Bell Micro in Schwierigkeiten
Im Zuge einer Umstrukturierung hat Europachef Jens Hartmann die Firma verlassen. Die Hälfte des IBM-Teams war schon zuvor zu DNS gewechselt. Darüber hinaus wurde der VAD aus der Nasdaq ausgelistet.
Wie das Unternehmen bestätigte, hat der Europa-Chef von Bell Micro, Jens Hartmann, den Distributor vor rund vier Wochen überraschend verlassen. Graeme Watt, President of European and Middle East Operations, hat die europäische Personalstruktur neu organisiert und die Position von Hartmann abgeschafft. Dieser habe zu viele Länder gleichzeitig betreuen müssen, betont Watt im Gespräch mit CRN. Bereits Ende des vergangenen Jahres hatten zehn Mitarbeiter der insgesamt 22 Mann starken IBMBusiness- Unit dem Distributor den Rücken gekehrt. Der Grund: Ein Angebot von Konkurrent DNS. Dem Umsatz hätten die Veränderungen nicht geschadet, sagt Andreas Hahner, Leiter des Enterprise-Geschäftes. »Wir haben schnell reagiert und ein neues Team auf die Beine gestellt.« Im vierten Quartal 2007 habe diese Mannschaft Umsatz und Ertrag um mehr als 50 Prozent gesteigert.
Probleme hat der VAD auch in den USA. Die Technologiebörse Nasdaq hat die Firma in dieser Woche ausgelistet. Wenn der Distributor es bis Ende September nicht schafft, seine Finanzen offen zu legen und damit wieder in die Nasdaq aufgenommen zu werden, steht das Unternehmen möglicherweise sogar vor dem Aus.
Die Listung an der Nasdaq und das Vorlegen von geprüften Finanzberichten sind zwingende Voraussetzungen für die Kreditgeber und Investoren von Bell Micro. Das bestätigt auch Graeme Watt: »Die Nasdaq-Listung ist eine wichtige Voraussetzung, wir haben jedoch die volle Unterstützung unserer Banken und Investoren und arbeiten eng mit ihnen zusammen «, so der Europachef gegenüber Computer Reseller News. Watt erklärt weiter, dass die wichtigsten Geldgeber dem strauchelnden Unternehmen einen Aufschub bis Ende September gewähren, damit Bell die finanziellen Berichte in Ordnung bringen könne und wieder in die Nasdaq aufgenommen werde. Bis zum 18. März hatte die Börse dem Distributor ein letztes Ultimatum gesetzt, den Anforderungen nachzukommen. Das Unternehmen hatte es bereits seit 2006 versäumt, regelmäßige Finanzberichte vorzulegen.
Als Grund dafür gibt Watt Untersuchungen der US-Behörden an, die Bell Micros Buchführung beträfen. Aufgrund dieser Vorgänge hätte der Distri die Finanzberichte nicht bekannt geben dürfen. Aus Veröffentlichungen der Börsenaufsicht »US Security and Exchange Commission (SEC)« geht hervor, dass es in den Jahren 2004/2005 zu Unregelmäßigkeiten bei zwei Akquisitionen des Unternehmens in England und Brasilien gekommen ist. Offensichtlich hat das Unternehmen zudem Probleme im internen Controlling. Seit 2006 hat Bell Micro die Fehler anscheinend erkannt und bemüht sich, die Geschäftsberichte rückwirkend in Ordnung zu bringen.
Watt bezeichnet die Vorgänge zwar als »Business as usual«, trotzdem hat die SEC den Ausschluss aus der Nasdaq mit Wirkung zum 7. April vollzogen. Bell Micro wird jetzt nur noch an der Pink Sheet OTC (over the counter) gehandelt. Unternehmen, die hier notiert sind, müssen keine weiteren Vorgaben wie regelmäßige Bilanzen oder Resultate erfüllen. Die SEC bewertet Unternehmen, die bei den Pink Sheets gelistet sind, als eine der riskantesten Investitionen.
Watt betont, dass der Ausschluss von der Nasdaq nicht die finanzielle Situation des Unternehmens widerspiegelt. Trotzdem ist der Wert der Aktie seitdem beachtlich gefallen: Von rund sechs auf rund zwei Dollar pro Aktie.