Ibex-Mitarbeiter warten auf die »rettende« Insolvenz
Ibex-Mitarbeiter warten auf die »rettende« Insolvenz. Beim Augsburger Systemhaus Ibex überstürzen sich die Ereignisse: Der Hauptinvestor will die Firma nicht weiter finanzieren, Vorstand Lechner hat das sinkende Schiff bereits vor Wochen verlassen, Vorstand Wagner folgte kurze Zeit später, einige Aufsichtsräte haben sich überstürzt verabschiedet. 65 Mitarbeiter, seit zwei Monaten ohne Gehalt, warten wenigstens auf den Insolvenzantrag. Doch wer soll den stellen? Das Unternehmen ist handlungsunfähig.
Ibex-Mitarbeiter warten auf die »rettende« Insolvenz
Knapp ein Jahr nach dem hoffnungsvollen Neuanfang aus der damaligen Insolvenz steht das Systemhaus Ibex nun vor dem endgültigen Aus. Das operative Geschäft ruht, die noch verbliebenen 65 Mitarbeiter warten nur noch darauf, dass das Arbeitsamt Insolvenzausfallgeld bezahlt. Laut Betriebsratsvorsitzendem Klaus Kofend hat das Systemhaus seit zwei Monaten kein Gehalt mehr gezahlt und ist offenbar auch Sozialabgaben und Lohnsteuern schuldig geblieben. Doch die Insolvenz lässt noch auf sich warten. Denn die Steinböcke aus Augsburg stehen ohne Vorstand und Aufsichtsrat da. Einzig und allein Alain Izadi, Aufsichtsratsvorsitzender der Ibex Systems AG, ist noch in Augsburg vor Ort. Doch ohne Vorstand sind ihm die Hände gebunden. Im vergangenen Jahr hatte der französische Kaufmann, mit Schweizer und französischen Investoren im Rücken, der insolventen Ibex Kapital zur Verfügung gestellt und somit für eine schnelle Fortführungslösung gesorgt. Angeblich soll Izadi auch persönlich an der Nachfolgegesellschaft Ibex Systems beteiligt sein ? mit vier bis fünf Millionen Euro, wie aus gut unterrichteten Firmenkreisen berichtet wird. Dringend benötigte finanzielle Mittel will Aufsichtsrat-Chef Izadi nun nicht erneut in das Unternehmen stecken. Offensichtlich wartet Izadi bis ein Gläubiger ? die Sozialkasse oder das Finanzamt ? einen Insolvenzantrag stellt. Das könnte zwar jeder einzelne Ibex-Mitarbeiter auch. Doch das damit verbundene Risiko, die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen, will sich die Belegschaft nicht aufbürden.
Wie konnte es soweit kommen, rätseln die Ibex-Mitarbeiter, die fassungslos vom »Ausbluten« des Unternehmens sprechen? Anscheinend ist das Systemhaus nach dem durchaus viel versprechenden Neuanfang finanziell erneut in eine Schieflage geraten. Laut Betriebsrat Kofend seien die Umsätze in den vergangenen Monaten zurückgegangen. Investor Izadi wollte daraufhin die Kosten massiv senken, was zur Folge hatte, dass er sich mit Vorstand Andreas Lechner überwarf. Der zog die Konsequenzen und wechselte bereits vor vier Wochen zum Konkurrenten Bechtle nach München. »Es gab Meinungsverschiedenheiten über operative Dinge. Ich fühlte mich in meiner Handlungsfreiheit eingeschränkt«, sagte der ehemalige Avnet-Manager gegenüber CRN. Mitte Mai verließ dann überraschend auch Firmengründer und ? auf dem Papier ? Vorstandsvorsitzender Dieter Wagner das Unternehmen. Begründung: »Aus gesundheitlichen Gründen«. Zeitgleich schied der mit ihm befreundete Ibex-Aufsichtsrat Bernhard Link, Betriebswirt aus Schwaig bei Nürnberg, aus und hinterließ ein handlungsunfähiges Unternehmen.
Besonders der Umstand, dass die prekäre Lage des Systemhauses den Firmengründer und Vorstand Wagner offenbar nicht davon abgehalten hat, sich seine Dienste bis zuletzt üppig entlohnen zu lassen, erzürnt die Belegschaft. Gut unterrichtete Firmenkreise sprechen von 300.000 Euro, die Wagner seit Juli 2004 bis zu seinem Ausscheiden im vergangenen Monat als Vorstand der »neuen« Ibex zugeflossen sein sollen.
So reibungslos der Übergang von der insolventen Ibex AG auf die Ibex Systems AG formal auch zustande gebracht worden war, die Altlasten müssen dem Vertrieb der Nachfolgegesellschaft doch sehr zugesetzt haben. Denn einige Kunden fühlten sich damals offenbar düpiert und dürften der »neuen« Ibex kaum Vertrauen geschenkt haben. Zumindest ein Kunde der vormaligen Ibex AG sieht sich heute als geprellter Gläubiger, der unvorsichtigerweise Vorauszahlungen geleistet hatte, ohne die entsprechenden Leistungen jemals erhalten zu haben. Er erstattete vor wenigen Tagen Strafanzeige gegen die vormals unter Firmengründer Dieter Wagner geleitete Ibex AG. Die Staatsanwaltschaft Augsburg bestätigte gegenüber CRN, dass in dieser Sache ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.
Kommentar
Die Systemhaus-Branche in Deutschland ist um eine traurige Kuriosität reicher: Ein Aufsichtsratsvorsitzender will, kann aber mangels »personeller Masse«, sprich Vorstand, keinen Insolvenzantrag stellen. Um die Gründe der erneuten Krise der Ibex aufzudecken, muss man wohl in die Vergangenheit blicken. Hat Dieter Wagner bei der Insolvenz der »alten« Ibex mit richtigen Karten, also korrekten Bilanzen, gespielt, um Investor Izadi einen Einstieg in die »neue« Ibex schmackhaft zu machen? Sind Vorauszahlungen von Kunden von der »alten« Ibex gefordert worden und auch geflossen, obwohl eine Insolvenz zu diesem Zeitpunkt absehbar war? Eine Frage, die nun den Staatsanwalt interessiert. Eines steht schon jetzt fest: Firmengründer Wagner hatte nicht den Mut, als einziger mit Prokura ausgestatteter Vorstand die Verantwortung für die Ibex Systems AG zu übernehmen. Damit hat er sowohl den Mitarbeitern als auch seinem Ruf in der Branche geschadet.
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