IT-Lösungen für den Mittelstand: Wie viel ERP braucht ein Schreiner?

20. Oktober 2005, 0:00 Uhr | Martin Fryba

IT-Lösungen für den Mittelstand: Wie viel ERP braucht ein Schreiner?. Die Systems profiliert sich zunehmend als Messe für den Mittelstand. Das Konzept, als Dolmetscher zwischen Anbieter und dem Mittelstand zu fungieren und IT-Lösungen hautnah erlebbar zu machen, soll IT-Entscheidern Orientierung geben. Die haben aber oft genug auch IT-Hersteller nötig.

IT-Lösungen für den Mittelstand: Wie viel ERP braucht ein Schreiner?

Ein Schreinerbetrieb braucht sicher keine komplexe SAP-Lösung, doch was solchen kleinen, aber auch größeren mittelständischen Betrieben oft fehlt, seien es nun Handwerker oder produzierende Gewerbeunternehmen, ist selbst einfache Software für das Rechnungswesen, Buchhaltung oder Produktionsunterstützung. Auf den ersten Blick scheint das Motto der diesjährigen Systems abwegig. Doch wenn Peter Dewald, Geschäftsführer von Softwarehersteller Sage, berichtet, dass das klassische Excel-Sheet im deutschen Mittelstand nach wie vor das wohl meist- genutzte Dokument sei, wenn Kalkulationen oder Lagerbestände zu erstellen sind, dann hat die Systems mit der Frage »Wieviel ERP braucht ein Schreiner?« ins Schwarze getroffen.

Mit ein Grund, warum die Stütze der deutschen Wirtschaft, der Mittelstand, sich bislang in großer Zahl gegen moderne IT-Lösungen sperrt, ist nicht nur eine grundsätzlich zögerliche Investitionsbereitschaft. Oft genug mussten viele Unternehmen nämlich feststellen, dass sie etwas bestellt haben, was sie gar nicht brauchen, weiß der Konditor Eugen Ritter aus eigener schmerzvoller Erfahrung mit IT zu berichten. »Vielen IT-Firmen mangelt es am Verständnis für die Geschäftsabläufe der Anwender. Sie sprechen nicht die Sprache des Mittelstands«, kritisiert der Schokoladenunternehmer, der sich mit dem Bedrucken der süßen Tafeln mit individuellen Motiven selbstständig machte. »Ich habe für die Kommunikationsfehler teuer bezahlt«, schiebt er nach. Von den 60.000 Euro, die Ritter in Hard- und Software investierte, waren »ein Drittel davon Lehrgeld«. Dabei kann man dem Unternehmer aus Nürnberg keinen Mangel an Verständnis für IT absprechen, immerhin hat er nach seiner Lehre ein Wirtschaftsstudium nachgeschoben.

So wundert es nicht, dass die Münchner Messemacher ihren bereits seit Jahren auf mittelständische Unternehmen ausgerichteten Fokus in diesem Jahr nochmals geschärft haben. Die Leistungsschau und das Rahmenprogramm wurden um praxisrelevante Elemente ergänzt. Der Besuch der Systems soll sich für den Mittelstand wirklich lohnen. Und nicht nur das: Auch Softwarehersteller, Systemhäuser und IT-Dienstleister tun gut daran, ihren Vertrieblern und Beratern die Möglichkeit zu geben, die Nöte und Sorgen der Kunden aus erster Hand kennen zu lernen.

Babylonisches Sprachgewirr verboten

Die angesprochenen Kommunikationsprobleme sind denn auch ein Grund, warum Messe-Chef Klaus Dietrich die Systems als Vermittler sieht: »Wir wollen der Dolmetscher zwischen Anbieter und Nutzer sein.« Deshalb hat er im Vorfeld der Messe gezielt Kooperationen mit Wirtschaftsverbänden wie der IHK und dem Münchner Unternehmerkreis IT gesucht. Besonders das Mittelstandsforum (Halle A3), besetzt mit Persönlichkeiten aus dem Mittelstand und einigen IT-Anbietern, soll hier den oft überforderten Anwender Orientierung verschaffen. Eine reine Produktpräsentation von Anbieterseite soll es laut Dietrich nicht geben: »Wir haben bei den Vorträgen darauf geachtet, dass stets ein Bezug zur Praxis hergestellt ist.« So berichten über 20 Geschäftsführer und Inhaber ? unter anderem Max Hugendubel (IT-Services für eine Buchhandlung), ADAC-Geschäftsleiter Stefan Weßling (Straßenwacht mit PC) oder Eduard Kastner vom Medienhaus Kastner (Content Management System) ? von ihren Erfahrungen mit IT-Lösungen und den Nutzen, die sie daraus ziehen. Aber auch Themen zu Finanzierung, Unternehmensführung oder Kommunikation werden in Vorträgen und Diskussionen behandelt. »Kaufmännische Entscheider und Firmenchefs finden hier ihr Forum mit Geschäftspartnern auf gleicher Augenhöhe, die ihre Sprache sprechen«, hofft Dietrich.

Die ERP-Schumacher

Einer Premiere in Sachen Leistungsschau können Besucher in der ERP/CRM-Area (Halle A1) beiwohnen. Erstmals gehen hier die ERP-Hersteller ins Rennen. Eine »Formel IT« stellt ihre Software nämlich auf den Prüfstand. Die Leistungsfähigkeit bei Standard-Aufgaben wie Einkauf, Produktion und Vertrieb wird in drei Klassen unter Beweis gestellt: S-Klasse für Small-Business, M-Klasse für Mittelstand und XL-Klasse für große internationale Unternehmen. Wer für den Boxenstopp am meisten Zeit benötigt, kann live vor Ort erlebt werden.

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IT-Firmen zeigen Lösungen in der »Musterfirma«

Ähnlich wie Gäste im Deutschen Museum können Fachbesucher auf der Systems auch in diesem Jahr IT-Lösungen anfassen und ausprobieren. In der Musterfirma (www.musterfirma-itberatung.de) in Halle B2 wird das Zusammenspiel von Hard- und Software erlebbar. Nach dem Motto »Gemeinsam für bessere IT-Beratung« stehen hinter diesem Konzept über 60 Hersteller, zertifizierte Fachhändler und Distributoren, die branchenübergreifende Fragestellungen aufgreifen und Lösungen zeigen, wie beispielsweise die Anbindung von Außenstellen, die Einsparung von Administrationskosten, die Senkung der Anschaffungskosten durch Hardwarekonsolidierung, die Erhöhung der Daten- und Netzwerksicherheit oder innovative Speicherung und Archivierung der gesamten Unternehmensdaten. Die Sonderschau, die bereits 2003 und 2004 regen Zulauf erhielt, dürfte auch in diesem Jahr erneut gut ankommen. Jeweils um 11 Uhr und 14 Uhr werden die Partnerunternehmen interessierte Besucher durch die Musterfirma führen und Lösungen beispielsweise für Rechtsanwälte, Hotel und Gastronomie, Ärzte sowie Handel und Handwerk demonstrieren.

Orientierung geben ist für Messechef Klaus Dietrich überhaupt ein zentrales Anliegen. Daher werden auch zu anderen Themen wie ERP/PPS oder CRM (Halle A1) geführte Rundgänge angeboten (Vorschau und Termine unter www.trovarit.com/erparea/). »Das ist in der Vergangenheit sehr gut angekommen«, so der Messemanager.


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