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Hersteller bauen ihr Angebot aus

Refurbished-IT für den Channel

Immer mehr Firmen setzen wiederaufbereitete IT-Hardware ein. Erneuerte Gebrauchtgeräte sind nicht nur günstiger als Neuware. Sie helfen auch, die gesetzlichen Vorgaben und Nachhaltigkeitspflichten zu erfüllen. Viele Hersteller bauen deshalb ihre Refurbishing-Services für den Channel aus.

Autor: Michaela Wurm • 2.10.2025 • ca. 6:50 Min

Rücknahmeprogramme
Durch Rücknahmeprogramme für ausgediente Geräte können Hersteller einen Beitrag leisten, um Elektroschrott von den Mülldeponien fernzuhalten.
© Dell Technologies

Der Markt für wiederaufbereitete Hardware wächst, weil Unternehmen zunehmend nachhaltige und kostengünstige Alternativen zu Neuware suchen. Auch die immer strengeren gesetzlichen Vorgaben und Nachhaltigkeitspflichten zwingen sie dazu, sich mit dem Thema zu befassen.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und ESG-Anforderungen drängen Unternehmen dazu, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. So müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern schon seit dem letzten Jahr verpflichtend, alle Maßnahmen in diesem Bereich dokumentieren. Die CSRD wird in den kommenden Jahren auch für kleinere Unternehmen verpflichtend. Die IT-Infrastruktur kann dabei eine entscheidende Rolle spielen, denn aufbereitete Geräte schonen Ressourcen und reduzieren Elektroschrott.

Kein Wunder, dass die Nachfrage steigt und sich immer mehr Anbieter in diesem Marktsegment tummeln. Längst hat sich eine Reihe von professionellen IT-Refurbishern wie AfB, bb-net, CDS, Circulee und GSD auf dieses Geschäft spezialisiert. Sie bieten eine Vielzahl von aufbereiteten IT-Geräten mit Garantie, Service- und Supportleistungen an.

Anbieter zum Thema

Auch die Distribution ist schon lange im Remarketing-Geschäft aktiv. So bietet TD Synnex mit Cisco Refresh-zertifizierte, wiederaufbereitete Geräte an, um seine Partner bei der Einführung einer kostengünstigen, zirkulären IT-Beschaffung zu unterstützen. Ingram Micro oder Wortmann haben eigene Geschäftsbereiche für die Aufbereitung und das Remarketing von Gebrauchtgeräten.

Dass die Nachfrage im Channel wächst, zeigt sich auch daran, dass die B2B-Beschaffungsplattform ITscope Anfang des Jahres ein eigenes Refurbished-Portal etabliert hat. Systemhäuser können darüber direkt auf professionell aufbereitete IT-Hardware zugreifen und IT-Lifecycle-Management gezielt in ihre Kundenprojekten integrieren.

Gebrauchtgeräte im Projektgeschäft

Aber auch immer mehr IT-Hardware-Hersteller entdecken das Geschäftsfeld für sich und lassen zurückgenommene Altgeräte entweder in eigenen Gesellschaften oder bei professionellen Dienstleistern generalüberholen. Einige bieten diesen Service sogar für Geräte von Fremdherstellern an. Die wiederbelebten Geräte werden entweder direkt über eigenen Webshops oder zunehmend auch über den Channel wieder verkauft.

Im Projektgeschäft spielt Nachhaltigkeit eine zunehmend wichtige Rolle. Die meisten Ausschreibungen von Unternehmen und Behörden oder öffentlichen Einrichtungen verlangen den Nachweis nachhaltiger Produkte und Lösungen. „Mittlerweile ist die Nachhaltigkeit kein zusätzliches Kriterium mehr, sondern hat einen wesentlichen Anteil an der finalen Entscheidung. Je nach Ausschreibung kann dieser Anteil bis zu 30 Prozent ausmachen“, berichtet Hartmut Husemann, Channel Director bei HP.

Neben Behörden und öffentlichen Einrichtungen gehören beispielsweise Energieversorger zu den Unternehmen, die einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit legen. Auch weil deren Kunden vermehrt umweltfreundliche Produkte nachfrage. „Generell kann man sagen, dass Unternehmen, die selbst mit Nachhaltigkeit werben auch an ihre Lieferanten einen hohen Anspruch stellen“, so Husemann.

HP bietet Refurbishment-Services vor allem für Drucker und Monitore sowie Notebooks seiner Marke an. Die Geräte stammen von Leasinganbietern und Einzelhändler. „Wir nehmen aber auch Geräte von Unternehmenskunden zurück, die ihre Hardware erneuern“, berichtet der Channel Director.

Vermarktet wird die wiederaufbereitete Hardware über den HP-eigenen Online-Store und eine Reihe von Online-Händlern sowie zertifizierte Reseller, Direct Sales- und Channel-Partner. „Die Refurbished-Angebote sind mittlerweile ein wichtiger Bestandteil unseres Produktmix“, bestätigt Husemann.

Hartmut Husemann, Channel Director bei HP
Hartmut Husemann, Channel Director bei HP
© Andreas Juranits/WEKA Fachmedien

Nachhaltig muss nicht teuer sein

„Die absolute Mehrheit der Unternehmen zieht nachhaltige Produkte und Lösungen bei der IT-Beschaffung mittlerweile vor“, berichtet Emanuel Lippmann, Global Program Manager ESG bei Dell Technologies. „Das hat natürlich auch etwas mit einem gesteigerten Verantwortungsbewusstsein zu tun, das sich in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat. Allein das reicht allerdings nicht für einen dauerhaften Erfolg aus, denn Nachhaltigkeit klingt für Unternehmen oft erst einmal teuer.“ Es sei daher wichtig, immer wieder auch die Vorteile für das Business herauszustellen – zum Beispiel, dass eine höhere Energieeffizienz die Kosten senke oder Kreislaufmaterialien die Lieferkette stabilisierten.

Mit Blick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Regelungen zum Emissionshandel und die damit zu erwartenden steigenden CO2-Preise sei es für alle Unternehmen ratsam, sich jetzt schon zukunftssicher aufzustellen. Und nachhaltige IT sei hier ein entscheidender Faktor.

Emanuel Lippmann, Global Program Manager ESG bei Dell Technologies
Emanuel Lippmann, Global Program Manager ESG bei Dell Technologies
© Dell

Geräte, die über den Rücknahme-Services zu Dell zurückkommen, werden wenn möglich aufbereitet, bestätigt Lippmann. „Für Großunternehmen bieten wir zudem den „Dell Lifecycle Hub“ an, der Reparatur- und Refurbishment-Services beinhaltet, sodass möglichst kein Gerät einer existierenden Flotte auf dem Müll landet. Sollte ein Gerät unrettbar sein, wird es von uns fachgerecht recycelt. Hat es einen Restwert, zahlen wir ihn aus.“

Dell betreibt unter anderem einen eigenen Outlet-Store, aber die wiederaufbereiteten Produkte sind laut Lippmann auch über diverse-Partner im Channel oder Drittanbieter erhältlich.

Längst nicht mehr nur „nice to have“

Im Projektgeschäft sei das Thema Nachhaltigkeit auch für die Kunden von Lenovo sehr wichtig, bestätigt auch Florian Richter, Market Leader Solutions & Services Group DACH. „ Nachhaltigkeit wird zunehmend nicht mehr als „nice to have“ betrachtet, sondern als Treiber für Resilienz, Compliance und sogar finanzielle Leistung.“

Lenovo überholt deshalb alte PCs und Server im Rahmen des Programms „Lenovo Certified Refurbished“, zertifiziert sie und verlängert so ihre Lebensdauer. Vermarktet werden die Geräte in EMEA derzeit über die Lenovo-Kanäle. Laut Richter wurden vor kurzem in einigen wichtigen Ländern dafür eigene E-Commerce-Plattformen eingeführt. Außerdem stehe die Pilotphase für ein eigenes Channel-Angebot schon in den Startlöchern.

Florian Richter, Market Leader Solutions & Services Group DACH bei Lenovo
Florian Richter, Market Leader Solutions & Services Group DACH bei Lenovo
© Lenovo

Lenovo Certified Refurbished gilt nur für Lenovo-Geräte. Weil viele Unternehmen aber gemischte IT-Umgebungen haben wurden die „Lenovo Asset Recovery Services“ (ARS) ins Leben gerufen. ARS unterstützt auch Geräte von Drittanbietern und umfasst die sichere Datenlöschung, den Wiederverkauf, das Recycling und die verantwortungsvolle Entsorgung.

Bei der Modernisierung der IT setzen heute viele Firmen auf „as-a-Service“-Modelle (aaS). Lenovo hat deshalb vor kurzem den neuen Abo-Service „TruScale DaaS for Sustainability“ aufgelegt, bei dem Lenovo Certified Refurbished und ARS ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Denn das modulare Serviceangebot deckt den gesamten Lebenszyklus der Geräte ab, einschließlich Datenlöschung, Reparatur, Refurbishment, Recycling, Entsorgung und CO2-Kompensationsoptionen.

Lenovo Certified Refurbished verlängert dabei die Lebensdauer von Lenovo-PCs und -Servern, während Asset Recovery Services (ARS) Lenovo- und Drittanbietergeräte sicher aus dem Verkehr zieht. Bis heute hat Lenovo nach eigenen Angaben so weltweit über eine Million Geräte ausgemustert.

Acer setzt auf Service und Reparatur

Acer hat für Reparatur- und Wiederaufbereitungsdienste im vergangenen Jahr sogar eine eigene Tochtergesellschaft namens Enfinitec gegründet. An acht Reparaturstandorte in der gesamten EMEA-Zone bietet sie Unternehmen und Endkunden Inhouse-Reparaturen auch für Geräte von Fremdherstellern an.

Bei der Aufbereitung von Gebrauchtgeräten arbeitet Acer dagegen mit seinen Fachhandelspartnern zusammen, wie Robert Perenz, General Manager Central Europe betont: „Als Hersteller mit indirektem Vertriebsmodell unterstützen wir unsere Reseller, die zum Teil eigene Refurbished-Center aufgebaut haben als zuverlässiger und kompetenter Partner.“ Das gleiche gilt für die Vermarktung der Geräte. „Acer bietet keine Vertriebsstruktur von Gebrauchtgeräten an. An erster Stelle steht für uns Service und Reparatur, um den Lebenszyklus über viele Jahre sicherzustellen“, so Perenz.

Recht auf Reparatur kommt

Seit dem 20. Juni 2025 gelten in der EU neue Regeln für das Recht auf Reparatur. Sie betreffen vorerst nur Smartphones und Tablets. Künftig werden aber wohl weitere Geräte dazukommen. Darauf stellen sich die IT-Hersteller natürlich schon jetzt ein, wie auch Hartmut Husemann bestätigt. HP lege großen Wert darauf, langlebige Produkte zu entwickeln und zu produzieren. Sie sollen sich darüber hinaus einfach reparieren und aufrüsten lassen. Dafür stellt HP beispielsweise für seine Business-PC die Ersatzteilversorgung auch über einen längeren Zeitraum nach dem Verkaufsende sicher. 2023 hat der Hersteller in den USA zudem eine Partnerschaft mit iFixit geschlossen, um Selbstreparatur-Kits mit Ersatzteilen, Werkzeugen und Handbüchern anzubieten. Dazu gibt es Video-Tutorials. Damit seien die Kunden in der Lage, die Lebensdauer ihrer Geräte zu verlängern, betont Husemann.

Das Recht auf Reparatur bereitet Marlies Ludwig, Vertriebsdirektorin, HPE Financial Services kein Kopfzerbrechen. „Refurbishing ist ein wichtiger Teil des Geschäftsmodells von HPE, deshalb optimieren wir das Design der von uns hergestellten IT-Systeme kontinuierlich und von Anfang an im Hinblick auf Wiederverwendbarkeit und Reparierbarkeit. Wir wären also gut vorbereitet, falls das Recht auf Reparatur auch auf Server, Enterprise Storage und Networking ausgedehnt würde“, betont die Managerin.

Marlies Ludwig, Vertriebsdirektorin, HPE Financial Services
Marlies Ludwig, Vertriebsdirektorin, HPE Financial Services
© HPE

Für HPEs Kunden spielten Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung bei der Beschaffung schon heute eine „große und weiterhin wachsende“, betont Ludwig. Dafür gebe es im wesentlichen zwei Treiber. „Zum einen die Stromkosten für den Betrieb und die Kühlung von IT-Infrastrukturen. Zum anderen rechtlich geforderte und freiwillig geleistete Nachhaltigkeitsstrategien der Unternehmen, einschließlich Nachhaltigkeitsberichterstattung – die IT der Unternehmen hat hier mit zunehmender Digitalisierung einen wachsenden Anteil.“

Für HPE sind diese Themen nicht zuletzt deshalb sehr wichtig, weil viele Projekte mit einer Finanzierung durch HPE Financial Services einhergehen. Außerdem spielen As-a-Service-Modelle eine wichtige Rolle. In beiden Fällen sei HPE der Eigentümer der Systeme, erklärt Ludwig. „Wir nehmen diese nach der Nutzungsdauer zurück, bereiten sie auf und machen sie so bereit für ein zweites Leben.“

„Zudem bieten wir Kunden die Möglichkeit, ihren eigenen Altbestand nicht einfach zu verschrotten, sondern am Ende des Lebenszyklus durch uns wieder aufbereiten zu lassen – ressourcenschonend und nachhaltig, ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft, und finanziell attraktiv für Kunden, die so eine Finanzspritze für neue IT-Projekte und Innovationen bekommen können“, meint die Managerin.

HPE Financial Services betreibt laut Ludwig jetzt schon die größten Refurbishing-Zentren weltweit in Herstellerbesitz. „Im Geschäftsjahr 2024 haben wir so 3,4 Millionen gebrauchte IT-Systeme verarbeitet. Rund 83 Prozent davon wurden wiederaufbereitet und als Gebrauchtsysteme wieder verkauft. Beim Rest wurden die Rohstoffe wieder aufbereitet, also recycelt.“

Refurbished werden Monitore, Drucker, PCs, mobile Endgeräte, Server, Speicher und Netzwerkkomponenten – auch von Fremdherstellern Die Geräte stammen von den Kunden, zum Beispiel aus Leasing- oder As-a-Service-Verträgen, zum anderen aus dem Ankauf gebrauchter IT. Vermarktet werden die Geräte sowohl direkt von HPE als auch über Partner-Vertrieb, Distribution und Gebraucht-Broker.