Nichts ist so skalierbar wie der Mittelstand

26. Januar 2006, 0:00 Uhr |
Jürgen Höfling

Nichts ist so skalierbar wie der Mittelstand. Ach ja, die Skalierbarkeit, die ist ein seltsam Ding. Eigentlich lässt sie sich nicht positiv definieren. Nichts ist nämlich einfacher, als etwas scheinbar Skalierbares unskalierbar zu machen. Man muss nur den Rahmen so lange erweitern, bis es ...

Nichts ist so skalierbar wie der Mittelstand

Ach ja, die Skalierbarkeit, die ist ein seltsam Ding. Eigentlich lässt sie sich nicht positiv definieren. Nichts ist nämlich einfacher, als etwas scheinbar Skalierbares unskalierbar zu machen. Man muss nur den Rahmen so lange erweitern, bis es knirscht und quietscht im ITK-Tohuwabohu. »Wir haben noch jeden Prozessor voll- und in die Knie gekriegt«, diese Aussage eines weiland Microsoft-Geschäftsführers Deutschland ist mir im Ohr geblieben. Klar doch, »es gibt immer ein größeres Spiel«, sagen die Spieltheoretiker.
Wer nun meint, dass es deshalb grundsätzlich nur bedingt skalierbare Systeme gibt, der irrt aber und hat die geistige Rechnung ohne den Mittelstand gemacht. Der Mittelstand ist nämlich nach allem, was man hört und vor allem in Marketingbroschüren liest, beliebig skalierbar. Der Mittelstand ist freilich kein idealtypisches ITK-System, aber doch ein Gebilde, an das man idealiter ganz viele ITK-Systeme verkaufen kann. Und je mehr die Abverkäufe im oberen Ende stocken, desto mehr wird von den ITK-Firmen der Mittelstand in seiner unendlichen Skalierbarkeit als gelobtes Land und potenzielles Schlaraffenland entdeckt.
Viele dieser schnuckelig für den Mittelstand zurecht gemachten Speicher-, Security-, ERP-, ASP-, SOA-, CRM-Lösungen skalieren zwar nicht besonders gut oder sind womöglich ? um dies zu vertuschen ? überdimensioniert, aber das macht ja nichts, weil der Mittelstand selbst unendlich skalierbar ist und sich schon einzurichten weiß. Bei Bedarf lässt sich sicher auch noch eine »mittelstandsorientierte ultimative SOS-Managementlösung« über die knirschenden Mittelstands-Server drüberbügeln.
Apropos SOS-Lösungen: Gestern Abend plaudere ich mit einem Freund, seines Zeichens Systemadministrator bei einem Mittelständler. Weil man sich ja sonst nichts zu sagen hat, redet man über ITK-Probleme. Er jammert. Die Firma hat eine Datenbank, die so aufgesetzt ist, dass sie hinten und vorne nicht skaliert, keine Flexibilität in den Feldlängen und auch sonst rein gar nix. Merke deshalb: es wäre höchst fahrlässig, von der unendlichen Skalierbarkeit des Mittelstands als solchem auf die unendliche Skalierbarkeit seiner ITK-Systeme zu schließen.


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