Intel Chef zieht die Reißleine

Intel gibt geplante Chip-Fabrik in Magdeburg auf

27. Juli 2025, 15:26 Uhr | Von Andrej Sokolow, dpa / Redaktion: Michaela Wurm
Intel wollte in Magdeburg 2 Chipfabriken errichten, die 2027 die Produktion aufnehmen sollen
© Intel

Es sollte ein High-Tech-Projekt für Sachsen-Anhalt mit 3.000 Jobs werden. Doch das Intel-Werk in Magdeburg wird es nicht geben. Der Chipriese braucht die zusätzliche Kapazität schlicht nicht.

Der kriselnde Chipkonzern Intel hat die milliardenschweren Pläne für eine Fabrik in Magdeburg aufgegeben. Intel werde künftig Kapazitäten nur noch ausbauen, wenn es dafür genug Nachfrage von Kunden gebe, sagte Firmenchef Lip-Bu Tan. Dieser "neuen Ausgaben-Disziplin" wird auch der geplante Standort in Polen zum Opfer fallen. Zudem läuft der nächste Stellenabbau.

Das Aus für Magdeburg kommt nicht ganz überraschend. Schon im September vergangenen Jahres wurde das Projekt aus Eis gelegt - für zwei Jahre, wie damals hieß (connect professional berichtete). Und Intel-Manager ließen zuletzt durchblicken, dass die Bagger erst anrollen würden, wenn sich genug Nachfrage für mehr Chips abzeichnet.

3.000 Arbeitsplätze in Magdeburg waren geplant

Der erste Spatenstich in Sachsen-Anhalt war einst für 2024 angepeilt worden. Dabei sollten rund 3.000 Arbeitsplätze entstehen. Die Investition wurde auf rund 30 Milliarden Euro beziffert. 

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Intel-CEO Pat Gelsinger auf der Baustelle der geplanten Intel-Fabrik in Magdeburg mit Sandra Stieger, Eamonn Sinnott, Interims-VP Site Manufacturing and Operations bei Intel, und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff
Intel-CEO Pat Gelsinger auf der Baustelle der geplanten Fabrik in Magdeburg mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff
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Das Werk in Deutschland war Teil eines ambitionierten Plans des vorherigen Chefs Pat Gelsinger, Intel aus der Krise zu führen. Er wollte den Halbleiter-Pionier auch als Auftragsfertiger für andere Chip-Firmen etablieren. Die neuen Fabriken sollten her, um potenziellen Kunden ordentlich Kapazität bieten zu können.

Zudem setzte Gelsinger darauf, dass die USA und Europa mehr Chip-Produktion aus Asien in den Westen holen wollen - und dafür auch viel Geld in die Hand nehmen. Intel bot sich ihnen als vertrauenswürdiger Partner an.

Gescheitert mit Flucht nach vorn

Es war ein gewagter - und teurer - Plan, der am Ende gegen die Wand ging. Verzögerungen bei neuen Produktionsprozessen und Zweifel potenzieller Kunden ließen die Zeit schwinden, in der Gelsinger das Ruder herumreißen wollte. Und auch wenn die Bundesregierung 2023 staatliche Hilfen von 9,9 Milliarden Euro für die Ansiedlung in Magdeburg in Aussicht stellte - Intel hätte noch einmal doppelt so viel aufbringen müssen. Das Geld wurde aber durch fortlaufende Verluste knapper. Gelsinger musste Ende 2024 gehen.

Intels neuer CEO Lip-Bu Tan
Intel-CEO Lip-Bu Tan zog dem Projekt jetzt den Stecker
© Intel

Sein Nachfolger geht mit der Wachstumsstrategie der vergangenen Jahre hart ins Gericht. Die Fabrik-Investitionen seien "unklug und maßlos" gewesen, kritisierte Lip-Bu Tan nach Vorlage aktueller Quartalszahlen. Und die geplanten Kapazitäten hätten die Nachfrage weit überschritten. Jetzt will Intel sogar beim Werk im US-Bundesstaat Ohio im Heimatmarkt das Tempo der Bauarbeiten drosseln.

Tiefrote Zahlen

Lip-Bu Tan sprach von einem "soliden" vergangenen Quartal. Allerdings stagnierte der Umsatz im Jahresvergleich bei 12,9 Milliarden Dollar (10,98 Mrd Euro). Unterm Strich gab es einen Verlust von 2,9 Milliarden Dollar nach roten Zahlen von 1,6 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. 

Dabei betont Intel, das Geschäft sei in den vergangenen Monaten durch Sorgen rund um die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump zusätzlich angekurbelt worden. Kunden packten aus Angst vor neuen Zöllen zum Teil Chips auf Lager. Dieser Effekt lasse inzwischen nach.

Die Zahl der Mitarbeiter soll zum Jahresende auf rund 75.000 sinken. Lip-Bu Tan sprach in einer E-Mail an die Belegschaft von einem Abbau um etwa 15 Prozent. Doch die Zahl der Intel-Beschäftigten war bereits zum Ende vergangenen Jahres auf knapp 109.000 von gut 124.000 Ende September gesunken.

Noch ein Zeichen für die Krise von Intel: Der Konzern räumt ein, dass er die Entwicklung seiner modernen Prozessor-Technologie 14A fallenlassen könnte, wenn sich dafür nicht genug Kunden finden. Analyst Matt Bryson von Wedbush Securities sieht in einer solchen Einstellung ein Problem. Die Intel-Aktie fiel im nachbörslichen US-Handel um mehr als vier Prozent.

Probleme seit Jahren

Intel dominierte einst die Chipbranche, fiel dann aber zurück. Ein entscheidender Moment war der verlorene Kampf um den Platz in Smartphones. Intel hoffte, die Stärke im PC-Geschäft auf die Mobil-Geräte zu übertragen - doch bei den Computer-Handys setzten sich stromsparendere Prozessoren durch. Smartphone-Chips kommen somit nicht von Intel, sondern von Wettbewerbern wie Qualcomm oder TSMC. Und bei Chipsystemen für Künstliche Intelligenz führt mit großem Abstand Nvidia.


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