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Eine Geschichte aus dem wahren Leben

Brauchen wir noch eine AMD?

Einst war AMD der Liebling der Käufer von Servern und Arbeitsplatzrechnern, die sich nicht länger dem Preisdiktat von Intel beugen wollten. Doch diese Zeiten sind passé.

Autor:Bernd Reder • 19.12.2007 • ca. 2:15 Min

Verlor das Rennen um den
The winner is … Intels Core 2 Duo, hier präsentiertvon Intels Präsident und CEO Paul Otellini.
The winner is … Intels Core 2 Duo, hier präsentiertvon Intels Präsident und CEO Paul Otellini.

Im Sommer war es soweit: »Papa, wir brauchen einen neuen PC«. Mit »wir« meinte mein Sohn natürlich »er«.

Ganz unrecht hatte er nicht: Es war absehbar, dass sein Dell-Rechner mit einem betagten Pentium-4-Prozessor den neuen DirectX-10-Spielen wie »Crysis« oder »Hellgate London« nicht gewachsen sein würde. Eine Katastrophe!

Doch dann machte ich einen Fehler: »Warten wir doch auf die neuen Quad-Core-Prozessoren von AMD, die bald herauskommen. Die Athlon-CPUs von denen waren super.«

Stimmt ja auch, wenn ich an den »Athlon« in meinem Rechner-Park denke. Mit seinem Athlon 64 an Bord schnurrt er noch heute wie ein Kätzchen. Ein schnelles, zuverlässiges und sparsames System, was den Stromverbrauch betrifft. Und außerdem, so dachte ich, müsse man ja nicht jeden Euro zu den »Großen« wie Intel hintragen.

Zurück zu Intel

Heute, kurz vor Weihnachten, hat Sebastian seinen neuen PC. Er ist mit einem Core 2 Duo E6750 von Intel bestückt. Und auf der Hauptplatine befindet sich ein X38-Chipsatz, natürlich von Intel.

Bei Bedarf werden »wir« dann das Board mit den Quad-Cores von Intel bestücken. Selbst die neuen Strom sparenden »Penryn«-CPUs mit 45 Nanometer Strukturbreite, die 2008 kommen, lassen sich dort einpassen.

Von wegen AMD; nichts mit dem einst hoch gelobten, dann verspäteten und schließlich so enttäuschenden »Phenom«.

Warten, warten, warten

Als Privat-User lässt sich ein kleines Debakel, wie das oben erwähnte, leicht verschmerzen. Abgesehen davon, dass der Herr Sohn Papas Kompetenz in Sachen IT nun deutlich kritischer betrachtet.

Für Firmen, und zwar Systemhersteller wie Anwender, sieht das anders aus. Erst das über Gebühr lange Warten auf AMDs Server-CPU Opteron »Barcelona«, dann die Hiobsbotschaft über den Design-Bug. Und nun erneut warten, warten, warten – bis zum Frühjahr.

Schade, denn vor zwei, drei Jahren war AMD eine hoch innovative Firma, die Intel Feuer unter einem bestimmten Körperteil machte. Die bereits damals Funktionen in ihre Chips goss, die erst heute so richtig zu Tragen kommen, etwa Virtualisierung und Energieeffizienz.

Intel ist besser

Heute stellt sich Frage, ob die IT-Branche AMD überhaupt noch benötigt. Intel baut schnellere und sparsamere Prozessoren. Intel hat bessere Fertigungsprozesse; Intel hat eine schlüssige Produkt-Roadmap, und Intel hat mehr Geld, Stichwort »Zukunftssicherheit«.

In der Tat macht es AMD seinen Freunden schwer, noch an die Firma zu glauben. Dennoch: Ich denke, wir brauchen AMD.

Denn ohne AMD wäre Intel nicht zu der Hochform aufgelaufen, die der Konzern heute an den Tag legt. Und ohne AMD im Nacken hätte Intel eine Hochpreispolitik ohnegleichen verfolgen können. Ohne AMD hätte Intel mit Sicherheit eher den Shareholder-Value im Auge gehabt als das Wohl der Kunden.

Was die Branche jedoch nicht benötigt, ist ein Prozessorhersteller, den der Erfolg überheblich macht, wie das bei AMD der Fall war. Und der sich in Weinerlichkeit flüchtet, wenn er dann die Quittung dafür bekommt.

Also die Ärmel hochkrempeln, liebe AMDler, und endlich wieder zu dem Unternehmen werden, das ihr einmal wart und das der Markt braucht.

Ach ja, und außerdem könnte ich ja im nächsten Jahr einmal über einen Ersatz für den guten alten Athlon 64 nachdenken. Vielleicht doch einen Phenom? Aber dann bitte einen ohne Bug!