Nachhaltige IT-Struktur

Vier Handlungsfelder für Sustainable IT

28. Februar 2023, 9:00 Uhr | Autor: Christopher Jahns / Redaktion: Lukas Steiglechner
Pflanze wächst aus Computerplatine
© Peach123rf / 123rf

Digitalisierung ist für das Thema Nachhaltigkeit ein zweischneidiges Schwert. Einerseits verursacht sie hohen Energiebedarf und Elektroschrott, andererseits kann sie Emissionserzeugung nachverfolgen und verbessern. In vier Bereichen lässt sich hier konkret ansetzen.

Eine Nachhaltigkeitsagenda steht inzwischen für viele Unternehmen fest auf dem Plan – bisher kommt dabei die nachhaltige Digitalstruktur häufig noch zu kurz. Da die Bedeutung digitaler Lösungen in Organisationen stetig zunimmt und dies steigende Energieanforderungen mitbringt, müssen sie aber ebenfalls in den Fokus rücken. Eine Nachhaltige Digitalstrategie kann dabei die Effizienz- und Kostenauswirkungen verbessern: Der „Sustainable IT Report“ von Capgemini zeigt auf, dass allein durch umweltfreundliche Produkte, weniger energieintensive Dienste und eine verantwortungsvolle IT-Politik Einsparungen von 20 bis 40 Prozent möglich seien.

Der Begriff „Sustainable IT“ bezeichnet eine umwelt- und nachhaltigkeitsorientierte Herangehensweise an die Entwicklung, Nutzung und Entsorgung von Computerhardware und Software-Anwendungen sowie an die Gestaltung der begleitenden Geschäftsprozesse. Er bezieht sich daher auf einen achtsamen Ressourcenumgang entlang des gesamten IT-Wirtschaftskreislaufs. Wer in diesem Bereich aktiv werden möchte, sollte daher im gesamten IT-Portfolio von Coding über die Produktion von Hardware bis zur täglichen Nutzung die genauen Auswirkungen auf Umwelt und Klima betrachten und Schritt für Schritt optimieren. Dabei gibt es mehrere Handlungsfelder.

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1. Vom Code bis zur Exekution

Die erste Chance liegt in der Software-Analyse und -Optimierung: Dafür müssen die Umweltauswirkungen der genutzten Software-Architektur betrachtet werden – wie effizient ist der Code, wie hoch ist die Kompatibilität für verschiedene Hardware-Voraussetzungen und wie steht es um die Emissionsbilanz der gesamten Architektur? Solche Fragen helfen, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und nachhaltigere Einsatzentscheidungen zu treffen. Darauf aufbauend können lösungsbezogene Grundsätze für die zukünftige Re-Evaluation des Softwareportfolios verabschiedet werden: Aufgrund des stetigen Fortschritts in puncto Effizienz und Umweltfreundlichkeit sollte regelmäßig überprüft werden, ob die genutzte Architektur nach wie vor die beste Lösung für das Unternehmen ist.

2. Hosting- und Cloud-Dienste

Es lohnt sich auch der Blick auf weitere digitale Betriebsprozesse. Etwa wie es um die genutzten Hosting-Modelle für Webanwendungen und Cloud-Services steht. Welche Energien werden laut Anbieter für den Betrieb genutzt und wie hoch ist der Ressourcenverbrauch? Wo stehen die Server? Welcher Wert wird auf Fairness und Datentransparenz gelegt? Zwar fallen etwa Emissionen durch solche digitalen Dienste nicht direkt vor Ort im Unternehmen an, doch sie sind als Teil der Wertschöpfungskette direkter Einflussgeber auf die Nachhaltigkeitsbilanz der Organisation. Daher sollten Betriebsmodelle gezielt auf Nachhaltigkeitsaspekte untersucht und wenn nötig durch passendere Anbieter ersetzt werden.

3. Mit Circular-IT-Strategien E-Waste reduzieren

Der E-Waste – also der Elektroschrott – ist eine weiter Stellschraube. Durch sich stetig verkürzende Produktlebenszyklen moderner Technik droht dieser immer weiter zu steigen. Weltweit lag die Menge von E-Waste laut dem „Sustainable IT Report“ im Jahr 2019 bereits bei 53,6 Millionen Tonnen und war demnach innerhalb von drei Jahren um über 20 Prozent gestiegen. Leider steigen Recyclingbemühungen für IT-Hardware bislang nicht im selben Maße: 89 Prozent der befragten Organisationen geben weniger als ein Zehntel ihrer Hardware zurück in den Ressourcenkreislauf. Dabei gäbe es genug passende Angebote. Nicht nur die gängigen Tech-Ausstatter haben meist Trade-in-Programme für Hardware-Komponenten aus dem IT-Bereich. Spezielle Anbieter vermitteln unter anderem Hardware aus Unternehmensbeständen weiter, wenn diese nach zwei oder drei Jahren einem Upgrade-Rundumschlag zum Opfer gefallen sind, obwohl sie noch einwandfrei laufen. Dem Anbieter Circulee zufolge spart das nicht nur Ressourcen und hohe Neuanschaffungskosten, sondern auch jede Menge Emissionen ein: Ein einziger Monitor verursache in der Herstellung rund 420 Kilogramm CO2 – so viel wie drei Inlandsflüge. Eine nachhaltige IT-Strategie schreibt daher eine möglichst langfristige Nutzung von Hardware inklusive Second-Life-Geräten und die Rückführung nicht mehr nutzbarer Technik in den Ressourcenkreislauf vor.

4. Synergien von Nachhaltigkeit und Digitalisierung nutzen

Neben der Reduktion negativer Auswirkungen gilt es auch, Potenziale zu nutzen: Eine auf Anforderungen von Nachhaltigkeitsinitiativen vorbereitete IT-Ausrichtung kann verschiedenste Unternehmensbereiche ganz gezielt bei der Transformation unterstützen. Beispielsweise bei der Datenerfassung und -auswertung rund um Treibhausgasemissionen, hier schaffen digitale Daten die nötige Handlungsgrundlage zur Bewertung und Weiterentwicklung von Reduktionsstrategien. Daher sollten sich IT-Verantwortliche fragen, wie technologiegestützte Lösungen die Reduzierung von Emissionen und Elektroschrott auch in anderen Geschäftsbereichen ermöglichen können. Und welche Tools und Technologien sich dazu eignen, ökologische Innovationen und Verbesserungen vorantreiben.

Klar ist, dass das Themengebiet Nachhaltigkeit durchaus komplex ist und sehr viel neues Wissen erfordert. Damit ist die IT-Branche nicht allein, denn alle müssen beim Thema dazulernen und sich neue Kenntnisse aneignen. Doch wer sich dieses Wissen aneignet, kann bestehende Strukturen hinterfragen und neue, auf Sustainability zugeschnittene Antworten liefern.

Christopher Jahns ist Gründer und CEO des Edtech-Unternehmens XU und Mitbegründer der XU School of Sustainability


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