Zum Inhalt springen

Geheiligt

Geheiligt. Die Programmierer der Sensator AG haben noch rechtzeitig zum Katholischen Weltjugendtag die Bibel als Download aufs Handy angeboten. Aufsteller für den Verkaufsraum und Dekomaterial für den Fachhandel sollen für das Weihnachtsgeschäft folgen.

Autor:Redaktion connect-professional • 24.8.2005 • ca. 1:45 Min

Geheiligt

Braucht die Gesamtbibel doch 2110 KByte, bibeltauglich sind damit nur wenige, brandneue Handys. Damit ist das Angebot ein idealer Verkaufsmotor für die neuen Modelle mit dem »Bibel inside«-Aufkleber.

Sowohl »Bibel NT« als auch »Bibel AT« kosten jeweils nur 4,99 Euro. Unklar ist allerdings, ob da die Urheberabgaben bereits drin sind, beziehungsweise wann das schwierige Thema geklärt ist. Gesucht werden derzeit die direkten Nachkommen von Johannes, Matthäus, Lukas und Markus, die entsprechende Ansprüche geltend machen können. Dann haben die Jungs damals ja auch voneinander abgeschrieben und es muss geklärt werden, wer nun wirklich die Rechte an der Bibel hat, beziehungsweise, ob eine in Schriftform gegossene allgemein vom Hörensagen her bekannte Geschichte überhaupt urheberrechtlich ausgewertet werden darf. Möglicherweise ist der ganze Text schon Opensource und daher frei zugänglich.

Die Glaubenskongregation behandelt gerade das Thema, ob es dann auch erlaubt ist, die Heiligen in Pinguinkostümen abzubilden oder ob die traditionelle Darstellung im Lendenschurz beizubehalten ist. Auch der technische Support muss geklärt werden. Übernimmt die Sensator, der Vatikan oder steht der Fachhandel dafür ein, wenn geklärt werden muss, ab welcher Pixelzahl das Haupt Johannes des Täufers auch für Biometrie-Systeme klar erkennbar ist oder wie auf die Fehlermeldung »Irreparable Schutzverletzung in Lukas.exe« reagiert werden muss? Fragen über Fragen also, die einem ehrlichen Kaufmann da spontan durch den Kopf gehen und die vor einer ordentlichen Vermarktung geklärt sein sollten.

Aber auch das Zubehörgeschäft ist schwieriger als zunächst gedacht. Kondome dürfen ja wohl nicht mit verteilt werden, entsprechende Bannerwerbung ist dann wohl auch zu unterlassen. Wie ist es aber mit Links, die auf verwandte Inhalte hinweisen, zum Beispiel ein Heiligenlexikon? Muss da dann die heilige Sexburga von Sheppey (gestorben 799 im britischen Essex), deren Gedenktag die Katholiken am 7. Juli begehen, für Minderjährige ausgeblendet werden oder greift das bereits in die Persönlichkeitsrechte ein? Sind »Sexburga«-Parties Anfang Juli als Vertriebsplattform für die Handy-Bibel zugelassen? Dürfen da dann Jugendliche hin, wenn ausdrücklich mit der Keuschheit der Äbtissin geworben wird? Ist diese Aussage auch vor Gericht haltbar oder kann der missgünstige Betreiber des Mobilcom-Shops von nebenan den Werbeslogan »Kommt zum Bibel-Handy Verkaufstag anlässlich des Gedenktages der keuschen Sexburga« als unlauteren Wettbewerb brandmarken? So viele Fragen, auf die auch die Bibel keine Antwort hat. Aber vielleicht der Papst. Wir sehen uns dann beim ersten Weltbibelhandytag 2006 in Rom. Da wird dann auch verraten, ob der Heilige Vater mit Gott über UMTS oder WLAN kommuniziert.