Schneller löschen Die Berufsfeuerwehr Düsseldorf arbeitet mit neuester Technik. Ein offenes Kommunikationssystem unterstützt die Rettungsmannschaften. Es besteht aus Leitstelle, Call Center, kommunalen Netzen und Handys, die wie Nebenstellentelefone funktionieren.
Blaulicht, Martinshorn und quietschende Reifen: Löscheinsätze machen nur einen Teil der Aufgaben von Feuerwehr und Rettungsdienst in Düsseldorf aus. Dazu kommen Brandvorsorge, Personenrettung, Notarzteinsätze, Zivil- und Katastrophenschutz, technische Hilfeleistung sowie Ausbildung und Beratung. Um bei Notfällen innerhalb von acht Minuten vor Ort zu sein, arbeiten die Feuerwachen, die freiwillige Feuerwehr und ihre Löschgruppen sowie die Jugendfeuerwehr eng zusammen. Die logistische Leistung sowie der Verwaltungsaufwand, die hinter den Einsätzen stehen, sind beträchtlich und nur durch eine hochmoderne Kommunikationsinfrastruktur machbar. Sie wurde zwei Jahre nach dem Umzug der Feuerwehr 2004 in einen Neubau auf dem Gelände der Hauptwache Hüttenstraße im Düsseldorfer Stadtteil Friedrichstadt erneuert. Alle 800 »verwaltungsnahen« Arbeitsplätze erhielten eine aktuelle Ausstattung, die deutlich mehr leistet als eine in der freien Wirtschaft übliche Lösung. Das System, das die alte Hicom ersetzen sollte, musste ausfallsicher und hochverfügbar sein. Außerdem musste es nahtlos mit dem komplexen Telekommunikationsnetz der Stadtverwaltung Düsseldorf und mit der von Alcatel gelieferten Leitstellentechnik zusammenarbeiten. Gleichzeitig wollte man die Gesprächsgebühren-Auswertung anpassen. Die Kosten für die Nutzung der Handy-Netze von Telekom und Vodafone sollten dadurch sinken, dass auch die Feuerwehr an den Mobilfunk-Verträgen der Stadt partizipiert.
Flexibel und offen Dass man sich bei der Berufsfeuerwehr Düsseldorf für Hipath 4000 von Siemens entschied, lag vor allem an der Flexibilität und leichten Bedienbarkeit dieser Kommunikationsplattform. Das System ersetzte die alte Hicom-Zentrale, mehrere Unteranlagen und Vorzimmer-Konfigurationen. Letztere müssen so einfach bedienbar sein wie jedes andere Telefon, »denn bei einem Großeinsatz kann man sich nicht erst erkundigen, wie dies oder jenes funktioniert«, meint TK-Fachmann Zlatko Schmidt. Er ist für das Team des Sachgebiets Daten- und Kommunikationstechnik der Feuerwehr Düsseldorf zuständig. Im Zusammenspiel von TK-Anlage und Leitstellentechnik gibt es zwar eine klare Aufgabenteilung: Notrufe wurden in der Leitstelle bearbeitet, der geschäftsübliche Telefonverkehr über das Hipath-System vermittelt. Doch zugleich haben beide Bereiche intensiv miteinander zu tun: Bei »ruhigem Normalbetrieb« übernehmen die Mitarbeiter in der Leitstelle auch das Vermitteln der Gespräche für die Verwaltungsbereiche. Dann laufen die Anrufe an einem der Leitstellenplätze auf, damit das Dienst habende Personal gleichmäßig ausgelastet ist. Beide Systeme müssen also reibungslos miteinander kommunizieren können. »Unter anderem dafür arbeitet die neue Technik über ihre offene Qsig-Schnittstelle mit der seinerzeit von Alcatel gelieferten Leitstelle zusammen«, erläutert Zlatko Schmidt. Qsig ist eine Signalisierungsschnittstelle, die die Kommunikation heterogener Telefonanlagen miteinander sicherstellt. Ist die Leitstelle beispielsweise durch Großereignisse oder besondere Notsituationen belastet, kann die Vermittlung an einen beliebigen anderen Arbeitsplatz geschaltet werden. Alternativ kann die Zentrale einen separaten Vermittlungsplatz an der Telefonanlage aktivieren, der sonst nicht besetzt ist.
Ausgefeiltes Ausfallkonzept Außerdem dient die neue Telefonanlage als Backup-Lösung für die Leitstelle. Schmidt: »Ein gemeinsam entwickeltes Ausfallkonzept sieht vor, dass notfalls Endgeräte auf den Leitstellentischen über ein Patchfeld bestimmten Anschlüssen in der TK-Anlage zugeordnet werden können.« Damit wäre die Leitstelle im Fall des Falles zwar nicht mehr ganz so flexibel, aber immer noch voll betriebsfähig. Eng würde es erst bei Problemen mit den Rechnern beziehungsweise dem Netz für die computergesteuerte Einsatzplanung und den damit verknüpften Informationswegen der Leitstelle. Aber selbst wenn diese nicht funktionieren, könnten die Einsatzkräfte noch über das Telekommunikationssystem miteinander reden. »Wir sind also«, konstatiert Schmidt, »auch in extremen Situationen zuverlässig erreichbar.« Wegen dieser Sicherheitsmaßnahmen »läuft die neue Anlage 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche, rund um die Uhr und hoch stabil«, sagt Schmidt. Eventuelle Pannen bei dem Energielieferanten werden mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung überbrückt. Die Anbindung erfolgt über getrennte S2M-Strecken mit jeweils 60 Verbindungsmöglichkeiten zu den Systemen der Stadtverwaltung Düsseldorf und zu den öffentlichen Netzen. So ist sichergestellt, dass zum Beispiel selbst ein massiver Kabelschaden durch Bauarbeiten kaum alle Leitungen zugleich kappen könnte. Und wenn das doch geschähe, bliebe noch der Mobilfunk als Notweg. Über sogenannte Comsat-Boxen belegt das Hipath-System acht Handy-Anschlüsse bei Vodafone und T-Mobile. Sollten tatsächlich alle Festverbindungen ausfallen, kann die Feuerwehr von jedem Schreibtischtelefon aus per Mobilnetz nach draußen telefonieren. Dazu gibt es weitere Telefone, die unmittelbar mit dem Netz der Stadt Düsseldorf verbunden sind, und Notfallapparate, die sich direkt an den Netzanschlüssen von Telekom oder Arcor betreiben lassen.
Innovative Call-Center-Konfiguration Die ins neue System integrierten Call-Center-Funktionen konnten sich anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 bereits bewähren: Sie bildeten die Basis für ein Bürgertelefon. »In kritischen Situationen können wir die Einwohner Düsseldorfs innerhalb einer halben Stunde per Radio, Fernsehen und Internet unterrichten. Allerdings müssen wir oft schon bei einem einzigen Ereignis mehrere getrennte Rufnummern einrichten«, berichtet Schmidt. Während früher jede einzeln Sammelrufnummer umständlich programmiert werden musste, lässt sich die neue Lösung in vier verschiedene Call Center aufteilen, die jeweils unterschiedlichen Szenarien zugeordnet sind. Wegen der hohen Anforderungen sieht das Call Center im Führungszentrum der Feuerwehr ganz anders aus als ähnliche Einrichtungen in der freien Wirtschaft. »Wir verfügen über mehrere feste Räume mit rund einem Dutzend Call-Center-Arbeitsplätzen, die wir in Nullkommanichts besetzen können«, erläutert Schmidt. Die tatsächliche Besetzung wird den spezifischen Anforderungen der Lage angepasst. »Manchmal benötigen wir nur drei, manchmal dreißig oder mehr Arbeitsplätze.« Weil gleichzeitig der »normale« Notrufbetrieb unbeeinträchtigt weiter laufen muss, lassen sich mit dem neuen System sehr schnell so viele Arbeitsplätze wie nötig virtuell in das Call Center integrieren. Schmidt: »Gegebenenfalls können Sachbearbeiter, die sich bei einem bestimmten Thema auskennen, betroffenen Bürgern Rede und Antwort stehen, ohne ihren Arbeitsplatz verlassen zu müssen.« Die Stadtverwaltung Düsseldorf, die stets selbst um Bürgernähe bemüht ist, überlegt nun, ob sie ein ähnliches System implementiert.
Heike Lischewski ist freie Journalistin in Berlin.