Änderungen im Partnerprogramm

HP und Canon schließen Allianz für das Großkundengeschäft

23. September 2009, 5:35 Uhr | Nadine Kasszian

Die Ankündigung einer weltweiten Kooperation zwischen der HP IPG und Canon für Managed Print Services sorgte in den vergangenen Tagen für Unruhe im Channel. Durch die Portfolio-Erweiterung nimmt HP die Großkunden ins Visier – Auswirkungen auf den Handel bleiben nicht aus.

In der vergangenen Woche haben HP und Canon eine weltweite Zusammenarbeit im Managed Print Services-(MPS-)Geschäft angekündigt. Eine OEM-Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen besteht schon seit rund 25 Jah-ren. Canon belieferte HP bisher mit Druckwerken und Geräten im Rahmen des Laser-Portfolios. Durch die vertiefte Allianz schließt HP jetzt eine Lücke im MPS-Portfolio, das bislang bei Multifunktionsgeräten (MFGs) mit 60 Seiten pro Minute aufgehört hat. Die Canon-Produkte beginnen dagegen bei 55 Seiten pro Minute. Mit den neuen Geräten adressiert HP Großkunden mit mehr als 1.000 Druckern – in EMEA ungefähr 1.500 Accounts. Eine neue Managed Enterprise Solutions-Sparte (MES) innerhalb der HP Imaging und Printing Group (IPG) soll sich künftig speziell auf den Bereich Managed Print Services konzentrieren. Canon verfügt über eine große Service-Organisation, mit der das Unternehmen die Services- und Support-Leistungen für seine Geräte übernimmt. Zudem kann HP jetzt endlich Kapital aus der EDS-Übernahme schlagen. Globale Outsourcing-Projekte waren von jeher das Kerngeschäft von EDS. Der Dienstleister unterstützt die MPS-Projekte mit einem erweiterten Software- und Services-Portfolio. Um Europas Global Player zu gewinnen, bedient sich HP zudem eines Marketing-Tricks: Im Rahmen der »HP Printing Payback Garantie« vereinbart der Hersteller künftig mit den Kunden ein festes Einsparpotenzial für die Outputmanagement-Projekte. Erreicht HP das Ziel nicht, muss der Hersteller die Differenzen bezahlen. Was das Agreement und der Enterprise-Fokus für den Channel bedeuten, ist den Partnern noch unklar und wie es zurzeit aussieht, herrscht auch in der deutschen HP-Organisation noch Unsicherheit. Beide Unternehmen beteuern, dass sich die Ausweitung der Kooperation ausschließlich auf den Direktvertrieb von HP und Canon bezieht und es aus diesem Grund keine Auswirkungen für Reseller geben wird. Viele Fachhändler fragen sich allerdings derzeit, warum die Neuigkeit schon Wochen vorher in mehreren Mails als »Big Bang« angekündigt wurde, wenn es den Channel gar nicht betrifft.

Indirekt wirkt sich das Agreement in jedem Fall aus: HP hatte in der Vergangenheit gegenüber den Partnern immer wieder verkündet, die Lücke im Portfolio werde irgendwann mit eigenen großen MFGs geschlossen. Jetzt ist nicht mehr davon auszugehen, dass HP noch mit eigenen Geräten auf den Markt kommt. Denn sowohl Canon als auch HP bekräftigen, dass sie von einer langfristigen Allianz ausgehen. Die Zusammenarbeit berücksichtigt nach Angaben der Unternehmen nicht nur die bereits bestehenden Produkt-Paletten von HP und Canon, sondern auch künftige Angebote. Doch auch HP-Partner könnten die großen Canon-MFGs gebrauchen, um zum Beispiel bestimmte Ausschreibungen zu gewinnen. Doch der Channel hat bislang keinen Zugriff auf die Produkte. »Soll ich jetzt Canon- Händler werden?«, fragt sich ein HP-Partner im Gespräch mit Computer Reseller News zu Recht. In öffentlichen Ausschreibungen spielt zum Beispiel das Lochen eine große Rolle. Die Canon-Geräte können lochen, während die HP-MFGs über diese Funktion nicht verfügen. Die HP-Treiber sind ebenfalls schon mit Canon kompatibel. Außerdem: Was soll ein Systemhaus einem mittelständischen Kunden sagen, wenn dieser auch die attraktive Garantie-Versprechung in Anspruch nehmen will, die HP zurzeit in großem Stil bewirbt, die aber nur für Großkunden angeboten wird. Doch auch die Canon-Händler befürchten, dass die Kooperation mit HP eine zusätzliche Konkurrenz aus den eigenen Reihen für sie bedeutet. Jeppe Frandsen, Geschäftsführer von Canon, will diese Unsicherheit ausräumen: »Dieses Angebot richtet sich ganz gezielt an Großkunden mit globalen MPS-Verträgen und wirkt sich nicht auf unsere Fachhändler aus«, sagt Frandsen im Gespräch mit Computer Reseller News. Auch für die kürzlich von Canon akquirierten Systemhäuser wie Bürozentrum Schulz dürfte die Ankündigung einen herben Schlag bedeuten. Schließlich hatte HP dem Unternehmen im April dieses Jahres die Preferred-Partnerschaft aufgekündigt (CRN berichtete). Die Begründung lautete damals: Mit dem Status HP Preferred Partner sei der Zugriff auf vertrauliche Informationen und Geschäftsgeheimnisse verbunden. Mit den Kündigungen wolle der Hersteller verhindern, dass Wettbewerber an diese Daten gelangen. Angesichts dieser Aussage wundern sich viele Branchenkenner über die Ausweitung der Kooperation. HP will dazu jedoch keine Stellung nehmen.

Eins macht HP in jedem Fall mit dem Schritt deutlich: Der Channel der IPG soll sich künftig auf den Mittelstand konzentrieren, die Großkunden wird HP im Direktvertrieb bedienen. Der Graben zwischen den beiden Vertriebswegen vertieft sich. HP hat seinen Partnern jedoch schon angekündigt, dass auch das Partnerprogramm für den SMB-Markt im zweiten Quartal des Fiskaljahres 2010 (das im November 2009 beginnt) erweitert wird. »HP Quick Page« soll Händler eine Infrastruktur bieten, um selbst Seitenpreismodelle anbieten zu können. Mit diesem Angebot rundet HP das Solution-Portfolio mit den Programmen Channel-led Payper-Usage (CLPPU), Smart Printing Service (SPS) und Pay-for-Print (PfP) ab. Denn das Lösungsgeschäft soll künftig eine größere Rolle spielen. »Wir waren immer ein stark produkt- orientiertes Unternehmen und entwickeln uns jetzt zu einem vollständigen Service-Anbieter«, erklärt HP-Chef Mark Hurd.


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