Handgeklöppelt: Hilfen zur sexuellen Orientierung
Im Zeitalter der Navigationssysteme und Routenplaner haben es Atlanten- und Landkarten-Hersteller nicht einfach. Wie man von Buxtehude nach Baden-Baden kommt, lässt sich mittels Navi- Touchscreen in weniger als einer Minute programmieren.
Das kleine Ding warnt obendrein vor Radarfallen und weist auf Wunsch auf Sehenswürdigkeiten am Wegesrand hin. Bei so viel Komfort hat niemand mehr das Bedürfnis, die Wegstrecke im Atlas über ein Dutzend Seiten nachzuschlagen.
Welch’ Parallelen zu deutschen IT-Herstellern. Da heute ja fast sämtliche Waren in China gefertigt werden, sind einst so schillernde, deutsche Produzenten wie Siemens oder Nixdorf entweder Schall und Rauch, fertigen längst selbst in China oder schrauben hierzulande nur noch Highend-Artikel für Manufactum- Kunden zusammen. Atlas- und Landkarten-Herstellern geht es ganz ähnlich. Sie müssen angesichts der billigen und leistungsfähigen Elektronik-Konkurrenz neue, lukrative Marktnischen suchen.
So geschehen bei unseren dänischen Nachbarn: Mit einem Atlas der lauschigsten Plätze für Sex im Freien wollte Dänemarks Naturschutzverband seine Landsleute für die Freuden der Natur begeistern und beiläufig für den Kauf eines kartografischen Buches werben. Ein potenzieller Kassenschlager, nur leider zu früh angekündigt. Denn ausgerechnet die FKK-Vereinigungen fanden diese Idee gar nicht komisch. So sah der dänische Nudistenverband den Atlas als allzu kräftige Aufforderung zum Abbau von durchaus sinnvollen Hemmschwellen in freier Natur – es hagelte kräftigen Protest, auch die Medien berichteten. Das Ende vom Lied: Per Pressemitteilung verkündete der Naturschutzverband, die Ankündigung des Buches sei eigentlich nur ein Scherz gewesen und machte einen Rückzieher. Kein neuer Atlas, 1:0 für das Navi.
Was lernen wir daraus? Wer eine gute Geschäftsidee hat, der halte gefälligst die Klappe, bis das Produkt auf dem Markt ist! Denn eines ist klar: Nachdem der Frischluft-Lustatlas vorab berühmt wurde, dürfte es jetzt nur noch wenige Tage dauern, bis der erste Hersteller von elektronischen Wegweisern ein Plug-In für die besten Schäferstündchen- Plätze ankündigt. Natürlich viel günstiger als ein gedrucktes Atlas-Exemplar – wir rechnen mit auch numerisch animierenden 6,69 Euro per Software-Download. Und Manufactum wird dann kurz vor Weihnachten doch noch einen gedruckten Sex-Atlas bringen. Für 669 Euro, gedruckt auf handgeschöpftem Büttenpapier, mit Einband aus geklöppelter Spitze.