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SCM mit Frühlingsgefühlen (Fortsetzung)

Autor:Redaktion connect-professional • 5.5.2005 • ca. 3:45 Min

Inhalt
  1. SCM mit Frühlingsgefühlen
  2. SCM mit Frühlingsgefühlen (Fortsetzung)

David gegen Goliat
Die SCM-Marktgröße im Jahr 2004 betrug weltweit sechs Milliarden Dollar. International betrachtet und auch hierzulande haben große Hersteller deutlich die Nase vorn in diesem Business, zumindest was die Marktaufteilung betrifft (siehe Tabelle). Genau genommen sind heute etwa 50 Prozent des Lizenz- und Support-Geschäfts in den Händen der Top Ten Anbieter der Branche. Das sah vor drei Jahren anders aus, als die ersten zehn Player der Rankingliste lediglich die Hälfte Marktanteil besaßen. Die große Konsolidierungswelle, für die immer noch kein Ende in Sicht ist, ist der treibende Motor für diese Entwicklung.
»Viele potentielle Kunden gehen immer noch quasi direkt zu den Großanbietern, wenn sie sich nach einer Lösung umsehen«, erklärt Jörg Theobald, Senior Consultant und Mitglied der SCM-Management-Unit beim Beratungshaus Orbis. Er erzählt, dass Kunden wegen der breiten Funktionalität, aber auch wegen der erhofften Kontinuität der Lösung lieber große als kleine Anbieter bevorzugen. »Sie wollen nicht unbedingt mit einem Unternehmen ins Geschäft kommen, das womöglich bald von einem anderen geschluckt wird«, so Theobald.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass Software von Best-of-Breed-Häusern schlechter ist. Oft bieten solche Produkte eine sehr gute und innovative Funktionalität (Grund warum sie von Großanbietern später gekauft werden).
»Anwender bevorzugen oft starke Partner, weil sie sich von Ihnen eine langfristige nicht nur finanzielle Sicherheit und Zuverlässigkeit versprechen«, so Liess. Firmen, für die eine gute Integration das Wichtigste ist, tendieren dazu, sich für einen All-in-One-Hersteller zu entscheiden. »Ebenso gibt es aber auch Unternehmen, für deren Kerngeschäft der reibungslose Ablauf der Wertschöpfungskette zentraler Erfolgsbaustein ist, zum Beispiel im Einzel- und Großhandel. Diese Betriebe wählen bewusst die Produkte von Supply-Chain-Spezialisten. Damit können sie durch innovative Funktionalitäten signifikante Wettbewerbsvorteile gegenüber Mitbewerbern verbuchen«, fügt Liess hinzu.

Trends
Was die reine Technologie betrifft, werden, ähnlich wie bei ERP, offene Standards und eine Web Services basierte Architektur immer mehr von den Herstellern angeboten und auf Anwenderseite bevorzugt. RFID wird an Bedeutung gewinnen, weil diese Technik ganz neue Kollaborationsszenarien, eine genauere Planung und eine noch gezieltere Reaktion auf plötzliche Nachfrageänderungen ermöglicht.
Außerdem wird laut IDC das Supply-Chain-Event-Management immer mehr ein Thema. »Hier nimmt die unternehmensübergreifende Datenkommunikation sowohl im Beschaffungs- als auch im Distributionsprozess stark zu, die Prozesse in der Logistikkette werden komplexer und störanfälliger und die Datenflut steigt. Darüber hinaus werden die Ansprüche der Kunden im Hinblick auf Service-Level immer höher«, erläutert Jörg Fürbacher, Vorstand vom SCM-Anbieter Euro-Log.
Anhand eines einfachen Beispiels erklärt er, warum das Event-Management für Unternehmen so wichtig ist: »Wird eine dringend benötigte Express-Sendung, die morgens beim Kunden ausgeliefert werden soll, auf dem Transportweg beschädigt, können bereits am Vortag automatisiert Lieferant und Kunde über dieses »Event« informiert und somit ein eventuell entstehender finanzieller Schaden vermieden werden«. Das bekommt eine noch viel größere Bedeutung, wenn man ähnliche Situationen auf komplexe Logistikketten, in denen alle Beteiligten die Informationen über den Soll-Zustand und Abgleich zwischen Ist und Soll nach (technischer) Möglichkeit in Echtzeit erhalten müssten, überträgt.
Um in der Lage zu sein, genau das zu realisieren, muß vorher eine Abgleichung der Datenbestände aus den verschiedenen IT-Systemen geschehen. Dabei sind wir beim nächsten Trend: Data Synchronization. Damit eine gute Produktplanung und Verwaltung der Lagerbeständen stattfinden kann, müssen vorher Datenabweichungen aus dem Weg geräumt werden. Das ist die Basis für gut koordinierte firmenübergreifende Abläufe.   

Angespannte Lage
Auf die Frage warum die Lage am SCM-Markt in den letzten Jahren so angespannt war, sind sich die Anbieter in einem Punkt einig: »Allgemein gesehen war die wirtschaftliche Situation der meisten Märkte weltweit in den letzten Jahren von einem Rückgang geprägt. Dies hat zu Einschnitten im Kapitaleinsatz geführt«, so Gunter Kraft, i2 Vice President EMEA for Sales Consulting.
Einen anderen Grund für die etwas bescheidene Lage in diesem Umfeld sieht Peter Feußner, Vorstandsvorsitzender beim SCM-Hersteller Wasserman AG: »Aus verschiedenen Gründen - wie die zeitlich aufwändige Einführung oder mangelnde organisatorische Anpassungen - blieb oft der erhoffte Return-on-Investment aus oder verzögerte sich zumindest erheblich. SCM-Projekte haben daher leider den Ruf, immer zu lange zu dauern und ungeplant viel Geld zu kosten. Das hat die Entscheidungsfreudigkeit von Vorständen und Geschäftsführern nicht gerade gefördert«.
Zum anderen hat sich der Wettbewerb in diesem Markt verstärkt. Immer mehr drängen sich Hersteller aus anderen Bereichen in den SCM-Markt, so dass die angestammten Anbieter weiter unter Druck kommen.  
»Um in dem äußerst wettbewerbsintensiven Markt bestehen zu können muss ein Unternehmen immer daran arbeiten, effizient zu sein. Wir glauben, dass i2 mit weniger Ausgaben mehr erreichen kann, indem wir einen strategischen Fokus setzen, nach Prioritäten vorgehen und unsere Prozesse verbessern«, so kommentiert i2s Vice President EMEA die Entlassung von 15 Prozent der Belegschaft wegen der finanziell angespannten Lage des Unternehmens.

Land in Sicht
»Obwohl die Nachfrage für Supply-Chain-Management-Software in den letzten Jahren rückläufig war, gibt es eine Reihe von Marktsignalen dafür, dass sich dieser Trend wieder gewendet hat und die Branche für die kommenden Jahre wieder positive Zuwachsraten verbuchen wird«, prognostiziert IDC Analyst, Anita Liess.
Laut Ihrer Studie plant fast die ­Hälfte der befragten Unternehmen in Supply-Chain-Management-Projekte zu in­ves­tieren. 64 Prozent davon haben sogar das Budget dafür bereits genehmigt ­be­kommen und wollen demnächst aktiv werden.