Elektroschrott-Verordnung: Ohne Nummer kein Geschäft
Elektroschrott-Verordnung: Ohne Nummer kein Geschäft. Die Uhr läuft. In wenigen Tagen gibt?s kein Pardon mehr. Die Registrierung beim Elektro Altgeräte Register (EAR) muss bis Jahresende erfolgt sein. Andernfalls dürfen die jeweiligen Geräte nicht verkauft werden.
Elektroschrott-Verordnung: Ohne Nummer kein Geschäft
Co-Autorin: Dr. Michaela Wurm
Das Szenario ist trotz aller Bürokratie spannend bis zum letzten Tag: Was passiert mit Herstellern, Assemblierern und Montierern, die ITK-Produkte zusammenbauen und zum Stichtag die Registrierung beim Elektro Altgeräte Register (EAR) in Fürth noch nicht abgeschlossen haben? Nach den Buchstaben des Elektroschrottgesetzes, auch als ElektroG bezeichnet, darf ein Hersteller ? also der so genannte Inverkehrbringer ? seine Waren nicht verkaufen. Da heißt es dann: Ohne Nummer kein Geschäft.
Wer glaubt, er könne das Ganze ruhig angehen, sieht sich getäuscht. Denn die Schonfrist für die Anmeldung läuft zum Jahresende aus. Dabei war die Schonfrist nicht einmal geplant. Noch im Spätsommer (CRN-Schwerpunkt in der Ausgabe 32/05) war der Stichtag auf den 23. November festgelegt. Bis dahin sollten alle Anträge zur Registrierung bei der EAR vorliegen und dem Antragsteller eine Registriernummer zugewiesen sein ? egal ob der Hersteller aus Bali oder Buxtehude kommt. Doch die Flut der Anträge übertraf alle Planungen der Stiftung in Fürth, die Mitarbeiter waren schlichtweg überfordert, kamen mit der Registrierung nicht nach. Folge: Die Anmeldefrist wurde bis zum 31. Dezember 2005 verlängert.
Vermutlich bleibt es bei diesem Termin. Obwohl: Sollte der Arbeitsanfall unvermindert anhalten, könnte vielleicht doch noch eine weitere Verschiebung möglich sein. Gleichwohl ist das eher Theorie. Denn in der Praxis gibt es den 24. März als Stichtag für die Rücknahmepflicht von Elektroschrott. Und da beides unmittelbar zusammenhängt, also die Registrierung aller elektrischen und elektrotechnischen Produkte von etwa 20.000 Herstellern, verbunden mit der Auflage, dass nur registrierte Produkte in den Handel kommen dürfen, sowie die kostenlose Rücknahme des Schrotts, wird die Zeit dann sehr knapp werden.
Der Knackpunkt dabei ist nicht nur die Anmeldung zur Registrierung, sondern die Registriernummer selbst. Ohne die dürfen die Produkte nicht in den Handel. Für Hans-Joachim Kamp, Vorsitzender des gemeinsamen ZVEI/Bitkom-Vorstandskreises Elektro- und Elektronik-Altgeräte, ein äußerst kritischer Zustand. So appelliert er gleichermaßen an die Vollzugsbehörden der Länder und an die Handelsunternehmen, »nicht die Hersteller mit Sanktionen zu bedrohen, die zwar ihre genehmigungsfähigen Unterlagen eingereicht haben, denen das EAR aber noch keine Registriernummer zuteilen konnte«. Gleichzeitig lobt Kamp die Bemühungen der Industrie. So seien »die Vorbereitungen zur Umsetzung der mit dem Elektrogesetz verbundenen Entsorgungsverpflichtungen durch die Industrie voll im Zeitplan«.
Tatsächlich bemühen sich die Unternehmen, rechtzeitig die begehrte Registriernummer zu bekommen. Allerdings enden diese Bemühungen häufig in einem Wust von Fragen. Vor allem die Fertiger von Systemen im Build-to-Order- Verfahren (BTO) und kleinere Assemblierer verstehen oftmals die Antragswelt nicht mehr. Zu den drängenden Problemen gehören Fragen, ob Gehäuse oder auch Kabel registriert sein müssen (lesen Sie dazu das Interview mit Steffen Kahnt vom BVT auf Seite 24 der Printausgabe). Ebenso, ob bei BTO eine zusätzliche Registrierung notwendig ist.»Am einfachsten ist es, wenn man bei der Montage der PC nur Komponenten benutzt, die mit Kabel geliefert werden«, antwortet Klaus Interwies, Geschäftsführer der Topedo GmbH in Linden. Ähnlich verfahre er auch bei Gehäusen, die bereits mit dem Netzteil registriert seien. Zwar seien Gehäuse ohne Netzteile von der Anmeldung ausgenommen, müssten aber registriert werden, sobald ein Netzteil eingebaut wird. So gesehen habe er nicht übermäßig viel Zeit mit der ElektroG-Problematik aufwenden müssen, zumal er sich bereits frühzeitig mit dem Thema befasst und die nötigen Informationen eingeholt hat.
Ebenfalls frühzeitig hat sich der Distributor Betronic GmbH in Hilden mit dem Thema befasst. Wie Geschäftsführer Olaf Becker seinen Handelskunden mitteilte, habe Betronic sogar Gehäuse ohne Netzteil registrieren lassen, »um Assemblierern die Verantwortung und den enormen finanziellen Aufwand abzunehmen«. Denn eines ist klar: Kommt nicht registrierte Ware auf den Markt, dann wird es für den Inverkehrbringer teuer. Und der ist im Zweifelsfall immer derjenige, der das Produkt zusammengebaut hat. Darum muss sich jeder, der beispielsweise Komponenten verbaut, darüber informieren, ob der Hersteller dieser Bauteile über die EAR registriert worden ist.
Zusätzlich regelt das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) auch die Verantwortung für die Verschrottung der Altgeräte. So dürfen Neugeräte nur dann an private Nutzer verkauft werden, wenn Hersteller oder Importeure neben der Rücknahme auch die Entsorgung gewährleisten. Um dies sicherzustellen, müssen die etwa 5.000 in Deutschland betroffenen Unternehmen eine insolvenzsichere Garantie stellen. Wer glaubt, sich fintenreich an dieser Verpflichtung vorbeimogeln zu können, muss mit empfindlichen Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro rechnen.
Mühsamer Registrierungsprozess
Die Erfahrungen des Speicherspezialisten Memorysolution im Umgang mit der EAR ziehen sich beispielsweise über viele Wochen hin. Das Unternehmen aus Breisach bietet Arbeitsspeicher, Flash Cards und USB Flash Drives an. Neben Markenprodukten von Infineon oder dem Sony Memorystick, vertreibt Memorysolution auch Speicher- und USB-Produkte unter seiner Eigenmarke »TakeMS«. Die Badener Firma hat sich rechtzeitig informiert und kann inzwischen eine vorläufige EAR-Registrierungsnummer vorweisen. Auf die endgültige kann man jetzt nur noch warten. Allein der Weg bis zu dieser Phase war lang und mühselig, wie Alexander Flamm, Beauftragter für das Elektrogerätegesetz bei Memorysolution, im Gespräch mit CRN erzählt. Etwa sechs Wochen war er damit beschäftigt, sich um die EAR-Registrierung zu kümmern und die Informationen aus verschiedenen Quellen zusammen zu klauben. »Es gibt nirgendwo konkrete Anweisungen oder die Möglichkeit, die Registrierung gegen Bezahlung durchführen zu lassen«, so Flamm. Auf einer Informationsveranstaltung der IHK Freiburg habe der EAR-Vorstand empfohlen, sich bei Fragen einfach sechs bis acht Stunden durch die EAR-Homepage zu lesen. Konkrete Fragen könnten im Prinzip nur die EAR-Mitarbeiter beantworten, erklärt Flamm. »Aber telefonisch kommt man nie durch und auf E-Mail-Anfragen gibt es meist nur die Standardantwort, auf der Homepage nachzusehen.«
Vier Produktkategorien mit insgesamt rund 10.000 Artikeln hat Memorysolution bei der EAR registrieren lassen. Die Mehrzahl davon war nicht registrierungspflichtig, weil Speicher als Geräte ohne eigenständige Funktion gelten. Da die Komponenten aber häufig von Assemblierern gekauft werden, blieb dem Unternehmen kaum eine andere Wahl. Denn diese müssten die Speicher dann selbst bei der EAR registrieren, bevor sie die Rechner verkaufen. Daher würden Assemblierer künftig sicher darauf achten, nur noch Produkte mit dem Mülltonnen-Logo zu kaufen, vermutet Flamm.
Die Kosten für die Registrierung der zahlreichen Produkte hielten sich laut Flamm im niedrigen vierstelligen Bereich noch in Grenzen: »Wir haben das Glück, dass die Gebühren nach Gewicht berechnet werden, denn unsere Produkte wiegen im Schnitt zwischen zehn und fünfzig Gramm.« Für Hersteller von Kühlschränken sähe die Kostensituation sicherlich weniger günstig aus und vor allem »kleine Firmen, die wenige große Geräte herstellen, bekommen ein Problem.«
Lotsen führen durchs Registrierungslabyrinth
Damit diese Probleme den Händlern, Assemblierern und Herstellern nicht über den Kopf wachsen, hat sich beispielsweise der Bundesverband Technik im Einzelhandel (BVT) mit einem Dienstleister zusammengetan, der den Unternehmen den größten Teil der Arbeit abnimmt. Über einen Rahmenvertrag mit BVT und der Firma Take-E-Way in Hamburg werden Händlern, die im Sinne des Gesetzes Hersteller sind, nahezu alle Verpflichtungen aus dem ElektroG abgenommen. So übernimmt der Dienstleister die Registrierung nach den Vorgaben und im Namen des Händlers bei der EAR. Außerdem erteilt er die notwendige monatliche Verkaufsmengenmeldung. Weiter stellt Take-E-Way die Garantiestellung ab, wobei die Rückdeckung des Risikos individuell im Rahmen der Einkaufsgemeinschaft ? je nach Vorteilhaftigkeit ? vorgenommen wird. Weiterhin werden alle Entsorgungen, die durch die EAR zugewiesen werden und vertraglich mit dem Dienstleister vereinbart sind, direkt durch Take-E-Way abgewickelt. Allerdings beschränkt sich dieser Service auf Mitglieder des BVT.
Hilfe durch das Registrierungslabyrinth bieten auch Verbände an, wie der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) und der Zentralverband Elektrotechnik und Elektronik (ZVEI). Sie haben nicht nur Informationsstellen eingerichtet, sondern unterstützen ihre Mitglieder aktiv. So hat der Bitkom über seine Servicegesellschaft das »Garantiesystem Altgeräte« (GSA) ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der Industrie und der Zürich Versicherungs-Gruppe Deutschland wird über GSA Herstellern die Möglichkeit geboten, sich kostengünstig und unbürokratisch durch den Registrierungsdschungel zu manövrieren. Als vorteilhaft wird vom Bitkom hervorgehoben, dass dieses System allen Unternehmen, unabhängig ihrer Größe und Branche, offen stehe. »Der Liquiditätsabfluss ist wesentlich geringer als bei individuellen Sicherheiten«, unterstreicht Anja Olsok, Geschäftsführerin der Bitkom Servicegesellschaft GmbH. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Unternehmen die erforderliche Bestätigung über die Registrierung zum Teil bereits einen Tag nach der Anmeldung erhalten.
Ebenfalls aktive Hilfestellung leisten auch Verbundgruppen, so unter anderem Akcent Computerpartner. Die Kooperation in Lilienthal hat sich ebenfalls schon intensiv mit der Thematik beschäftigt und ihre Mitglieder informiert. »In unseren Foren wird regelmäßig darüber berichtet und diskutiert«, erläutert Frank Garrelts, Vorstand der Gruppe.
Wer dagegen ohne Verbands- oder Verbundgruppenzugehörigkeit durchs Geschäftsleben geht, muss sich zwangsläufig selbst behelfen. Da tun sich für die Assemblierer und Hersteller oftmals bürokratische Hürden auf, die sie schier zur Verzweiflung bringen. Und suchen sie Hilfe, unter Umständen bei ihrer zuständigen IHK, dann gehört viel Glück dazu, dass sie eine erschöpfende Auskunft ihrer Kammer erhalten. »Ich werden von Pontius zu Pilatus geschickt, und am Ende bin ich kein Stückchen weitergekommen«, meint ein kleiner Fachhändler mit Systemhaus aus Franken. »Dabei kann ich mir die Zeit für diese umständlichen Recherchen gar nicht leisten, denn einer meiner Kunden will noch bis Jahresende seine zehn neuen Rechner installiert haben, die ich ihm nach Vorgabe zusammenbaue.« Jetzt baut er einfach drauf zu und versucht parallel dazu die Registrierung noch durchzuziehen. »Ich hoffe, dass es da zu keinen Problemen kommt.«
Wie viele Händler sich heute noch mit der Registrierung herumschlagen, kann niemand genau beziffern. Sicher ist nur, für alle Reseller, die nach dem ElektroG als Hersteller tätig sind, stehen die Zeiger auf fünf vor zwölf. Spätestens wenn die Sylvesterknaller das neue Jahr ankündigen, ist die Zeit abgelaufen.
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INFO
www.altgeraete.de
www.akcent.de
www.betronic.de
www.bitkom.org
www.bitkom-service.org
www.bvt-ev.de
www.memorysolution.com
www.topedo.de
www.zvei.org