Zum Inhalt springen

Beschleunigte Genehmigung für Riesen-Brummis

Beschleunigte Genehmigung für Riesen-Brummis Schwerlasttransporte bringen nicht nur den Straßenverkehr zum Stocken, sondern auch die Verwaltungsmaschinerie bei deren Genehmigung. Das E-Government-Projekt VEMAGS bietet ab sofort ein bundeseinheitliches Management, das durch ein internetfähiges IT-Verfahren unterstützt wird.

Autor:Redaktion connect-professional • 27.6.2007 • ca. 3:50 Min

Im Posteingang der öffentlichen Verwaltung stapelt sich jedes Jahr eine wahre Flut von Anhörungen zur Durchführung von Schwerlasttrans­porten auf deutschen Straßen. Der Verwaltungsaufwand ist enorm: Durch LKW-Fahrten mit Schwerlast und Überbreite werden jährlich mehr als 350000 Anhörungsfälle ausgelöst. Etwa 2500 Verfahrensbeteiligte wie Antragsteller, Verkehrsbehörden und Straßenbaulastträger sind in diesen Genehmigungsprozess einbezogen. Lange Bearbeitungszeiten bleiben da nicht aus. Angesichts der guten Konjunktur und des verschärften Wettbewerbs wird eine effiziente Bürokratie zu einem Schlüsselfaktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Zeit für eine Beschleunigung der Verwaltungsverfahren im Schwerlastverkehr drängt, denn die Beförderungsmenge deutscher Lastkraftfahrzeuge nimmt jedes Jahr stetig zu. Allein im vergangenen Jahr hat sich das Transportaufkommen um 4,7 Prozent auf 130 Milliarden Tonnen erhöht. Das entspricht dem stärksten Mengen- und Leistungswachstum seit sieben Jahren. Damit steigt auch die Zahl der Großraum- und Schwertransporte kontinuierlich an. Knapp 80 Prozent der Streckenführungen verlaufen dabei über die Grenzen verschiedener Bundesländer hinweg. Daher sind für die Genehmigungsverfahren in den meisten Fällen zahlreiche Behörden auf verschiedenen Verwaltungsebenen zuständig. Aus diesem Grund gestaltet sich die Genehmigung der Transporte sehr zeitaufwändig. Bislang müssen Speditionen, Kran- und Bauunternehmen ihre Transportvorhaben über Fax oder Telefon bei den Verkehrsbehörden anmelden. Diese prüfen gemeinsam mit weiteren zuständigen Stellen, wie etwa Polizei oder Deutsche Bahn, die Durchführbarkeit. Erst wenn alle Stellung­nahmen bei der Genehmigungsbehörde vorliegen, kann der Bescheid für den Antragsteller erteilt werden. Da Kun­denaufträge häufig sehr kurzfristig realisiert werden müssen, geraten Unternehmen durch das veraltete Behördenverfahren leicht in Verzug. Dies gilt vor allem in Regionen mit stark wachsendem Güterverkehr.

Elektronischer Bescheid beschleunigt das Verfahren Das IT-Projekt VEMAGS (Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte) wird den Bearbeitungsprozess vereinfachen und da­durch zu einer Beschleunigung des gesamten Verfahrens führen. Transportunternehmen können ihre An­träge künftig über eine Internetplattform digital einspeisen. Stammdaten müssen in der zentralen VEMAGS-Datenbank nur einmalig erfasst werden. So ist es später möglich, Teile eines bereits angelegten Vorgangs in die Antragsmaske zu übernehmen. Die zuständigen Be­hörden erhalten über die VEMAGS-Datenbank direkten Zugriff auf die für sie erforderlichen Anträge. Der Einsatz einer virtuellen Poststelle ist dafür nicht mehr erforderlich. Die Prozesse, die das Verfahrens-Modul abbildet, stellen in der Regel einen Ad-hoc-Workflow dar. Weitere basisfachliche Funktionen, wie zum Beispiel Weiterleitung und Benachrichtigung, sind ebenfalls integriert.

Sicherheit im E-Government ist gewährleistet Das VEMAGS-Verfahrensmodul ist eine Individualentwicklung, jedoch wurden auch bestehende Lösungen in das Gesamtsystem eingebunden. Das gilt für das Geoinformationssystem (GIS) sowie für das Middlewareframework »Governikus«, das kryptografische Funktionen für eine rechtsverbindliche Kommunikation in E-Government-Verfahren zur Verfügung stellt. Für den Datenaustausch kommt die XML-basierte Schnittstelle Xvemags zum Einsatz. Pilotanwender und Partner für die Schnittstelle ist das Heros-5-System der Bundeswehr. Rechtzeitig vor dem bundesweiten Produktivstart wird der »Bauplan« der Schnittstelle öffentlich und frei zugänglich über die OSCI-Leitstelle in Bremen bekannt gemacht. Damit können die Hersteller von Vorsystemen ihren Teil der Schnittstelle rechtzeitig programmieren. Der Datenaustausch zwischen Vorsystemen und VEMAGS ist damit sichergestellt. Ein integriertes Routingsystem unterstützt dabei die Suche nach der zuständigen Genehmigungsbehörde und fordert diese zur Bearbeitung auf. Die Ämter werden mit dem Antrag frühzeitig über potenzielle Hindernisse auf der Fahrstrecke informiert. Nach eingehender Prüfung auf Vollständigkeit und Durchführbarkeit des Transports stellt die Genehmigungsbehörde den Bescheid aus. Bis dahin kann der Bearbeitungsstatus von den Antragstellern jederzeit online eingesehen werden. Mit der neuen Technik wird auch die Verfahrenssicherheit gesteigert. Je­der Antragssteller kann nur auf seinen eigenen Vorgang zugreifen. Die qualifizierte elektronische Sig­natur ermöglicht zusätzlich den Bescheidversand im PDF-Format. Die qualifizierte elektronische Signatur ist per Gesetz die einzige zulässige Möglichkeit, eine Unterschrift plus Dienstsiegel der Behörde rechtssicher abzubilden. Neben den Verwaltungsvorschriften genügt das Verfahren auch den Standards des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Die geltenden Datenschutzgesetze und bestehende Eigentumsrechte an den Daten werden beachtet. Das unter der Federführung des Landes Hessen und der Projektleitung des Hessischen Landesamts für Straßen- und Verkehrswesen – stellvertretend für alle Bundesländer – und Steria Mummert Consulting entwickelte System ist dabei beispielgebend für eine vollständig online durchführbare Servicedienstleistung durch die öffentliche Hand. Neben den bereits vorhandenen Kosten für einen Internetzugang fallen keine Aufnahmegebühren für die Benutzer an. Die Bundesländer haben die Entwicklung des Systems bereits finanziert und werden diese Kosten nicht durch die Systemnutzer refinanzieren.

Baustein der nationalen E-Government Strategie Die EU-Mitgliedsstaaten hatten im Rahmen der Expertengruppe »Abnormal Road Transports« eine Selbstverpflichtung übernommen, innerhalb von drei Jahren elektro­nische Verwaltungsverfahren ein­zuführen. Durch die Umsetzung von VEMAGS hält Deutschland seine Zusage weitaus früher als geplant ein. Die Verknüpfung staatenübergreifender Kompetenzen bei der Digitalisierung von Verwaltungs­vorgängen wird eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben sein. Da die Auswirkungen der Großraum- und Schwertransporte an den Staatsgrenzen in einem zusammenwachsenden Europa nicht halt ma­chen, ist der Abstimmungsbedarf groß. Vor diesem Hintergrund werden bereits Gespräche mit den skandinavischen Staaten und den Alpen-Anrainern geführt. Hier sind die Projekte VIKING und Corvette-FIMSAA zu nennen. Die Einbeziehung möglichst aller Betroffenen stand auch auf nationaler Ebene im Vordergrund. Als bun­desein­heitliches Verfahren verbindet VEMAGS Bund, Länder und Gemeinden und be­zieht auch Partner wie Bun­deswehr und Polizei in den Genehmigungsprozess mit ein. Im Rahmen von Deutschland-Online zählt VEMAGS zu den 25 wichtigsten Projekten der nationalen E-Government- Stra­tegie.

Georg Matzner ist IT-Leiter beim Hessischen Landesamt für Straßen und Verkehr