Mobilfunk-Markt wieder in Bewegung: Die Luft wird dünner. Der Mobilfunkmarkt ist kräftig in Bewegung. Einerseits ist die Verbraucher-Nachfrage so stark, wie seit Jahren nicht mehr, andererseits verschärfen neue Anbieter und Marken den Konkurrenzdruck. Auch für Fachhändler und Systemhäuser verändert sich dadurch das Geschäft.
Es ist noch nicht lange her, als die Mobilfunkvermarktung nach einem einfachen Strickmuster funktionierte: Der Kunde erhielt für wenige Euro das heiß begehrte, neue Handy, unterzeichnete dafür einen Zweijahres-Vertrag und zahlte durch eigentlich viel zu hohe Gesprächsgebühren sein eigentlich erheblich teureres Mobiltelefon ab. Insgesamt steckte dabei im Mobilfunkgeschäft so viel »Musik«, dass auch für die Distribution und den Handel ein guter Schnitt übrig blieb. So einfach ist das heute nicht mehr. Immer mehr Kunden kauften sich zuerst billige Prepaid- Handys, um jetzt mit Hilfe von Simyo & Co. fast so günstig wie über das Festnetz zu telefonieren. Doch selbst treue Vertragskunden sind heute nicht mehr bereit, für ein neues Handy absurd hohe Minutentarife zu zahlen und wechseln scharenweise zu Pauschalangeboten wie »Base«. Die Kunden wollen sparen und erwarten deshalb mehr denn je eine vernünftige, faire Beratung. Für den Channel wird durch das geänderte Verbraucherverhalten die Luft dünner: Ist der Kunde nicht zufrieden, wechselt er entweder zur ? wieder wachsenden ? Laden-Konkurrenz oder gleich zum stärksten Rivalen der Shops, dem Internetvertrieb.
Für den Handel wird das Thema Beratung dabei nicht einfacher. Denn durch Fusionen und die Konsolidierung im Carrierbereich ist das Produktportfolio gewaltig angewachsen: Festnetz-, VoIP- und Breitbandangebote gehören heute überall mit dazu, SOHO- und Businesskunden erwarten darüber hinaus solides Händler- Know-how bei Lösungen für die mobile Datenkommunikation. GPRS, UMTS, HSDPA ? der Reseller muss Bescheid wissen. CRN wollte deshalb von Carriern und Providern wissen, welche Unterstützungsleistungen Partner erhalten und welche Marktentwicklung sie in nächster Zeit erwarten.
Kurz gesagt: Alle Anbieter heben die Bedeutung des stationären Handels hervor, niemand will »seinem« Händler wehtun. Das ist schön, doch ganz so harmonisch sieht die Realität nicht aus: Zwar haben No-Frills-Angebote wie »Simyo« bislang hauptsächlich Prepaid-Kunden angesprochen und damit dem Fachhandel relativ wenig geschadet. Bedrohlicher könnte für manche TK-Reseller hingegen das rasante Shop-Wachstum werden.
Wegbereiter der zweiten Expansionswelle im deutschen Mobilfunkmarkt ist die Düsseldorfer E-Plus. Mit der Einführung des ersten »No-Frills«-Angebots »Simyo«, der ersten Flatrate-Marke »Base« und dem türkischen »Ay Yildiz«-Angebot zeigten die Düsseldorfer dem Rest des Marktes, wo es langgeht. »Simyo« löste eine ganze Welle von Alternativ-Angeboten wie »Debitellight «, »Easy-Mobile« oder »Blau.de« aus. Auf das »Base«-Angebot hat die Konkurrenz bislang noch keine adäquate Antwort gefunden. Sie verkaufen ihren Kunden lieber begrenzte Minutenpakete mit Optionen für unbegrenztes Telefonieren in bestimmten Zeitfenstern. Lediglich für den Heimbereich haben die Wettbewerber mit »T-Mobile@Home«, »Vodafone Zuhause« und »Genion« eine Alternative parat. Insider glauben allerdings, dass E-Plus den günstigen »Base«-Tarif (25 Euro) auf Dauer nicht halten kann, da die ursprüngliche Kalkulation aufgrund abgesenkter Interconnection- Entgelte für Gespräche aus dem Fest- in das Mobilfunknetz nicht mehr stimme.
Dass sich E-Plus durch die zahlreichen, neuen Offerten immer weiter vom Channel verabschiedet, bestreitet das Unternehmen. »Wir sind davon überzeugt, dass wir beispielsweise mit den Handy-Flatrates von Base äußerst attraktive Produkte anbieten, mit denen der Handel sehr gute Umsätze generieren kann«, betont Bernd Knisch, Department Manager Channel Marketing bei E-Plus. Um im nahezu gesättigten Mobilfunkmarkt neue Zielgruppen zu erschließen, sei E-Plus aber auf Nutzung neuer Distributionskanäle angewiesen. Das heiße im Gegenzug jedoch nicht, dass der klassische Handel bei EPlus aus dem Fokus geraten sei, so Knisch. Bei der Betreuung der Fachhändler will EPlus auch künftig auf eine gezielte Marketingunterstützung setzen. Schulungen und Workshops, sowie die Unterstützung der Händler durch individuelle Marketingpläne stünden auch künftig im Mittelpunkt.
Während marketingseitig wohl noch weitere Überraschungen aus Düsseldorf kommen werden, gibt sich E-Plus in Sachen Technik betont konservativ: Der von der TK-Branche entfachte Hype um neue Technologien gehe weitgehend an den Wünschen der Kunden vorbei. Die meisten Kunden wollen günstig telefonieren und SMS verschicken ? und sonst nichts. »Technologische Innovationen belegen auf der Kundenwunschliste die hinteren Plätze. Das zeigt auch die aktuelle Studie von TNS Infratest von Januar dieses Jahres: Das Interesse an UMTS ist äußerst gering. Lediglich etwas mehr als zwei Prozent der Befragten besitzen derzeit ein UMTS-fähiges Endgerät«, erläutert Thorsten Dirks, Chief Operating Officer von E-Plus.
Für neue Technologien wie den UMTS-Booster HSDPA will man sich deshalb Zeit nehmen. Man werde HSDPA erst dann anbieten, wenn die Technologie und die Endgeräte ausgereift seien ? und die Kunden deutliches Interesse an der Technik zeigen. Hier scheint E-Plus durch die mäßig erfolgreiche Markteinführung des Angebots »i-Mode« ein gebranntes Kind zu sein. Zurückhaltung auch beim Thema Handy- TV: »Die Frage, ob in Deutschland kurz- bis mittelfristig überhaupt ein Markt für Mobile TV entsteht, ist noch nicht beantwortet «, heißt es hier bei E-Plus. Die Skepsis ist nicht unbegründet: Da der deutsche Markt stark durch Free-TV geprägt ist, dürften sich Pay-TV-Modelle auf dem Handy nur schwer etablieren lassen. Ein wunder, weil noch immer offener Punkt sind auch die Trägertechnologien. Eine Entscheidung, ob DVB-H oder DMB bundesweit zum Einsatz kommt, steht bisher aus.
Eine höhere Technik-Affinität traut dem Endkunden hingegen Jens Gerhardt, Bereichsleiter Vertrieb Handel bei Mobilcom, zu: »Im Gegensatz zur Zielgruppe der Discountanbieter sprechen die Mobilcom- Fachhändler und Shop-Partner Kunden an, die Wert auf die vielfältigen Möglichkeiten der mobilen Kommunikation legen. Wer diese mit Hilfe unserer Partner kennen gelernt hat, möchte sie nicht mehr missen«, ist Gerhardt überzeugt. Mobilcom setzt deshalb stark auf Schulungen und Marketing-Unterstützung. Als einziges Unternehmen in der Mobilfunkbranche bieten die Büdelsdorfer Partnern die Ausbildung zum TÜV-geprüften »Mobile Multimedia Shop-Partner« an. In fünf Schulungsmodulen können sich die Partner für das TÜV-Zertifikat qualifizieren. Die Ausbildung beinhaltet Themen wie Grundlagen des Mobilfunks oder Verkaufstechniken und die Erklärung komplexer Dienste. Dass der Mobilfunkbereich für die Betreiber eines Mobilcom-Shops schon bald nicht mehr das bedeutendste Zugpferd sein könnte, schließt Gerhardt nicht aus: »Insbesondere im DSL-Bereich erwarten wir für unsere Fachhandelspartner überproportionales Wachstum. Bis Ende 2006 werden bis zu 14 Millionen DSLZugänge in Deutschland geschaltet sein. Das entspricht einem Wachstum von rund 30 Prozent«.
Auch der Konkurrent Talkline setzt auf weitere Shop-Expansion und neues Styling. Pro Store investiert der Provider derzeit mehrere 10.000 Euro in Laden-Kosmetik. In Sachen Schulung bauen die Elmshorner auf ein ähnliches Konzept: Modulare Bausteine ermöglichen es, auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Partners einzugehen: Von der Produktschulung bis hin zum mehrtägigen Verkaufstraining am POS. Ausgebaut werden soll insbesondere der Vertrieb mobiler Datenkommunikationslösungen über den Channel mit Hilfe des »Business-Partner- Programms«. Hier werden ganz speziell Mobilfunkhändler unterstützt, die sich neben dem klassischen Hardware-plus-Tarif- Verkauf auch auf den beratungsintensiven Verkauf und die Systemintegration von Datenprodukten konzentrieren. »Der Lohn der Arbeit für unsere Business-Partner sind stark steigende Verkaufszahlen und ein deutlich höherer ARPU«, betont Christian Winther, Geschäftsführer und CEO von Talkline. Ansonsten warnt allerdings auch Winther vor allzu großem Optimismus im klassischen Mobilfunkgeschäft: »Kein Geheimnis ist, dass sich die Wachstumsgeschwindigkeit in den kommenden Jahren aufgrund der schon sehr hohen Penetrationsrate und sinkender Endkundenpreise deutlich verlangsamen wird«.
Beim Einsatz neuer Technik ist die Sichtweise der Elmshorner hingegen positiver als etwa bei E-Plus. Durch HSDPA eröffne sich eine weitere Festnetz-Konkurrenz ? nicht bei der Sprachtelefonie, sondern bei der Datenkommunikation. Den Verbraucher interessiere kaum noch, ob die Internetverbindung aus dem Kabel oder aus der Luft komme, solange diese stabil, schnell und angemessen preiswert sei. Wenn HSDPA künftig diese Kriterien erfülle, könnte es sich breitflächig als Alternative zu DSL erweisen und den Mobilfunkanbietern neue Erlösströme eröffnen, hofft Talkline. Dadurch wiederum könne das »abflachende Wachstums- und Preisniveau« der reinen Sprachtelefonie ein Stück weit ausgeglichen werden.
Ganz ähnlich sieht auch Ralf-Peter Simon, Vorsitzender der Geschäftsführung von »The Phone House« in Münster, die Marktentwicklung. Die Kaufentscheidung bei den meisten Mobilfunknutzern werde maßgeblich durch emotionale Aspekte beeinflusst. Trotz des sich wandelnden Marktes habe sich letztlich an den grundlegenden Mechanismen nichts geändert. »Neue Technologien und mobile Inhalte wie zum Beispiel Handy-TV werden die Begeisterung für Endgeräte zusätzlich anheizen «, ist Simon überzeugt.
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Debitel AG, www.debitel.de
Dug Telecom, www.dug.de
E-Plus, www.eplus.de
Mobilcom, www.mobilcom.de
O2, www.o2-online.de
Talkline, www.talkline.de
The Phone House, www.phonehouse.de
T-Mobile, www.t-mobile.de
Vodafone, www.vodafone.de
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