Interview mit Pentacom-Geschäftsführer Michael Schröter

Preiskampf: Fachhändler fordern Chancengleichheit

13. August 2009, 6:33 Uhr | Markus Reuter
Michael Schröter, Geschäftsführer Pentacom

Die Diskussion über die Billig-Preise der Online-Händler wird weiterhin mit Schärfe geführt. Michael Schröter, Geschäftsführer vom Berliner Systemhaus Pentacom, verlangt gerechte Einkaufsbedingungen bei den Distributoren und schreckt vor einem Boykott nicht zurück.

CRN: Etailer verkaufen an Endkunden zu Preispunkten, die der Fachhändler nicht bei seinem Distributor erhält. Die Diskussion über diese »Schweinepreise« hält an. Doch was soll und kann der Fachhändler tun, um höhere Margen im Hardware-Geschäft zu erzielen?

Schröter: Wir suchen derzeit das Gespräch mit anderen Fachhändlern und Distributoren. Unser Ziel: Wir wollen die Broadliner überzeugen, die großen Deals mit den Etailern genauer zu überprüfen. Es kann nicht sein dass, an einen Etailer mit Verlust oder geringem Gewinn 1.000 Notebooks geschickt werden. Wenn die Distribution nicht bereits ist, für gerechtere Einkaufsbedingungen zu sorgen, werden wir diese Lieferanten boykottieren. Dann werden wir die Etailer gezielt als Einkaufsadresse nutzen. Das kann der Distribution nicht Recht sein, schließlich generieren sie nur mit dem Fachhandel hohe Margen, nicht mit den Online-Händlern. Aber erstmal suchen wir und andere Händler das Gespräch mit dem Großhandel. Es gibt ja bereits erste gute Ansätze, beispielsweise von Also, der höhere Preispunkte durchsetzen will.

Sie wollen jetzt also mit den Distributoren sprechen, um faire Bedingungen durchzusetzen. Wie sollen die aber aussehen? Sie können ja schlecht verhindern oder verbieten, dass Etailer mit Waren beliefert werden.

Nein, das verlangen wir auch nicht. Wenn wir Fachhändler diese Lagerüberhänge auch mit Preisvorteilen von 20 bis 30 Prozent übernehmen könnten, dann wäre es auch für uns kein Problem, diese Ware schnell abzuverkaufen. Das Problem: Außer notebooksbilliger.de und einigen anderen Auserwählten bekommt aber niemand diese Rabatte. Das soll kein Vorwurf an Etailer wie notebooksbilliger.de sein. Wenn die Online-Händler auch noch Gewinne erwirtschaften, machen sie alles richtig. In diesem Punkt sind die Distributoren beziehungsweise Hersteller gefordert, je nachdem, welche Partei die Lagerüberhang-Rabatte im Einzelfall gewährt. Eine faire Lösung wäre es, wenn die Großhändler bei Lagerüberhängen den Fachhändlern eine Chance gäben, daran zu partizipieren. Zum Beispiel, indem die Distributoren die Rabatte eine Woche lang allgemein anbieten und nur das, was dann noch nicht abverkauft ist, komplett zu den Etailern schicken. Oder 90 Prozent der rabattierten Überhangware geht an Firmen wie notebooksbilliger.de und der Rest bleibt zu fast gleichen Konditionen für die Fachhändler übrig. Das alles sind Lösungen, die uns eine Chance geben würden, mit gegen den Etailer konkurrenzfähig zu bleiben.

Pentacom lebt ja keineswegs nur vom Hardware-Geschäft. Als Systemhaus bieten sie zahlreiche Dienstleistungen für kleine und mittdelständische Unternehmen an. Beispielsweise einen »Service Akku«, mit dem Kunden ein Zeitkontingent für den Service kaufen können. Warum engagieren Sie sich denn für bessere Konditionen für den Hardware-Einkauf, wenn Ihr wichtigeres Geschäftsfeld die Dienstleistungen sind?

Natürlich bieten wir und viele andere Fachhändler Standard- und Individual-Services an, und die Kunden nehmen diese Dienstleistungen auch an. Das ist aber kein Grund, die Margen aus dem Servicegeschäft zu verwenden, um das Handelsgeschäft zu subventionieren. Service ist Service, Handel ist Handel - beides für sich allein muss Gewinn erwirtschaften. Bei den aktuellen Preisdifferenzen ist es jedoch keinem Kunden mehr vermittelbar, Hardware noch im Fachhandel zu kaufen. Auch in diesem Fall ist das nicht die Schuld der Etailer, sondern die der Distributoren und Hersteller, die diese Preisdifferenzen durch Lagerüberhangs-Rabatte, Umsatzboni, Co-Marketinggelder und Projektpreise ermöglichen.

Viele Systemhäuser beklagen sich darüber hinaus, dass die »Schweinepreise« mittlerweile ein Problem im Projektgeschäft darstellen. Wenn der Kunde rechnen kann, ermittelt er auch den Preis für die Dienstleistung.

Viele Kunden erwarten alles aus einer Hand. Wir können uns deswegen als Lösungsanbieter dem Handelsgeschäft nicht vollständig entziehen. Und die Kunden sind nicht dumm. Auch bei einem Projekt sind sie in der Lage, den Dienstleistungsanteil gegen den Hardwareanteil treffend abzuschätzen. Wenn der Kunde dann die Hardwarepreise im Internet zusammensucht und vom Gesamtpaket abzieht, sieht es für den Kunden so aus, als würde ein exorbitant teurer Serviceanteil im Paket stecken - was natürlich nicht stimmt. Natürlich muss daher auch ein Systemhaus die gleichen Preisdiskussionen wie ein Fachhändler führen.

Als Ursachen für die »Schweinepreise« gelten – neben der Politik der Hersteller und Distributoren – Graumarktimporte und Hardware, die eigentlich für Projekte gedacht war. Zwei weitere Probleme, um faire Preise durchzusetzen?

Wenn Grauwaren auf dem Markt sind, dann nicht bei den großen Etailern, sondern bei den kleinen, aufstrebenden Online-Shops, die sich gegen die Schweinepreise nicht anders zu wehren wissen, als mit Importen. Nicht der Graumarkt erzeugt die Schweinepreise, sondern die Schweinepreise erzeugen den Graumarkt. Und die Großkundenprojekte, die wir gewonnen hatten, waren genauestens kontrollierte und registrierte Geräte. Es wäre sehr leicht möglich, Projektmissbrauch anhand von Seriennummern zu verfolgen. Darüber hinaus sind sogar Geräte von Schweinepreisen betroffen, die noch gar nicht auf dem Markt erschienen sind. Wie kann es Projektüberhänge zu solchen Artikeln geben?

»Am Monatsende/Quartalsende müssen die Zahlen stimmen, dann geht die gesamte Charge zu Sonderkonditionen an Etailer oder Retailer«, scheint häufig das Motto der Hersteller zu sein. Ist es realistisch, dass sich diese Denkweise ändert?

Mittelfristig geht diese Strategie nicht auf, da die Produkte für den Fachhandel sofort unverkäuflich werden. Sonderkonditionen führen dazu, dass der Warenbestand bei den Fachhändlern schlagartig entwertet wird. Dies führt wiederum dazu, dass der Fachhandel kein Warenlager mehr betreibt. Dadurch steigen dann die Prozesskosten der Distributoren - mehr Kleinlieferungen, immer nach Bedarf. Langfristig kostet dieses Verhalten den Herstellern und Großhändlern also bares Geld. Wenn schon Sonderkonditionen eingeräumt werden, warum werden daran nicht feste Preisvorgaben geknüpft? Liegt es im Interesse der Hersteller, das die Sonderkonditionen zum Preisdumping statt zur Margenerhöhung genutzt werden? Die Verkäufer, die derartige Geschäfte mit den Etailern tätigen, würde ich in meinem Unternehmen nicht beschäftigen.


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