GPL V3 bewegt den Open-Source-Markt

17. August 2007, 11:29 Uhr | Markus Bereszewski

GPL V3 bewegt den Open-Source-Markt Nach 16 Jahren ist vor wenigen Wochen die dritte Version der prominentesten Open-Source-Lizenz, der GNU General Public License (GPL), in Kraft getreten. Anwender sollten wissen, wie sie mit den Veränderungen umzugehen haben.

Mit der Revision der GPL verfolgt die Free Software Foundation (FSF) im Wesentlichen zwei Zielrichtungen: Zum einen wollte man die bestehenden Freiheiten der Nutzer beim Gebrauch der Software trotz der technischen und rechtlichen Veränderungen seit Einführung der GPL V2 erhalten. Hier bestand das Bedürfnis, durch eine bessere Kompatibilität mit anderen Open-Source-Lizenzen die Nutzungsmöglichkeiten von Open-Source-Software (OSS) insgesamt zu verbessern. Zum anderen sollte mit der Revision der GPL ihrer weltweiten Anwendung durch eine internationale Kohärenz Rechnung getragen werden. Was die Nutzungsmöglichkeiten der unter der GPL lizenzierten Software angeht, sind diese unverändert geblieben. So hat der Anwender nach wie vor die Erlaubnis, die unveränderte Software ablaufen zu lassen sowie urheberrechtlich relevante Nutzungshandlungen wie die Vervielfältigung, Bearbeitung und öffentliche Zugänglichmachung der Software über das Internet durchzuführen. Korrespondierend mit diesen Rechten ist bei der Weitergabe der Software wie bisher der Source-Code mit zu übergeben oder dem Empfänger auf Nachfrage zur Verfügung zu stellen. Bei der Bereitstellung des Source-Codes zeigt sich die erste Neuerung der GPL V3, indem es dem Distributor der Software grundsätzlich gestattet ist, den Source-Code über einen Server zugänglich zu machen oder ein Peer-to-Peer-Netzwerk für die Bereitstellung des Source-Codes zu nutzen. Die Lieferung eines Datenträgers mit dem Code ist häufig unpraktikabel. In der Vergangenheit tauchte häufig die Frage auf, ob die Pflicht zur Bereitstellung des Source-Codes dann ausgeschlossen werden kann, wenn entsprechende Software von einem Auftraggeber im Rahmen eines Outsourcing-Projektes an den Outsourcing-Dienstleister nur für den Zweck übergeben wird, dass der Dienstleister die Software zur Erfüllung der Pflichten aus dem Outsourcing-Vertrag benutzen darf. Die GPL V3 stellt nunmehr in Ziffer 2 klar, dass in Konstellationen, wo der Nutzer die Software an einen Dritten weitergibt und der Dritte die Software lediglich für den Nutzer einsetzen darf, der Dritte verpflichtet werden kann, die Software seinerseits nicht an Außenstehende weiterzugeben.

Kontroverse um Digital Rights Management Heftig diskutiert während der Revision der GPL war die Einführung einer Regelung zu den sogenannten technischen Schutzmaßnahmen. Solche Schutzmaßnahmen, die Rechteinhaber einsetzen, um die Vornahme bestimmter Nutzungshandlungen wie beispielsweise Vervielfältigungen auszuschließen, verhindern letztlich Nutzungen der Software, wie sie nach der GPL eigentlich gestattet sind. Mit der Einführung des Verbots, unter der GPL lizenzierte Software nicht für solche technischen Schutzmaßnahmen einzusetzen, hatte die FSF im Wesentlichen Systeme für das Digital Rights Management (DRM) im Auge. Denn die mit solchen technischen Mitteln verbundene Einschränkung der Nutzung von Software widerspricht nach Ansicht der FSF dem Grundsatz der freien Nutzbarkeit von GPL-lizenzierter Software und läuft damit dem Grundprinzip der GPL zuwider. Um das Verbot abzusichern, sieht Ziffer 3 zusätzlich einen Verzicht des Distributors auf sein Recht vor, die Umgehung von solchen Schutzmaßnahmen zu verbieten, sofern die Umgehung beispielsweise von DRM-Systemen durch die Nutzer lediglich dazu dient, die nach der GPL V3 gewährten Nutzungsmöglichkeiten vornehmen zu können.

Hardware-Tricks werden ausgeschlossen Neben diesem Verbot haben Versuche von Herstellern, durch technische Mittel die Veränderung und den Einsatz von modifizierter Software auf ihren Geräten zu verhindern, die FSF dazu veranlasst, die Interessen der Software-Nutzer besser zu schützen. Den Ausschlag gegeben hatten die Ereignisse um den Linux-basierten digitalen Videorekorder der Firma TiVo. Hier mussten die Nutzer die leidvolle Erfahrung machen, dass der Videorekorder nur mit dem Software-Code arbeitete, den der Hersteller digital signiert hatte. Zwar war der Quellcode der eingesetzten Software für die Nutzer offen zugänglich, sodass sie die Software ändern konnten. Allerdings verweigerte die TiVo-Hardware nach solchen Änderungen den Dienst. Um solche Manipulationen der Hersteller zukünftig zu vermeiden, sieht Ziffer 6 vor, dass die Hersteller von Endnutzerprodukten dem Produkt eine Installationsanleitung beifügen müssen, die Informationen dazu enthält, wie die im Produkt verwendete GPL-lizenzierte Software nach einer Modifikation installiert und auf dem Gerät ausgeführt werden kann. Von dieser Pflicht sind die Hersteller lediglich dann befreit, wenn das Gerät keine Möglichkeit für die Installation von geänderten Software-Versionen vorsieht. Die GPL nennt hier als Beispiel die Installation der zum Betrieb des Produktes notwendigen Programme im ROM. Um mögliche negative Auswirkungen des Einsatzes solcher Software-Modifikationen auf die Gewährleistung und Haftung der Produkthersteller abzumildern, wird den Unternehmen die Möglichkeit zugestanden, den Support und die Gewährleistung für Produkte zu verweigern, bei denen die eingesetzte GPL-lizenzierte Software vom Nutzer verändert wurde. Als weitere Schwächung der Rechte der Nutzer von OSS erwiesen sich in jüngster Zeit auch Software-Patente. Um hier die nach der GPL gewährten Nutzungsrechte nicht leer laufen zu lassen, indem Software-Hersteller ihre Patente dazu nutzen, die eigentlich nach der GPL gewährten Nutzungsmöglichkeiten den Nutzern wieder zu untersagen, enthält Ziffer 11 entsprechende Regelungen. Nach diesen räumt der Urheberrechtsberechtigte, der seine Software unter der GPL vertreibt, den Nutzern im Wege einer Art Zwangslizenz eine einfache Patentlizenz ein, die notwendig ist, um die Software entsprechend der GPL nutzen zu können. Ausgenommen ist lediglich eine Lizenz hinsichtlich Patentansprüchen, die aus der Veränderung der ursprünglichen Software des Urheberrechtsberechtigten entstehen können. Verletzen somit Bearbeitungen der Software Patentrechte des Urheberrechtsberechtigten, so kann dieser gegen die Nutzer solcher modifizierter Software vorgehen.

Künftig keine Sonderregelungen mehr Neben der Einräumung einfacher Patentlizenzen an Software-Patenten setzt sich die GPL V3 auch mit der Auswirkung von Abkommen zwischen Software-Herstellern wie etwa der Vereinbarung zwischen Microsoft und dem Suse-Distributor Novell auseinander. In dem Abkommen hatten beide Parteien vereinbart, dass sämtliche Suse-Anwender und -Entwickler seitens Microsoft keine juristischen Konsequenzen aufgrund möglicher Patentrechtsverletzung zu befürchten haben. Daraus folgt jedoch auch, dass allen anderen Anwendern von GPL-lizenzierter Software jederzeit rechtliche Schritte seitens der Software-Industrie drohen können, sofern die Nutzung der Software Patente der Unternehmen verletzt. Um dies zu verhindern, regelt die GPL V3, dass es dem Distributor verboten ist, GPL-lizenzierte Software zu verbreiten, wenn der Distributor aufgrund der Vereinbarung mit einem Software-Unternehmen den Nutzern nur solche Patentlizenzen einräumen darf, die nicht mindestens den Umfang der nach der GPL zulässigen Nutzungen abdecken. Da dieses Verbot jedoch nur für Vereinbarungen gilt, die nach dem 28.03.2007 geschlossen wurden, fällt die Abrede zwischen Microsoft und Novell nicht unter dieses Verbot.

Probleme der Konformität bestehen weiter Die Einhaltung der Bestimmungen der GPL gestaltete sich bereits bisher wegen Unklarheiten einzelner Bestimmungen schwierig. Gerade die beiden zuvor erläuterten Regelungen bezüglich technischer Schutzmaßnahmen und Software-Patenten dürften in der Praxis zu weiteren Problemen führen, sich konform zu den Bedingungen der GPL V3 zu verhalten. Die GPL V2 sieht im Falle eines Verstoßes gegen die Lizenzbedingungen den automatischen Wegfall der Lizenz vor. Insbesondere bei unverschuldeten Lizenzverstößen erscheint ein solcher automatischer Lizenzwegfall jedoch unverhältnismäßig. Die GPL V3 versucht diese einschneidenden Wirkungen mit der sogenannten Kündigungslösung abzuschwächen. Wird ein Verstoß gegen die Lizenzbedingungen vom Nutzer eingestellt, dann lebt die Lizenz so lange wieder auf, bis der Urheberrechtsberechtigte die Lizenz kündigt. Versäumt es der Rechteinhaber aber, den Nutzer binnen 60 Tagen nach der Abstellung der Verletzung über die Verletzungshandlung zu informieren, lebt die Lizenz dauerhaft wieder auf. Zudem sieht Ziffer 8 vor, dass die zunächst automatisch gekündigte Lizenz dauerhaft wieder hergestellt wird, sofern der Urheberrechtsberechtigte den Nutzer auf den Lizenzverstoß hinweist, es sich bei dem Verstoß um die erste Verletzung der Lizenz handelt und der Nutzer die Verletzung innerhalb von 30 Tagen abstellt. Letztlich dürfte in der Praxis diese Kündigungslösung dazu führen, dass durch eine Abstellung des Lizenzverstoßes der Verstoß geheilt und die Lizenz dauerhaft wieder auflebt. Der Urheberrechtsberechtigte wird nämlich häufig keine Kenntnis von dem Lizenzverstoß und dessen Abstellung durch den Nutzer haben, sodass er diesen auch nicht innerhalb der 60-Tage-Frist darauf hinweisen können wird.

Lizenzgeber kann GPL-Version wählen Schließlich stellt sich noch die Frage, wann eine Neulizenzierung unter der GPL V3 notwendig wird. Ziffer 14 regelt hier ein Wahlrecht des Lizenzgebers, seine Software unter einer bestimmten Version der GPL anzubieten und zusätzlich im Wege einer dynamischen Verweisung auch die Freigabe hinsichtlich jeder späteren neuen Version zu erteilen. Macht der Lizenzgeber keine Angaben, kann der Nutzer entscheiden, welcher Version der GPL er sich unterwerfen will. Für welche Anwender der Umstieg auf die GPL V3 vorteilhaft ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Insoweit ist insbesondere aufgrund der geplanten Nutzungs- und Anwendungszwecke der Software zu entscheiden, ob die entsprechenden Einschränkungen und Verbote für technische Schutzmaßnahmen und Software-Patente akzeptabel sind.

Dr. Antje Zimmerlich, ist Rechtsanwältin bei CMS Hasche Sigle.

CMS Hasche Sigle ist eine der führenden wirtschaftsberatenden Anwaltssozietäten. Mit über 500 Anwälten ist CMS Hasche Sigle an wichtigen internationalen Wirtschaftszentren tätig. Weitere Informationen zur Sozietät und zum Technologieteam von CMS Hasche Sigle finden Sie unter www.cms-hs.com.


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