Mobile Lösungen: Individuelle Projekte mit Augenmaß

10. Februar 2005, 0:00 Uhr |

Mobile Lösungen: Individuelle Projekte mit Augenmaß. Mobility ist ein Zukunftstrend. Kunden verlangen immer häufiger, ihre ERP- und CRM-Lösungen von mobilen Endgeräten aus ansprechen zu können. Dabei wird der PDA immer interessanter. Ein lohnenswertes Segment für Fachhändler. Allerdings sind Standardprojekte in diesem Bereich eher selten. Es gilt, die individuelle Bedarfssituation mit viel Fingerspitzengefühl herauszufinden.

Mobile Lösungen: Individuelle Projekte mit Augenmaß

In den Händen eines Mitarbeiters, der zwei Meter groß ist, Hände wie Bratpfannen hat, verliert sich ein PDA nahezu vollständig. Reicht man diesem Mitarbeiter dann die Haarnadel vom PDA-Stift und erklärt, dass damit ganze Texte eingeben werden sollen, ist durchaus verständlich, dass die Entscheidung für das mobile Endgerät »Notebook« fallen wird. Soweit eine tatsächlich erlebte Anekdote aus dem Projektgeschäft von Steeb, hundertprozentige Tochter der SAP.

Außer derlei anatomischen Aspekten gibt es allerdings noch zahlreiche andere Kriterien bei der Entscheidung »Mobiles Endgerät ? PDA oder Notebook?«

»Jede Lösung hat ihre Berechtigung ? aber nicht alles macht Sinn«, fasst es Stephan Gemm, Beratungsleiter CRM, SRM und Portale bei Steeb, kurz zusammen. Zwar sind PDA-Displays klein, die Tastatur ist im Vergleich zum Notebook wenig komfortabel und der Speicherplatz begrenzt. Dafür ist ein PDA unauffälliger und blockiert nicht ? wie ein Notebook ? den Kontakt zwischen Außendienstmitarbeiter und Kunden. Außerdem sind die Daten auf dem PDA schnell verfügbar, da nicht erst lange gebootet werden muss. »Wichtigstes Entscheidungskriterium ist, wie viele Informationen ein Anwender vor Ort benötigt«, erklärt Gemm.

Während Außendienstmitarbeiter sich teilweise mit Telefonnummer, Kontaktdaten und kurzer Kundenhistorie zufrieden geben, benötigen Servicetechniker eine hohe Menge technischer Daten oder spezielle Software und greifen lieber auf ein Notebook zu.
Grundsätzlich aber ist ein Trend zum PDA zu beobachten. Thomas Feix, Inhaber des österreichischen Unternehmens Solution&Trade und unter anderem Softengine-Partner, ist sogar der Überzeugung, dass PDAs das Thema Mobility erst wirklich ermöglicht haben: »Es gibt einen großen Unterschied zwischen einfach nur wireless und wirklich mobil. Und PDAs machen Nutzer wirklich mobil«, so Feix.

Die mobile Software hat mitgezogen: Lösungen, die bisher nur auf dem Laptop verfügbar waren, sind jetzt auch für Handheld und Co erhältlich. So wird beispielsweise die CRM-Lösung »Saleslogix« von Sage zur Cebit für Pocket PC (basierend auf Microsoft CE) verfügbar sein. »Noch liegt der PDA zwar ein wenig im Hintertreffen und wird den Laptop auch nie ganz verdrängen. Aber wir sehen eine deutliche Entwicklung hin zu PDAs«, beobachtet Oliver Henrich, Bereichsleiter CRM bei Sage.

Zu diesem Trend trägt auch bei, dass PDAs für Inhouse-Lösungen, beispielsweise im Lager, immer interessanter werden. Ein solches Projekt hat Steeb bei Intersport realisiert. Dort sind alle Gabelstapler mit Touchpad ausgestattet und mit dem SAP-Backend R/3 verbunden. Über eine Funkkarte werden Aufträge auf das Pad geschickt. Auf zwei Tasten gibt der Fahrer ein, welche Ware vorhanden ist und was fehlt. Per Mausklick wird ein Vorgang beendet und der nächste geschickt. So ist auch gleich im System verfügbar, welche Ware neu bestellt werden muss.

Selbst wenn die Auswahl dann auf ein PDA gefallen ist, sind weitere Entscheidungen gefragt. Schließlich gibt es verschiedene Varianten und Betriebssysteme: Blackberry, Pocket PC, Palm, um nur einige zu nennen. Um das am besten geeignete Gerät herauszufiltern, muss der Anwender ausprobieren. Godelef Kühl, Gründer und Vorstand des ERP-Anbieters Godesys, empfiehlt deshalb: »Um Mobility-Projekte erfolgreich abwickeln zu können, ist eine Testphase mit dem gewählten Endgerät unabdingbar. Die Hardware sollte erst angeschafft werden, wenn Gewissheit darüber besteht, dass alle Funktionen und Schnittstellen auf einem Gerät einwandfrei miteinander harmonieren.«

Mobil? Ja! Standard? Eher nicht!

Unabhängig vom Endgerät sind sich alle Experten in Sachen Mobility einig, dass das Thema zu den absoluten Wachstumssegmenten gehört. Einer Studie des Marktforschungsunternehmens Meta Group vom April 2004 zufolge wird der Markt für mobile Lösungen und Services in Deutschland zwischen 2003 und 2005 um durchschnittliche 15 Prozent jährlich wachsen. Die Anzahl der deutschen Unternehmen, die 2005/2006 mobile Lösungen einsetzen, wird nach Meinung der Analysten auf über 60 Prozent ansteigen ? von 50 Prozent Ende 2003. Damit einher geht ein Anwachsen des Marktvolumens von 2,9 Milliarden Euro 2003 auf 4,4 Milliarden Euro 2006. Derzeit entfallen etwa fünf Prozent des IT-Budgets auf mobile Lösungen und Dienstleistungen.

Branchen, in denen mobile Lösungen besonders häufig eingesetzt werden, sind der Dienstleistungssektor sowie Versorgungs-, Logistik- und TK-Dienstleister, außerdem in der diskreten Fertigung. Der Fokus vieler mobiler Projekte liegt nach wie vor auf dem mobilen Zugriff auf Groupware und E-Mail. Die Einbindung von Portalen und Business-Intelligence beziehungsweise Data-Warehouse-Systemen nimmt nach Planungen der durch die Meta Group befragten Unternehmen künftig deutlich zu. Typische funktionelle Ausgangspunkte für die Entwicklung mobiler Lösungen sind das persönliche Informationsmanagement, E-Mail, Unternehmensanwendungen wie ERP, CRM, SCM (Supply Chain Management) sowie Management und Security. Von den Lösungen verlangen Anwender laut Meta Group standardisierte Technologien und hohe Flexibilität ? vor allem, was die Einbindung in bestehende Systemlandschaften betrifft.

Diese Forderung läuft allerdings den Erfahrungen von Tobias Philipp, Presales Manager Europa bei der Sybase-Tochter I-Anywhere, komplett entgegen. »Keine Backend-Implementierung ? ob CRM oder ERP ? ähnelt einer zweiten und deshalb kann es im Mobility-Umfeld auch keine Standardprojekte geben.«

Das liegt unter anderem auch daran, dass es sich in diesem Bereich meist um Lösungen für eine bestimmte Branche handelt. Mobile Lösungen werden fast durchweg eher von den Partnern als vom Anbieter selbst entwickelt. Der Hersteller kommt dann ins Spiel, indem er die verschiedenen Lösungen seiner Partner in Katalogen oder Web-Datenbanken sammelt und der wiederum gesamten Partnerlandschaft zur Verfügung stellt. Auf diese Weise können die Fachhändler auf bereits existente Projektergebnisse zurückgreifen und mit dem Entwickler in Verbindung treten (siehe Kasten).

Einen eigenen Weg geht der Middleware-Anbieter I-Anyhwere, der bestehende ERP- und CRM-Lösungen mit den eigenen Produkten mobil macht: Um Kunden trotz der individuellen Projektansprüche nicht mit endlos langen Laufzeiten zu erschrecken, hat I-Anywhere meist schon nach vier Wochen einen Piloten fertig. »Dadurch vermeidet man die ROI-Diskussion mit Kunden, die meist nirgendwohin führt, weil jedes Mobility-Projekt neu ist«, so Philipp. Mit der Middleware »Unwired Accelerator« lassen sich bestehende Webapplikationen in 30 Minuten an die Anforderungen eines PDA anpassen. Um den Kunden zufrieden zu stellen, müssen teilweise auch Aspekte berücksichtigt werden, die ihm selbst nicht bewusst sind. Ein Beispiel nennt Kühl: »Es geht nicht darum, einzelne Funktionen, sondern Prozesse mobil verfügbar zu machen. Schließlich muss ein Servicetechniker neben seinen Aufträgen auch noch Spesen und Arbeitszeiten erfassen. Die funktionalen Trennungen eines ERP-Systems lassen sich also nicht einfach auf ein mobiles Gerät übertragen.« Natürlich muss dabei die Zielgruppe Mittelstand berücksichtigt werden. »Man muss das Augenmaß wahren. Sollen alle Details abgedeckt werden, entstehen schnell überdimensionierte Projekte, was Kosten und Zeit betrifft«, fügt Gemm hinzu. Vor allem mittelständische Kunden bringen Mobility-Projekte schnell mit unkontrollierbar wachsenden Kosten in Verbindung. Dabei sind Berater gefordert, die einem Kunden nicht gleich ein abgeklärtes »Ist doch klar, was sie brauchen, ist CRM« entgegenrufen, sondern den genauen Bedarf des Anwenders ermitteln und dafür eine passende Lösung entwickeln. Ob diese dann in den Bereich ERP, CRM oder Groupware fällt, ist völlig zweitrangig.

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Einstieg in mobile Projekte

Aufgrund der Tatsache, dass mobile Projekte sehr individuell zu handhaben sind, existieren kaum White Paper oder Dokumente zu einem standardisierten Vorgehen im Internet.

Allerdings bieten die Hersteller meist eine Übersicht über ihre Partnerzusatzlösungen im Internet. Dort können Mobility-Neulinge alte Hasen ausfindig machen, die bereits Projekte realisiert haben. Die Kooperation unter Partner unterstützen alle Anbieter gleichermaßen.

»In der Regel bietet es sich aber an, den Partnerbetreuer anzurufen, der vielleicht noch zusätzliche Informationen geben kann«, erklärt Eduard Dell, Produktmanager CRM bei Microsoft Business Solutions. Gleichermaßen gehen Softengine und Godesys vor. Darüber hinaus leisten die Hersteller auch individuelle Unterstützung bei Projekten.

Bei Themen, die für alle Partner interessant werden könnten ? wie beispielsweise bei RFID ? stellt SAP eigene Mitarbeiter aus dem Produktmanagement zur Verfügung, die bei Entwicklungsfragen helfen. Microsoft unterstützt in Sachen Infrastruktur und Änderung der Geschäftsprozesse. Godesys hilft bei ROI-Berechnungen, Auswahl der Endgeräte bis hin zum Entwickeln der Lösung.

Welcher Hersteller und welches Projekt auch immer, der einfachste Schritt für Fachhändler ist, zum Telefon zu greifen und den eigenen Partnerbetreuer anzurufen. Da die Hersteller sich viel Umsatzzuwachs aus dem Mobility-Umfeld versprechen, ist eine Unterstützung garantiert.

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INFO

Godesys
Nikolaus-Kopernikus-Straße 3
D-55129 Mainz

I-Anywhere
Mainzer Landstraße 61
D-60329 Frankfurt

Sage
Berner Straße 23
D-60437 Frankfurt

Steeb
Heilbronner Straße 4
D-74232 Abstatt

SAP
Neurottstraße 16
D-69190 Walldorf

Microsoft
Konrad-Zuse-Straße 1
D-85761 Unterschleißheim


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