Jahresrückblick: Netzkonvergenz ist keine Utopie mehr. Schon Ende der Neunziger sollte Voice over IP zum Markterfolg werden. Die Einführung scheiterte damals an der noch mangelhaften Technik und rapide sinkenden Festnetztarifen, die das Argument der Gebühreneinsparung zunichte machten.
Während der Umstieg zur IP-Telefonie in den Folgejahren in einigen großen und mittelständischen Unternehmen erfolgte ? wenn auch dort nur halbherzig ?, konnten sich etablierte Hersteller wie Siemens entspannt zurücklehnen. »Eine Revolution gab es nicht und wird es auch nicht mehr geben«, kommentierte noch in diesem Jahr der Partnervertriebschef Erol Kirilmaz das Thema IP-Telefonie.
Und tatsächlich: Im Bereich der Unternehmenskunden herrscht noch immer Zurückhaltung beim Thema VoIP. »Man muss Unternehmen plausibel machen, wie sie durch die Einführung einer neuen Technologie eine klare Kostenreduzierung erzielen und ihre Effizienz steigern können«, erläuterte erst kürzlich Gustav Lampe, Chef von Philips Business Communications, im Gespräch mit CRN die nach wie vor bestehende Diskrepanz im Geschäftskundensegment. Systemhäuser, die hier keine handfesten Argumente auf den Verhandlungstisch bringen, werden wohl auch in den nächsten Jahren keine großen Erfolge mit VoIP feiern können.
Trotzdem gelang VoIP im Jahr 2004 der Durchbruch ? mit völlig anderen Playern, als viele Marktbeobachter erwartet hatten. Zum Einstieg in den Massenmarkt verhalfen Provider wie Sipgate, Freenet, Web.de oder 1 & 1, die neben DSL-Anschlüssen nun auch Gratis-Telefonate oder besonders günstige Minutentarife vermarkten. Ausgerechnet im Consumerbereich, wo schon lange niemand mehr mit VoIP rechnete, sorgte der noch immer weit verbreitete Sparwahn für spürbare Nachfrage. Hardware-seitig waren auf einmal bis dato unbekannte Telefon-Hersteller wie Grandstream in aller Munde. Ein altbekannter Branchenprimus konnte ebenfalls kräftig profitieren: Die Berliner AVM brachte mit der »Fritz Box Fon« das richtige Produkt zur rechten Zeit auf den Markt.
Am Fachhandel und kleineren Systemhäusern ging der Run auf VoIP jedoch noch weitgehend vorbei, denn die Mehrzahl der DSL- und damit VoIP-Anschlüsse verkauften die Carrier direkt per Websales. Das wird sich 2005 mit hoher Wahrscheinlichkeit ändern: Als einer der wichtigsten Hardwareanbieter feilt AVM bereits seit geraumer Zeit an einer Vermarktungslösung der Fon-Box für den Fachhandel. Da die Berliner einen Großteil ihres Geschäfts indirekt abwickeln, wird es sich das Unternehmen auf Dauer nicht erlauben, den Fachhandel hier außen vor zu lassen.
Ein weiteres »Hilfsmittel« für Reseller: Nach den »Early Adaptors« werden immer mehr VoIP-Interessenten hinzukommen, denen die im Internet angebotenen Informationen nicht ausreichen. Gerade bei Freiberuflern und KMU können Händler, denen auch nahe liegende Themen wie Router und WLAN vertraut sind, im neuen Jahr mit wachsender Marktdynamik rechnen. Altbekannte TK-Anbieter wie Auerswald, DeTeWe, Elmeg, Siemens ? aber auch asiatische Routerhersteller von Billion bis Zyxel ? werden mit passenden Lösungen für diese Bereiche aufwarten. Mit noch stärkerer Dynamik und kräftigen Verschiebungen können Hersteller und Handel spätestens dann rechnen, wenn die Regulierungsbehörde die Vermarktung entbündelter Telefon- und Internetanschlüsse frei gibt.