Kommunikation (fast) ohne Grenzen
Breezemax-3500 – Wimax verspricht die Lösung aller Versorgungsprobleme mit Breitbandanschlüssen. Wie leistungsfähig eine solche Lösung für den drahtlosen DSL-Ersatz heute schon ist, haben wir in unseren Real-World Labs untersucht.




Bandbreiten bis über 100 MBit/s und Reichweiten bis rund 50 km sind Werte, die zumindest auf dem Papier bisherige Netzwerktechniken von DSL über WLAN bis zu UMTS in den Schatten stellen. Insbesondere in Bereichen, in denen die Netzbetreiber aus Rentabilitätsgründen keine Breitbandtechniken wie DSL zur Verfügung stellen, kann Wimax seine Vorteile voll ausspielen. Erste Erfahrungen in Pilotprojekten beispielsweise in Deutschland oder Skandinavien verlaufen durchaus erfolgversprechend.
Die Technik
»Worldwide Interoperability for Microwave Access« oder kurz Wimax ist eine relativ neue Technologie für regionale Funknetze und basiert auf den Definitionen der IEEE 802.16-Standard-Familie. Über die Wahrung der IEEE-Standards wacht das Wimax-Forum (www.wimaxforum. org), eine Initiative von über 350 Herstellern, darunter Alcatel, Cisco, Ericsson, Nokia, Nortel, Huawei, Lucent und Netgear. Zu diesem Zweck untersucht das Wimax-Forum auch in Frage kommende Produkte und stellt entsprechende Zertifikate aus.
Da es sich bei Wimax ähnlich wie bei Wireless-LAN um ein Shared-Medium handelt, müssen sich die im Sende-Empfangsbereich befindlichen Systeme die zur Verfügung stehende Bandbreite teilen. Weitere wichtige Voraussetzung ist – wie bei anderen kurzwelligen Funktechnologien auch – eine Quasi-Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger. Damit Wimax-Netze auch die Anforderungen der modernen konvergenten Netze erfüllen, haben die Entwickler dieser Technologie ähnlich wie beim Ethernet Quality-of-Service-Mechanismen vorgesehen. Diese sollen die bevorzugte Behandlung beispielsweise von Sprachdatenpaketen erlauben und so die weitgehend störungsfreie Übermittlung echtzeitfähiger Applikationen möglich machen. Wie gut erste Produkte die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, sollte ein Pilottest in unseren Real-World Labs an der FH Stralsund ermitteln. Zu diesem Zweck haben wir eine »Breezemax 3500 Micro Base Station« und eine dazu gehörige Teilnehmer-Einheit des Herstellers Alvarion messtechnisch unter die Lupe genommen.
Die Wimax-Basis-Station unterstützt von der Papierform praktisch alle erforderlichen Standards und Protokolle. 10/100/1000BaseT- sowie E1/T1-Schnittstellen sorgen für die notwendige Verbindung in leitungsbasierte Netze. Und für die Umsetzung der erforderlichen Quality-of-Service sollen wie beim guten alten Ethernet Layer-2-Priorisierung nach IEEE 802.1p und Layer-3-Priorisierung mittels Diffserv-Code-Points-DSCP sorgen. An QoS-Stufen bietet das System »Best Effort«, »Non-Real-Time«, »Real-Time« sowie »Continuous Grant«. Als mögliche Bandbreite stellt das Datenblatt bis zu 10 MBit/s pro Teilnehmer in Aussicht.
Die Wimax-Strecke im Test
Um die Durchsatzleistungen der mittels Wimax-Basis-Station Breezemax-3500 und der »Customer Premises Equipment«-Gegenstelle, kurz CPE-Outdoor-Equipment, aufgebauten Wimax-Funkverbindung näher untersuchen zu können haben wir die gesamte Teststrecke mit unseren Lastgeneratoren und -Analysatoren vom Typ »Smartbits 6000C« sowie »600B« in einer Zangenmessung untersucht. Die Lastgeneratoren haben uni- wie bidirektionale Datenströme erzeugt und die vom Wimax-Testaufbau weiter geleiteten Datenströme analysiert. In einem ersten Funktionstest haben wir das System im Best-Effort-Modus konfiguriert und bidirektional Datenströme erzeugt, die aus 128-Byte-Frames bestanden. Schrittweise haben wir beginnend mit einer Eingangslast von 1 MBit/s die Last in 1-MBit/s-Schritten bis auf 15 MBit/s erhöht. Bei 5 MBit/s Eingangslast waren dann bereits deutliche Datenverluste von gut 22 Prozent zu verzeichnen. Bei zunehmender Last stiegen dann auch die Datenverluste kontinuierlich an, so dass bei einer Eingangslast von 15 MBit/s eine Verlustrate von gut 74 Prozent zu verzeichnen war. Die verfügbare Bandbreite stagnierte also bei rund 4 MBit/s.
Für unseren ersten Test mit Datenpriorisierung haben wir dann mit Layer-2-Priorisierung und 128-Byte-Frames gearbeitet. VLAN 0 sollten zeitunkritische gewöhnliche Anwendungsdaten sein. VLAN 7 sollte zeitkritischen Telefoniedaten die ungehinderte Vorfahrt garantieren. Für die gesamte Messung betrug der Datenstrom in VLAN 7 1 MBit/s. Die Bandbreite in der niedrigen Priorität betrug im ersten Schritt gleichfalls 1 MBit/s und stieg dann wieder in 1-MBit/s-Schritten bis auf 14 MBit/s an. Bis zu einer Gesamteingangslast von 11 MBit/s konnten wir keine nennenswerten Datenverluste verzeichnen. Bei 12 MBit/s Last konnten wir dann gut 8 Prozent Datenverlust in der niedrigen Priorität feststellen. Diese Verluste stiegen bei weiter steigender Last erwartungsgemäß bis auf rund 30 Prozent an. Allerdings mussten wir bei 13 MBit/s Last in der niedrigen Priorität dann auch eine Verlustrate von rund fünf Prozent und bei maximaler Last sogar von rund 13 Prozent feststellen. Hier führt also eine steigende Überlast in der niedrigen Priorität zu zunehmenden Datenverlusten in der hohen Priorität, obwohl dort die Last konstant bei einem MBit/s blieb. Nach diesen Vormessungen haben wir dann zwei Testreihen mit Layer-2- und Layer-3-Priorisierung durchgeführt. Dabei haben wir jeweils im bidirektionalen Betrieb je Senderichtung einen hoch und einen niedrig priorisierten Datenstrom generiert. Die Datenströme setzten sich nacheinander aus Frames von 64, 128, 256, 512, 1024 und 1518 Byte Größe zusammen. Die Last in der hohen Priorität betrug durchgängig 1 MBit/s. In der niedrigen Priorität haben wir wieder mit einer Last von 1 MBit/s begonnen und diese dann in 1-MBit/s-Schritten bis auf 15 MBit/s erhöht.
Zunächst haben wir diese Messreihe mit Layer-2- und dann mit Layer-3-Priorisierung durchgeführt. Bei der ersten Messung betrug die wie eben beschrieben erzeugte Last in Up- und Downstream je 4 MBit/s. Hier waren bei beiden Priorisierungen noch keine nennenswerten Datenverluste zu verzeichnen. Größere Datenverluste stellten wir bei den Messungen mit einer Gesamtlast von 10 MBit/s fest. Da diese Gesamtlast der Nennleistung des Systems entspricht, sollten unter ansonsten günstigen Umständen hier eigentlich noch keine nennenswerten Datenverluste zu verzeichnen sein. Da aber nur zwischen rund sechs und gut acht MBit/s an kumuliertem Datendurchsatz erreichbar waren, kam es schon hier zu entsprechenden Datenverlusten. Verwendeten wir 64 Byte kleine Frames, gingen auf der Teststrecke im Upstream auch gut 30 Prozent mit Layer-2-Priorisierung und 34 Prozent mit Layer-3-Priorisierung verloren. Bei dem zweitgrößten Frame-Format konnten wir erst bei noch höheren Gesamtlasten Datenverluste feststellen. Ab 256 Byte Frame-Größe blieben dann die Datenströme der hohen Priorität bei unseren Messungen sowohl im Uplink als auch im Downlink von Verlusten verschont. Als Gesamtdurchsatz waren bei diesen Messungen unabhängig von der Eingangslast insgesamt maximale Bandbreiten von rund 6 MBit/s bei den Messungen mit den kleinsten Frames und um die 8 MBit/s bei den übrigen Frame-Formaten festzustellen.
Fazit
Unter dem Strich hat die Datenpriorisierung sowohl auf Layer-2 als auch auf Layer-3 in unserem Wimax-Versuchsnetz durchaus effektiv gearbeitet. Entsprechend priorisierte IP-Telefoniedaten wären wie gewünscht bevorzugt transportiert worden, die übertragenen Telefongespräche hätten weitgehend störungsfrei stattfinden können. Eine deutliche Schwäche zeigt die Alvarion-Lösung bei der Verarbeitung der 64 Byte kleinen Frames. Hier gingen die erzielbaren Durchsatzraten deutlich zurück und es gingen auch hoch priorisierte Daten verloren. Dabei erwies sich die Teilnehmer-Einheit als noch etwas weniger performant als die Wimax-Basis-Station. Hier zeigen sich offensichtlich die Grenzen der jeweiligen Hardware.
Allerdings gilt es festzuhalten, dass die erzielbaren Durchsätze trotz optimaler Rahmenbedingungen hinter den Erwartungen zurück blieben. Hinzu kommt die Eigenschaft von Funknetzen wie WLAN oder Wimax, dass sich die in einem Segment befindlichen Geräte die Gesamtbandbreite teilen müssen. Von daher sind weitere Performance-Einbußen zu erwarten. Neben einer möglichst optimalen Planung und Einrichtung eines Wimax-Netzwerks empfiehlt es sich daher, bereits am Übergang zum Funknetz die Zugänge mittels Bandbreitenmanagement und Priorisierung die Datenströme intelligent zu managen.
Dipl.-Ing. Thomas Rottenau, Karsten Schmeling, Prof. Dr. Bernhard G.Stütz,
dg@networkcomputing.de