Infor macht den Großen Konkurrenz: Mit der Übernahme von SSA steigt Infor zum weltweit drittgrößten Anbieter von ERP-Software auf.Dadur ch verspricht sich die Firma »mehr Gewicht« im Wettbewerb mit Branchengrößen wie SAP und Oracle.Noch ungewiss ist die Zukunft des SSAChannels. Infor vertreibt bislang vor allem direkt.
Im ERP-Markt entsteht ein neues Schwergewicht: Infor Global Solutions kauft den Rivalen SSA Global. Durch die siebzehnte Übernahme in der noch jungen Firmengeschichte steigt das USUnternehmen nach eigenen Angaben zum weltweit drittgrößten Anbieter von ERP-Software auf. Das Management stellt für 2006 einen Umsatz von 1,6 Milliarden Dollar in Aussicht. In Deutschland hat sich Infor mit einem Umsatz von 208 Millionen Euro (2004) laut der Marktforschungsfirma Lünendonk als viertgrößter Software-Anbieter hinter Microsoft, SAP und Oracle etabliert.
Ende 2003 kauften die Amerikaner nicht nur den deutschen Hersteller Infor, sondern eigneten sich auch dessen Namen an. Bis dahin firmierte das 2002 gegründete Unternehmen, hinter dem die Investmentfirma Golden Gate Capital steht, unter »Agilisys «. Mit dem aktuellen Deal übernimmt Infor eine annähernd gleich große Firma, die bislang eine ähnliche Strategie verfolgte. SSA kommt seit 2001 auf immerhin elf Akquisitionen. 2003 schluckte das US-Unternehmen den ERP-Spezialisten Baan.
Es zählen Größe und Gewicht
Durch die aggressive Akquisitionsstrategie versucht Infor die kritische Größe zu erreichen, die nötig ist, um sich langfristig gegen die Schwergewichte der Branche zu behaupten. In einem sich konsolidierenden Markt »zählen Größe und Gewicht«, betonen Infor-Manager. Software- Riesen wie SAP, Oracle und Microsoft drängen seit einigen Jahren mit ihren ERP-Lösungen verstärkt in den mittelständischen Markt, aus dem die Kunden der von Infor und SSA übernommenen Firmen traditionell stammen. Allerdings ist Weltmarktführer SAP im Mittelstand weit davon entfernt, eine ebenso dominierende Rolle zu spielen wie im Großkundensegment.
Durch Zukäufe von vertikalen Unternehmenslösungen hat sich Infor als Spezialist für die Fertigungsindustrie und den Großhandel positioniert. Eine anorganische Geschäftspolitik, die laut Christian Glas, Senior-Berater bei Pierre Audoin Consultants (PAC), aber durchaus viel versprechend ist. Denn in seiner Produktstrategie gehe das Unternehmen eher behutsam vor. »Natürlich werden einige Prozesse gestrafft.« Im Großen und Ganzen führe der Konzern die einzelnen Unternehmen und deren Produktlinien aber recht unabhängig voneinander weiter, erläutert der Analyst. Denn Kunden sollen nicht vergrault werden. Genau das könnte allerdings im Fall von SSA passieren. Denn der deutsche Kundenstamm besteht hauptsächlich aus ehemaligen Baan-Kunden, die bereits eine turbulente Zeit hinter sich haben. Der niederländische Anbieter, der im Jahr 2000 kurz vor dem Aus stand, wurde nacheinander gleich mehrmals übernommen. Erst SSA war es offenbar gelungen, Ruhe ins Geschäft zu bringen.
Entsprechend skeptisch reagieren jetzt einige SSA-Partner. »Natürlich sind wir erst einmal unsicher und enttäuscht«, berichtet Georg Best, Vertriebsbeauftragter bei EDS Midmarket Solutions. »Im Zeitalter der Konsolidierung mussten unsere Kunden schon einiges mitmachen.« Best betont allerdings, dass sein Unternehmen trotz der wechselvollen Vergangenheit bislang keinen einzigen Baan-Kunden verloren habe. Sowohl Infor als auch SSA verfolgten nach Übernahmen die Strategie, große Produktlinien weiter zu entwickeln und Support dafür anzubieten. Infor beispielsweise investiert jährlich 18 Prozent des Umsatzes in die Entwicklung. Daher versprechen sich einige Partner von dem Merger vor allem eine höhere Investitionssicherheit für die Kunden. »Um den Fortbestand der Lösungen machen wir uns keine Sorgen«, sagt Ali Talib, Vertriebsbeauftragter bei Azteka Consulting. Die Produkt-Roadmap stehe. »Daher sehen wir die Übernahme durch Infor für unsere Bestandskunden nicht kritisch. « Talib ist überzeugt, das Geschäft mit den SSA-Lösungen werde weiter wachsen.
Allerdings spielte der Channel- Vertrieb bei Infor in der Vergangenheit so gut wie keine Rolle. Zur Zukunft der SSA-Partner äußert sich der Anbieter bislang nur vage. »Natürlich sind wir ein vorwiegend direkt vertreibendes Unternehmen«, räumt Wolfgang Kobek, Geschäftsführer von Infor Deutschland, ein. Die Strukturen seien historisch gewachsen. »Das heißt aber nicht, dass wir etwas gegen indirekten Vertrieb hätten. Im Gegenteil.« Mittlerweile verfügt Infor dank der Übernahmen sogar über »ein beachtliches Partnernetz «, wie der Manager ausführt. Denn in einigen Fällen hat der Anbieter den Vertriebskanal der zugekauften Firmen beibehalten. So bei Mapics: Das Unternehmen mit Jahreserlösen von 170 Millionen Dollar brachte bei der Übernahme im April 2005 einen Channel mit, der mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes beisteuerte. Eine Perspektive für die SSA-Partner? Festlegen will sich Infor-Chef Kobek zwar noch nicht: »Grundsätzlich sehe ich aber keinen Grund, ein erfolgreiches Vertriebsmodell umzustellen.«
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