Projekt Blauer Engel

2. Dezember 2004, 0:00 Uhr |

Projekt Blauer Engel. Umwelt- und Prüfzeichen sind wichtige Bestandteile im Geschäft mit IT-Produkten. Viele Ausschreibungen sind ohne die entsprechenden Labels nicht zu gewinnen, doch die Vielzahl der unterschiedlichen Zertifizierungen und Prüfkriterien schafft Verwirrung bei Kunden und Händlern.

Projekt Blauer Engel

Co-Autorin: Astrid Poelchen
Wer im Ausschreibungsgeschäft erfolgreich sein will, muss sich mit den zahlreichen Spezifikationen, Prüfkriterien sowie Ergonomie- und Umweltlabels gut auskennen. Nicht nur die Vielfalt der Siegel ist verwirrend, auch werden für unterschiedliche Produktgruppen unterschiedliche Labels bevorzugt. Während bei Druckern überwiegend nach dem Blauen Engel gefragt wird, ist im Monitor-Segment TCO angesagt. Doch ein Siegel reicht häufig nicht: »Alleine bei Druckerausschreibungen werden neben der CE-Konformitätserklärung, Umweltdatenblätter zum Blauen Engel, Stromverbrauch, EEC-Sicherheitszertifikate sowie Sicherheitsdatenblätter für Toner nach EU-Richtlinie 91/155/EWG verlangt«, weiß Peter Müller, Channel Key Account Manager beim Drucker-Distributor Prout. Manch ein Händler habe trotz wettbewerbsfähigem Angebot bei Ausschreibungen das Nachsehen gehabt, weil er ein kleines Datenblatt vergessen hatte. »Wir richten uns streng nach den geforderten Bedingungen, sonst brauchen wir gar nicht anzutreten«, bestätigt Konrad Horzella, Finances Manager beim Essener Systemhaus ITZ Informationstechnologie. Gerade im Druckerumfeld wird auf die Umweltverträglichkeit Wert gelegt: »Im Rahmen von Ausschreibungen der öffentlichen Hand spielt die Umweltfreundlichkeit eine große Rolle«, meint Thomas Aoki, Spezialist für Sicherheit und Zertifizierung bei Epson Deutschland. »Staatliche Einrichtungen fragen nach Prüfsiegeln für geringe Geräuschentwicklung, reduzierte chemische Emissionen sowie niedrigen Energieverbrauch und einwandfreien Druck auf Recycling-Papier«, erklärt Detlef Herb, Umweltreferent von Kyocera Mita Deutschland. »Darüber hinaus wird bei manchen Ausschreibungen von deutschen Behörden noch eine Zertifizierung für die Dokumentenechtheit der Druckergebnisse nach Notarverordnung (PTS) sowie die Unterstützung von Citrix nachgefragt«, ergänzt Thomas Wolf, Manager Solutions bei Oki Systems Deutschland.

Neben dem öffentlichen Bereich spielen Umweltsiegel eine immer wichtigere Rolle in der privaten Wirtschaft. Je größer das Unternehmen, umso stärkeres Gewicht erhält der Umweltaspekt bei Investitionen. »Ein Grund dafür mag im größeren Einfluss von Gewerkschaften und Betriebsrat liegen«, schätzt Volker Stenzel, Verkaufsleiter für Mitteldeutschland bei Brother. »Auch bei kleineren Unternehmen steigt die Nachfrage leicht an, wenn das Thema Umweltfreundlichkeit von Druckausgabegeräten mal wieder in der Öffentlichkeit diskutiert wird«, urteilt Norbert Neumann, Public Relations Manager bei Lexmark Deutschland. Dabei wird besonders die Einhaltung bestimmter Sicherheitsrichtlinien gefordert, weiß der Manager.

Normen für Monitore

Betreiber von Computerarbeitsplätzen sind neben dem CE-Siegel auf die Auszeichnung »EK1 ITB 2000« angewiesen, unter der die GS-Auszeichnung vom TÜV sowie sämtliche Ergonomienormen abgedeckt sind. »Der TÜV hat die GS-Norm heute stark vereinfacht. Während früher zahlreiche ISO-Normen sowie weitere Angaben unter GS aufgelistet waren, werden heute nur noch ein bis zwei Normen angegeben«, erklärt Horst Strohbender, Produktmanager Monitore bei Samsung.

Während im Druckerumfeld eher nach Umweltfreundlichkeit und damit auf das Umwelt-Label «Blauer Engel« Wert gelegt wird, spielt bei Monitoren die ergonomielastige Norm TCO eine wichtige Rolle. Die TCO-Norm der schwedischen Gewerkschaft ist ein Prüfsiegel, das auch nichts anderes prüft, als der TÜV mit seinem GS-Siegel. Dennoch ist TCO für Projekte in Deutschland, der Schweiz und in Skandinavien in der Regel obligatorisch. Obwohl inzwischen bereits das Siegel TCO 03 existiert, geben sich die meisten Kunden mit der älteren TCO 99 zufrieden. TCO 03 verbietet beispielsweise schwarz eingerahmte Displays. Das stammt noch aus einer Zeit, in der sehr kleine CRT-Displays (14 Zoll) mit sehr breiten Rahmen ausgestattet waren, wodurch das Auge nach Meinung der schwedischen Gewerkschaft durch den hohen Kontrastunterschied unnötig gestört wurde. Außerdem ergaben die, in verschiedenen Untersuchungen gewonnenen, ergonomischen Erkenntnisse, dass auch dunkle Tastaturen mit hellen Schriftzeichen störend für die Augen und deshalb nicht zulässig waren. »Die Ergonomie ist eine dynamische Wissenschaft. Nach heutigen Erkenntnissen richten dunkle Rahmen keinen Schaden an ? zumal wir heute von 19-Zöllern sprechen, die über einen 1,5 Zentimeter schmalen Rand verfügen«, erläutert Strohbender. Der Rahmen falle also kaum ins Gewicht. Davon abgesehen gefielen den Kunden die dunklen Rahmen, und so reiche ihnen eine TCO 99 vollkommen aus

Informationen sind wichtig

Da es keine Standard-Form für Ausschreibungen gibt, sind die Anforderungen höchst unterschiedlich. Es kann passieren, dass bei einem einzelnen Projekt, Spezifikationen verlangt werden, die sonst kaum eine Rolle spielen, wie im Fall eines Notebook-Herstellers, der bei einer Ausschreibung nicht zum Zuge kam, da die Geräte helle Schriftzeichen auf einer dunklen Tastatur besaßen. »Mal wird nur die Konformität mit bestimmten Normen verlangt, mal ist es eine Fülle von Einzelanforderungen«, erklärt Prout-Manager Müller. Daher sei es immens wichtig, dass die Hersteller die geforderten Informationen über die Geräte für die Fachhändler schnell und einfach zugänglich bereithalten.

Doch nicht nur im Projektgeschäft legen Kunden Wert auf geprüfte Geräte. Durch Berichte über schädliche Tonerstäube, beispielsweise im ARD-Magazin »Plusminus«, verunsicherte Verbraucher fragen bei Druckern gezielt nach dem Blauen Engel. Im Durcheinander der verschiedenen Umweltzeichen sind Händler und Verbraucher jedoch alleine gelassen.

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Ausgewählte Umweltsiegel im Überblick

EU-Margerite
Herausgeber: Europäische Kommission.
Vergabekriterien: Das Europäische Umweltzeichen kennzeichnet energiesparende und recyclebare Computer, Systemeinheiten, Bildschirme und Tastaturen.
Ausgewählte Anforderungen: energiesparend, demontier- und recyclebar, Garantieleistung mindestens drei Jahre, Ersatzteilversorgung mindestens fünf Jahre, Geräuschemission kleiner 48 dB, Rücknahmegarantie der Hersteller.
Prüfung: Test durch eine unabhängige Institution.
Info: www.europa.eu.int/ecolabel

GEEA-Label
Herausgeber: Gemeinschaft Energielabel Deutschland (GED), ein Verband aus Energieagenturen und Umweltorganisationen, Mitglied der Group for Energy Efficient Appliances (GEEA).
Vergabekriterien: Das Energie-Zeichen kennzeichnet Geräte der Büroelektronik mit einem besonders niedrigen Energieverbrauch im Stand-by-Betrieb.
Ausgewählte Anforderungen: Konzentration auf niedrigen Energieverbrauch. Die Hersteller verpflichten sich per Unterschrift, dass ihre Hardware den Kriterien des GEEA-Labels genügt.
Prüfung: Keine unabhängige Kontrolle der Verbrauchskennwerte.
Info: www.energielabel.de

ECO-Kreis
Herausgeber: TÜV Rheinland Berlin/Brandenburg.
Vergabekriterien: Kennzeichnung von Ressourcen und Umwelt schonenden IT-Produkten wie PCs, Bildschirme, Drucker und Notebooks.
Ausgewählte Anforderungen: Anwendung eines Qualitätsmanagementsystems nach ISO 9001 oder 9002 für die Produktion sowie eines Umweltmanagementsystems nach ISO 14001, Nachweis von elektrischer und mechanischer Sicherheit sowie Strahlungsarmut und minimalem Energieverbrauch.
Prüfung: akkreditierte Prüflabore.
Info: www.tuv.com

Blauer Engel
Herausgeber: Jury Umweltzeichen, Zeicheninhaber ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
Vergabekriterien: Das deutsche Umweltzeichen kennzeichnet emissionsarme, energiesparende und wieder verwertbare Drucker, Kopierer und Multifunktionsgeräte.
Ausgewählte Anforderungen: energiesparend, recyclebar, leise, Garantieleistung mindestens drei Jahre, Ersatzteilversorgung mindestens fünf Jahre, Rücknahmegarantie der Hersteller, Batterien dürfen kein Cadmium, Blei oder Quecksilber enthalten, Begrenzung von Staub-, Ozon- und Styrolemissionen.
Prüfung: unabhängige Institution.
Info: www.blauer-engel.de , www.ral.de

TCO 99 ? TCO 03
Herausgeber: Dachverband der schwedischen Gewerkschaften.
Vergabekriterien: Das Kennzeichen steht für besonders strahlungsarme und energiesparende Drucker, Bildschirme, PCs, Tastaturen und Laptops.
Ausgewählte Anforderungen: umweltrelevante Prüfkriterien wie Emissionen, Energieverbrauch und Wiederverwertung genauso wie Ergonomie und Handhabung entsprechend internationalen Arbeitsschutzstandards, einhändige Bedienbarkeit, entsprechende Bediensignale für Taube und Sehbehinderte.
Prüfung: Test durch unabhängige Institute, zusätzliche Stichprobenkontrolle der TCO.
Info: www.tco.se

Energy Star
Herausgeber: Amerikanische Umweltschutzbehörde (EPA) sowie U.S. Department of Energy (DOE).
Vergabekriterien: Energieverbrauch des Bürogeräts.
Ausgewählte Anforderungen: Leistungsaufnahme in Watt im Stand-by-Betrieb und in der Tiefschlafphase der Geräte.
Prüfung: Antragstellung genügt, keine unabhängige Kontrolle.
Info: www.energystar.gov

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Weiterführende Links: Zur Recherche von Umweltsiegeln www.label-online.de; für Leitfaden und TCO-Berechnungen www.energy-labels.de


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