Chaos bei der Bahn: Im Dezember 2010 hatten Schnee und Minusgrade das ohnehin labile Schienennetz fast kollabieren lassen. Das Ausmaß der Verspätungen war weit größer als die Bahn bislang zugibt, wie Untersuchungen der Stiftung Warentest zeigen.
An vielen Bahnhöfen kamen drei von vier ICE-Zügen zu spät. Für ihre Untersuchung haben die Tester fast 60.000 Ankunftszeiten von Fernverkehrszügen ausgewertet. Detaillierte Statistiken zur Pünktlichkeit ihrer Züge hält die Bahn geheim. Zwar heißt es im Winterbericht des Verkehrsministeriums, die Pünktlichkeit im Fernverkehr sei im Dezember »tageweise unter 70 Prozent« gesunken. Die Tester kamen jedoch zu einem anderen Ergebnis: An 20 wichtigen Bahnhöfen und Verkehrsknoten lag die Pünktlichkeitsquote der Fernzüge im Schnitt nur bei 32 Prozent. Die 70-Prozent-Quote schaffte die Bahn an keinem einzigen Tag. Als verspätet gelten Züge, die ihrem Fahrplan um mehr als fünf Minuten hinterherfahren. Besonders häufig zu spät kamen übrigens ICE-Züge. So hatte den Testern zufolge jeder vierte ICE eine Verspätung von mehr als einer halben Stunde oder fiel sogar völlig aus. Das sanierungsbedürftige Schienennetz sei einer der Hauptgründe für die Unzuverlässigkeit der Bahn. Auch die Züge erwiesen sich als anfällig, heißt es.