelmäßigen Wartungen, Unregelmäßigkeiten oder Störungen und auch zum Gesamtstromverbrauch. Zum einen behält der Betreiber dank des Monitorings stets den Überblick über den aktuellen Betrieb, kann eventuelle Zusammenhänge erkennen und Risiken minimieren. Zum anderen ist er in der Lage, seinen Kunden transparente Daten etwa zum tatsächlichen Energieverbrauch ihrer Server zu liefern. Dafür müssen an den Abgängen zum jeweiligen Rack Messstellen eingerichtet sein, die die zugehörigen Daten per WLAN oder LAN direkt übermitteln. Dies ermöglicht individuelle Abrechnungen und sensibilisiert die Kunden gleichzeitig für das Geschehen im Rechenzentrum. Neben der M&O-Zertifizierung gibt es auch noch weitere Zertifikate und Werte, die einem Kunden die Entscheidung für das richtige Rechenzentrum erleichtern und gleichzeitig Rückschlüsse auf die Betriebsführung zulassen. Dies gilt zum Beispiel für die ISO-Zertifizierung 27001 bezüglich der Sicherheitsstandards oder für den Energiekoeffizienten PUE (Power Usage Effectiveness). Vor allem das Energie-Management gilt heute als wesentliches Entscheidungskriterium. Der PUE-Wert gibt an, wie viel Energie ins Rechenzentrum gesteckt wird und welcher Anteil davon unabhängig von der IT für die nötige Infrastruktur aufgewendet wird. Er beschreibt also das Verhältnis von Gesamtenergieverbrauch und dem Energieverbrauch der IT und umfasst somit auch eine Aussage über die Qualität der Führung. Dabei sollten potenzielle Anwender allerdings nicht vergessen, dass Rechenzentren heute verschiedene Aufgaben erfüllen. Der PUE eines Rechenzentrums, das nur mit einem Typ von Servern arbeitet, ist sicher anders zu bewerten als ein Rechenzentrum, das im Wesentlichen Colocation-Fläche zur Verfügung stellt.   Auswahl erleichtern Unternehmen, die ein Rechenzentrum als Colocation-Kunde nutzen, hilft die M&O-Bewertung. Meist besuchen gerade solche Anwender das Rechenzentrum, in dem ihre Daten und Anwendungen gespeichert sind, nur ein einziges Mal zu Beginn der Zusammenarbeit. Ändert sich im Laufe der Zeit etwas an der Betriebsführung, bemerken sie dies oft gar nicht. Die M&O-Zertifizierung jedoch ist zeitlich befristet und gilt immer nur für die spezifische Einrichtung und nicht pauschal für alle Rechenzentren eines Betreibers.   Regelmäßige Prüfung Dies bedeutet, dass der zertifizierte Standard über die Zeit erhalten bleiben muss und dass dies auch regelmäßig einer Überprüfung standhalten muss, was die Vertrauensbasis zwischen den Vertragspartnern stärken kann. Gleichzeitig erleichtert es den Anwendern die Zusammenarbeit mit den Rechenzentren, denn sie müssen sich nicht mehr selbst mit den Details des Betriebs befassen. Dies übernimmt vielmehr die externe Beurteilung. Dadurch können Anwender die Entscheidung für ein Rechenzentrum schneller und fundierter treffen, was Zeit und Kosten spart.

Colt bietet auf seiner Website eine virtuelle Tour durch das Colocation-RZ an.

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