Im Spannungsfeld Ost-West
China und die USA: Zwischen den zwei Großmächten verhärten sich die wirtschaftlichen Fronten – Deutschland kann hingegen von beiden Ländern profitieren.

Die Tage des explosionsartigen Wachstums in China sind gezählt. Erreichte die Volksrepublik noch vor einigen Jahren einen BIP-Zuwachs von mehr als 14 Prozent, soll sich die Weltmacht aus Fernost heuer noch auf sieben bis acht Prozent kämpfen. Was allerdings als Abglanz des Aufschwungs der vergangenen Jahre im globalen Bewusstsein verankert bleibt, ist ein stetig wachsendes Vertrauen in den vermeintlichen Gegenspieler der westlichen Welt.
Denn 25 Jahre nach dem Fall der Mauer und der Durchdringung des eisernen Vorhangs verflüchtigt sich zusehends das Schreckgespenst des totalitären Kommunismus aus den Köpfen junger Europäer und macht Platz für eine kosmopolitische und global-getriebene Wirtschaft. »Die Jüngeren haben aufgrund häufigerer persönlicher Erfahrungen und Berührungspunkte weniger Sorgen vor der fremden Kultur sowie einer möglichen wirtschaftlichen Bedrohung für Deutschland«, erklärt Olaf Reus, Mitglied der Geschäftsleitung, Huawei Deutschland, im Zuge einer jüngst vorgelegten Studie des chinesischen ITK-Schwergewichts.
Laut der Umfrage erachten 84 Prozent der Deutschen die wirtschaftliche Beziehung zu China als ebenso wichtig oder wichtiger als die Zusammenarbeit mit den USA. Und während in den älteren Generationen jeder Zweite Bedenken über die wirtschaftliche Macht Chinas anmeldet, ist es unter den jüngeren Deutschen nur noch rund jeder Dritte. Am Horizont zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab.
Gleichzeitig zeigt die von Huawei beauftragte Studie des German Institute of Global and Area Studies, dass China in Deutschland noch einen weiten Weg vor sich hat. Lediglich 24 Prozent der Bundesbürger haben ein positives Bild des autoritär gelenkten Staates, während den USA trotz aller Spitzeleien noch 47 Prozent der Deutschen ihr Wohlwollen entgegenbringen. Von einem revolutionären Umbruch kann also kaum die Rede sein.
Dennoch hinterließ die NSA-Affäre nicht nur in der Politik ihre Kratzspuren. Auch in der Wirtschaft hat sich ein Graben aufgetan, wie Streitigkeiten von deutschen und amerikanischen Unternehmen innerhalb des Bitkom jüngst beweisen: »Zeitweise stand der Verband vor einer echten Zerreißprobe«, zitiert die Wirtschaftswoche einen Insider des Branchenverbands. Die anhaltenden Uneinigkeiten bezüglich des Datenschutzes mit dem »Land of the Free« rücken zwar die chinesischen Hersteller nicht zwangsläufig in ein anderes Licht, dennoch setzt sich verstärkt ein grundlegender Gedanke durch: Da sowieso jedes Land munter Spionage an allen Fronten betreibt, ist mittlerweile jeder Handelspartner so gut wie der andere. Allein Technik und Preis zählen.
Die USA treiben hingegen die wirtschaftliche und technische Abgrenzung gegen China voran und sollen laut dem Wall Street Journal Südkorea dazu gedrängt haben, auf Huawei-Produkte im Kommunikationssektor zu verzichten. Für Deutschland könnte das Land mit den knapp 1,4 Milliarden Einwohnern hingegen einen attraktiven Handelspartner darstellen. Viele chinesische Unternehmen investieren verstärkt in den hiesigen Markt. Und auch deutsche Firmen bietet sich eine enorme Chance in Fernost. Immerhin schätzen 67 Prozent der Chinesen die Bundesrepublik. Sogar 71 Prozent der Bevölkerung erwarten sich von deutschen Investitionen positive Auswirkungen auf den chinesischen Arbeitsmarkt.