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Kopfnuss

Schönreden: Sprechen Sie schon Kris-isch?

Angesichts der wirtschaftlichen Lage folgen hochrangige Vertreter der IT-Branche zurzeit dem psychologischen Prinzip »je ernster die Lage desto optimistischer die Sprache«.

Autor:Redaktion connect-professional • 25.3.2009 • ca. 1:20 Min

Wie der Kopfnuss zu Ohren gekommen ist, bieten große Unternehmensberatungen wie McKinsey, Boston Consulting oder Pricewaterhouse Coopers inzwischen Kurse an, in der neuen Wirtschaftssprache: Kris-isch.

Das Krisische lehnt sich zwar an die landläufige Business- Sprache an, folgt jedoch völlig eigenen – zum Teil höchst komplexen – Regeln: Nimmt ein Hersteller sich beispielsweise aufgrund der Folgen der Finanzkrise vor, sein halbes Portfolio zusammenzustreichen, heißt dies auf krisisch: »Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft.« In den Kursen lernen die Manager auch, dass der Satz »Wir entlassen die Hälfte unserer Mitarbeiter«, sehr negativ aufgenommen werden könnte und deshalb auf krisisch folgendermaßen zu lauten hat: »Wir betreiben in Zukunft ein aktives Probezeitmanagement«. Der entlassene Ehemann kann dann freudestrahlend seiner Ehefrau mitteilen, dass er in Zukunft aktiv zur Kostensenkung in seinem Betrieb beiträgt.

Wenn die Hälfte des Gewinnes wegbricht, stellt das die Geschäftsführer im Krisischen auch nicht vor Probleme, sondern allenfalls vor Herausforderungen. Der Satz »ich suche mir eine neue Herausforderung« ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht zulässig. Auch nicht wenn ein Unternehmen einen Top-Manager rausschmeißt, denn im Krisischen für Dummies heißt es: »er zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück« – gerne noch mit dem Zusatz »aus persönlichen Gründen«. Schlägt sich ein Hersteller ganz am Ende der Nahrungskette mit einem verschwindend geringen Marktanteil in einem Segment herum, bedeutet das auf krisisch: »Wir haben ein sehr großes Potenzial im XY-Marktsegment.«

Borussia Mönchengladbach hat demzufolge auch noch ein großes Potenzial in der ersten Bundesliga – das ist wohl richtig. Aber zu behaupten, das Potenzial von Hertha BSC sei sehr gering, nur weil sie an erster Stelle der Tabelle stehen, will nicht so richtig einleuchten. Künftig soll das Krisische auch in Schulen eingeführt werden, was bei den Schülern auf großen Zuspruch stößt. Die Noten Mangelhaft und Ungenügend werden nämlich durch »hat großes Potenzial« und »hat sehr großes Potenzial« ersetzt.!