Damit der Wiederaufstieg der IT gelingt

19. Februar 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Damit der Wiederaufstieg der IT gelingt. Wir haben es vernommen: Zum "Jahr der Innovation" wurde 2004 von der Bundesregierung im Rahmen ihrer "Innovationsoffensive" ausgerufen. Das richtige Signal in dieser Zeit: Schließlich sind Innovationen der wichtigste Wachstums- und Beschäftigungsmotor in einer Volkswirtschaft.

Damit der Wiederaufstieg der IT gelingt

Dr. Herbert Weber ist Professor am Fachbereich Informatik der Technischen Universität Berlin und leitet in der Bundeshauptstadt das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik (ISST).

Foto: ISST

Dabei kommt der Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie (ITK) eine besondere Bedeutung zu: Sie liefert die Schlüsseltechnologien für viele technische Neuerungen. Die Fraunhofer-Gesellschaft und der Branchenverband Bitkom fordern daher, einen Schwerpunkt bei der ITK zu setzen.

Aber Moment mal: Hatten wir die Ära der Innovationen nicht schon mal - und liegt diese Phase keine fünf Jahre zurück? "New Economy" lautete damals das Schlagwort des absoluten Innovationshypes und es markierte eine noch nie da gewesene Boom- und Gründerphase. Ihr Niedergang war bitter, von ihren so genannten Innovationen ist nicht viel geblieben. Wenn 2004 zu einem erfolgreichen Jahr werden soll, dann müssen die Lehren aus jenem Debakel berücksichtigt werden. Im Wesentlichen geht es dabei um drei zentrale Fragen: Was haben wir aus dem Absturz der New Economy gelernt, haben wir den Niedergang und dessen Folgen schon hinter uns, und wie sind die Wiederbelebung des Innovationsmotors ITK und der Wiederaufschwung zu schaffen?

Aus dem Absturz der New Economy resultierte die Erkenntnis, dass die Börse als Maßstab zur Beurteilung ökonomischer Werte nur sehr bedingt taugt. Rückblickend zeigt sich, dass nicht ein einziger wirklicher Wert vernichtet wurde, sondern lediglich Scheinwerte verschwanden, die Geschäftsmodellen oder vermeintlich besonders befähigten Personen der Wirtschaft nachgesagt worden waren. Wir sahen auch, dass die Bestimmung des ökonomischen Wertes von Produkten, Dienstleistungen, Infrastrukturen und Geschäftsmodellen in der wirtschaftlichen Praxis völlig unterentwickelt ist. Die New-Economy-Pleite wird in der Old Economy noch lange nachwirken, weil sich die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt haben. Die intellektuelle Auffrischung, die die Old Economy dringend gebraucht hätte, um einen neuen Konjunkturschub zu produzieren, kam leider nicht zustande. Die vielen Jungunternehmer, die dem Scheitern der New Economy auch ihren persönlichen Misserfolg verdanken, kehrten reumütig in die Arme der unbeweglich gewordenen Old Economy zurück. Dabei hätte gerade ihr Enthusiasmus, ihre Risikobereitschaft und ihre Leistungsfähigkeit das dringend benötigte frische Blut für die Old Economy sein können.

Unsere real existierende Ökonomie muss sich nun mit aller Intensität in Richtung einer nachfrageorientierten Wirtschaft entwickeln - statt wie bisher häufig Produkte anzubieten, für die kein Bedarf besteht. Frei nach dem Motto: Hier ist eine wunderbare Technologie, weiß irgendjemand eine Anwendung dafür? Wir erleben das Ende der angebotsorientierten Technologieproduktion, weil die potenziellen Abnehmer damit nichts mehr anfangen können oder wollen. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass unsere IT-Wirtschaft allein zu einem solchen Paradigmenwechsel in der Lage ist. Für eine echte nachfrageorientierte Innovationsoffensive bräuchten wir geradezu eine neue New Economy, die sich stärker an den tatsächlichen Bedürfnissen der Kunden orientiert. Solange in den Unternehmen ein solches neues Gleichgewicht von Technology Push und Technology Pull nicht um sich greift, wird sich die gebeutelte ITK-Wirtschaft nicht wirklich erholen.

In diesem "Jahr der Innovation" stehen wir also vor einigen Herausforderungen. Um die krisengeschüttelte ITK-Branche - vielfach Synonym für die New Economy - in die erhofften Höhen zu hieven, bedarf es hervorragender technischer, aber auch wirtschaftlicher Neuerungen. Die zentrale Aufgabe lautet: verstehen, was die Anwender aktuell und zukünftig brauchen.

Es geht jetzt darum, der gescheiterten Unternehmergeneration der New Economy eine neue Chance zu geben. Dazu gehört das Wissen, dass die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in den Industriestaaten nicht mehr alten Lehrsätzen wie "Die Großen fressen die Kleinen" oder "Die Schnellen fressen die Langsamen" folgt. Vielmehr regiert heute das Gesetz "Die Wissenden fressen die Unwissenden". Denn nur in hohem Maß intelligente Produkte und Dienstleistungen haben heute im globalen Markt eine Chance. Hätte diese Einsicht die stürmische Entwicklung der New Economy bestimmt, wären etliche Unternehmensabstürze vermeidbar gewesen. Nicht zuletzt brauchen wir für den herbeigesehnten Aufschwung Unternehmer, die neben Managementfähigkeiten auch technologische Kompetenzen mitbringen.

von: herbert weber | werner fritsch | wf


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+