»Auch für die Distribution gilt: Abbau der Bürokratie«
»Auch für die Distribution gilt: Abbau der Bürokratie«. Die Wortmann AG ist Hersteller und Distributor zugleich. Umso mehr muss sich das Unternehmen mit der Dienstleistungsthematik auseinandersetzen. CRN-Mitarbeiter Wolfgang Kühn sprach mit Christian Claus, Leiter Service, über die wichtigsten Dienstleistungen in der Distribution.
»Auch für die Distribution gilt: Abbau der Bürokratie«
CRN: Welche Dienstleistungen muss ein Distributor bieten?
Claus: Eine schnelle und pünktliche Lieferung zu interessanten Konditionen, eine unbürokratische Abwicklung aller Vorgänge inklusive dem After-Sales-Bereich und die Möglichkeit, alle Vorgänge effektiv online abzuwickeln. Dazu kommen umfassende Finanzdienstleistungen, Unterstützung bei logistischen Aufgaben wie Rollouts, und bei Projekten die Zusammenarbeit auf einer Augenhöhe mit unseren Kunden. Und zusätzlich altmodisch klingende Tugenden wie Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, aber auch eine verlässliche Strategie.
Außerdem halten wir es für wichtig, unseren Kunden persönliche Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen und die Bürokratie auf einem Minimum zu halten, um schnell reagieren zu können.
CRN: Was verstehen Sie unter einer rationelleren After-Sales-Abwicklung?
Claus: Zum Beispiel eine effiziente RMA. Unsere Kunden brauchen vorab keine RMA-Nummern zu beantragen, ein Standard-Retourenschein reicht aus. Jeder Hersteller mit funktionierender Logistik kann mit der Seriennummer ohnehin feststellen, ob die Retourenware noch innerhalb der Gewährleistung ist oder nicht, da brauchen wir unsere Kunden nicht mit einem weiteren Vorgang zur Beschaffung einer RMA-Nummer zu belasten.
CRN: Aber warum machen das nicht alle Distributoren und Hersteller?
Claus: Das kann ich nicht beurteilen. Vielleicht ist es die Angst vor Missbrauch. Wir haben jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass es so funktioniert und jedem Beteiligten Zeit und damit Geld spart.
CRN: Ein immer wieder vom Fachhandel kritisierter Punkt ist der Vorabaustausch. Hier zeigen nach Ansicht der Reseller die Lieferanten zum Teil eklatante Schwächen.
Claus: Wir führen kostenlosen Vorabtausch durch, wenn es nötig ist. Zum Teil wünschen unsere Kunden sogar dann einen Vorabtausch, wenn der Warenwert geringer ist als die Fracht. Ein Vorabtausch einer Floppy macht allerdings für alle Beteiligten keinen Sinn. Da sind die Abwicklungskosten höher als der Warenwert. Mit solchen Kuriositäten muss man leben, wenn man beim Austausch eine kundenfreundliche Lösung anbietet. Aber die überwiegende Mehrzahl unserer Kunden weiß, dass Vorabtausch auch seine Grenzen hat.
CRN: Ganz wichtig sind Finanzdienstleistungen. Wann stehen die Lieferanten in der Pflicht, was wird in Zukunft wichtiger werden?
Claus: Grundsätzlich können wir im Haus selbstständig über Finanzierungsmöglichkeiten entscheiden, da wir bankenunabhängig agieren. Bei Projekten findet immer eine Einzelbetrachtung statt. So können wir schnell und unbürokratisch arbeiten Außerdem bieten wir auch Direktfaktura an. Allerdings sind da einige Händler misstrauisch, sie verwechseln dies häufig mit Direktvertrieb, den wir selbstverständlich nicht durchführen.
CRN: Welche Vorteile hat Direktfaktura?
Claus: Beispielsweise ein kleiner oder mittelständischer Händler, der Projekte bei einem sehr großen Geschäftskunden hat und über eine Kreditlinie im unteren fünfstelligen Bereich verfügt, kann ein solches Projekt natürlich nicht allein abwickeln oder geht ein hohes Risiko ein. In diesem Fall wird die Ware mit dem Endverkaufspreis des Händlers an dessen Kunden fakturiert und der Händler bekommt dann seinen Kalkulationsaufschlag ausbezahlt. Der Reseller belastet damit sein Limit nicht und hat kein Delkredere-Risiko.
CRN: Das allein füllt aber die Finanzdienstleistungen nicht aus?
Claus: Natürlich nicht. Wichtig sind auch Hauslimits, gerade unter Basel II ? und in Zukunft noch viel wichtiger. Ebenso Leasingangebote. Allerdings scheuen hier viele Händler den vermeintlichen Papierkram, obwohl dies gar nicht so aufwändig ist. Außerdem müssen Finanzierungsangebote schnell entschieden werden. So beispielsweise bei Limits. Darüber muss innerhalb Stunden entschieden werden.
CRN: Sie hatten bereits von persönlichen Ansprechpartnern gesprochen. Es gibt Lieferanten, die bevorzugen Online-Bestellsysteme, um schneller und preisgünstiger arbeiten zu können. Wer hat recht?
Claus: Ich halte den persönlichen Ansprechpartner nach wie vor für wichtig. Für das Tagesgeschäft ist eine Online-Abwicklung fraglos das Effektivste. Aber es gibt immer besondere Themen und Klärungsbedarf. Bei großen Projekten lohnt sich der Blick in die nähere Zukunft, so zum Beispiel wenn sich eine Preissenkung ankündigt. Kein Online-Shop kann da einen guten Verkäufer ganz ersetzen.
CRN: Sie hatten noch den Bürokratieabbau angesprochen. Wo sehen Sie Bedarf?
Claus: Bei uns weniger, schließlich gehört die Vermeidung von Bürokratie schon lange zu den Stützpfeilern unserer Strategie. Aber grundsätzlich sollten Lieferanten mit minimaler Bürokratie auskommen. Nehmen Sie als Beispiel Musterstellungen. In unserem Fall kann der Vertrieb eigenverantwortlich über eine Musterstellung entscheiden und diese direkt ausführen. Wenn der Handelspartner erst ein mehrseitiges Formular ausfüllen muss, nur um sich einen Monitor zur Ansicht für ein Projekt anzufordern, ist das ärgerlich.
Außerdem können über diese persönlichen Ansprechpartner viele kleinere oder auch größere Probleme am Telefon geklärt werden und müssen nicht durch Schriftverkehr in die Länge gezogen werden. Das ist Bürokratieabbau.
CRN: Welche Leistungen werden darüber hinaus an Bedeutung gewinnen?
Claus: Eine ganzheitliche Betreuung aus einer Hand wird für die Endkunden immer wichtiger. Ein gutes Sortiment ist wichtig, jede Leistung muss individuell einzeln buchbar sein. Das Teamwork zwischen Handel und Lieferanten kann noch verbessert werden, jeder sollte nur die Leistungen wahrnehmen, die er objektiv am effektivsten realisieren kann. Beispielsweise ist es bei einem Rollout an viele Standorte effektiv, wenn der Lieferant direkt an alle Standorte ausliefert, weil er günstigere Frachtraten und genug Lagerkapazitäten hat. Wiederum kann der Partner vor Ort eine Installation besser realisieren. Da sind beide Partner gut beraten, nicht den Job des anderen machen zu wollen.
CRN: Diese Leistung wird aber berechnet?
Claus: Der eigentliche Rollout nicht, aber durchaus die Mehrkosten, die von Seiten der Frachtführer entstehen, aber es entfällt der Frachtweg hin zum Händler und der Distributor hat in der Regel geringere Selbstkosten für den Versand. Ich halte es nicht für problematisch, wenn Sonderleistungen Geld kosten. Im Gegenteil, es sollte eindeutig definierte Sätze geben, damit Handel und Endkunde genau wissen, was die Leistungen im Einzelnen kosten. Wir haben den Begriff STO ? (Service-to-Order) geprägt. Der bedeutet, dass möglichst jede einzelne Leistung mit jedem einzelnen Produkt einzeln buchbar sein muss.
CRN: Aber man könnte doch schon bei der Preiskalkulation solche Kosten mit einrechnen?
Claus: Natürlich kann man das. Aber vielfach bringt es eine Überversorgung und schlägt sich über die versteckten Kosten und damit verbundenen Preisnachteile negativ auf die Konkurrenzfähigkeit nieder. Zum Beispiel macht es wenig Sinn, einen 4-Stunden-Service zu inkludieren, wenn der Kunde ohnehin aus Sicherheitsgründen Eratzgeräte vorhält, das ist verschenktes Geld für alle Beteiligten. Wenn man den Kunden den Aufwand und seine Vorteile deutlich machen kann, dann sollte dies kein Hindernis sein.