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OSBA-Gastkommentar

So gelingt die Open-Source-Transformation der Verwaltung

Wie kann die öffentliche Verwaltung digitale Souveränität zurückgewinnen? In seinem Gastbeitrag zeigt Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance – Bundesverband für digitale Souveränität e.V., auf, warum offene Softwarelösungen ein zentraler Hebel sind und welche Rolle der Staat als Ankerkunde spielen sollte.

Autor: Peter Ganten / Redaktion: Diana Künstler • 8.12.2025 • ca. 2:20 Min

Peter Ganten, OSBA
Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance – Bundesverband für digitale Souveränität e.V.
© OSBA

Die massiven Abhängigkeiten der öffentlichen Verwaltung von amerikanischen und chinesischen Digitalunternehmen sind ein wachsendes Problem. Die Angst wächst, dass beispielsweise die US-Regierung schon morgen eine Blockade der hier genutzten Cloud-Systeme oder eine Zugriffssperrung auf die eigenen Daten als politisches Druckmittel verwendet.

Digitale Souveränität durch Open Source Software

Viele Verwaltungen setzen deswegen zunehmend auf Open Source Software, um Kontrolle und Gestaltungshoheit über die genutzte Software zu behalten. Aufgrund der Freiheiten, die Open-Source-Lizenzen gewähren, können Behörden den Quellcode einsehen, ihn unabhängig prüfen lassen und die Software gemeinsam weiterentwickeln und auch frei weitergeben.

Eine öffentliche Verwaltung, die auf Open Source setzt, kann moderne, krisenresiliente, interoperable und vertrauenswürdige Infrastrukturen aufbauen. Sie kann bei Bedarf viel einfacher zwischen Anbietern wechseln, Software perfekt an die eigenen Bedürfnisse anpassen, Synergieeffekte nutzen und Steuergelder wirtschaftlicher verwenden. Auf diese Weise bietet Open Source Software einen Ausweg aus dem Vendor-Lock-In und trägt entscheidend zur digitalen Souveränität bei.

Make or Buy?

Doch wie kommt der Staat zu den Open-Source-Lösungen, die er für die Stärkung seiner digitalen Souveränität benötigt? Soll er diese selbst entwickeln oder sie von der privaten IT-Industrie kaufen?

Für die öffentliche Verwaltung ist es deutlich effizienter, wenn sie Open-Source-Lösungen vom privaten Sektor kauft. Denn die IT-Industrie ist bereits darauf spezialisiert, leistungsfähige, skalierbare und allgemein anwendbare Softwarelösungen zu entwickeln, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor genutzt werden können. Würde der Staat versuchen, mit der in der Wirtschaft bereits vorhandenen Expertise zu konkurrieren, würden dabei weniger leistungsfähige Produkte entstehen, für deren Entwicklung aber ein Vielfaches der Ressourcen benötigt würde. Das ist unwirtschaftlich und würde viel zu lange dauern.

Software profitiert darüberhinaus von Skaleneffekten. Je mehr Nutzer aus Verwaltung und Wirtschaft eine bestimmte Lösung nutzen, desto mehr Geld steht potentiell für ihre Weiterentwicklung zur Verfügung, und desto höher ist die Chance auf ein hochqualitatives Produkt.

Der Staat als Ankerkunde

Der Staat muss deshalb seiner Verantwortung als Ankerkunde gerecht werden – das hat die Bundesregierung auch im Koalitionsvertrag als Ziel formuliert: „Den Staat machen wir zum Ankerkunden für die digitale Wirtschaft und wollen vorrangig private IT-Dienstleister zur Stärkung der digitalen Souveränität nutzen“. Die öffentliche Verwaltung sollte überall, wo es möglich ist, auf kommerzielle Open-Source-Lösungen zurückgreifen. Deshalb fordern wir im Rahmen der aktuellen Vergaberechtsreform auch eine „Open-Source-by-Default“-Regelung.

Klare politische Rahmenbedingungen für eine bevorzugte Beschaffung von Open Source Software senden ein deutliches Signal in die lokale Wirtschaft. Denn dort, wo eine eindeutige Nachfrage besteht, bewegt sich auch die Angebotsseite auf dem Markt in die entsprechende Richtung. IT-Unternehmen, die heute noch hauptsächlich proprietäre Software entwickeln, bekommen so Anreize, in Open-Source-Lösungen zu investieren. So entsteht in der IT-Industrie ein wachsendes Angebot an Open-Source-Lösungen, die der Staat nutzen kann.

Open Source als Innovationsbooster für Staat und Industrie

Wenn der Staat voran geht und in die Entwicklung von Open-Source-Alternativen investiert, kurbelt dies auch die lokale Wirtschaft an. Das Land Schleswig-Holstein oder die Stadt Dortmund haben deswegen die Förderung von Open Source Software explizit in ihre Wirtschaftsförderungsinitiativen integriert.

Und von immer leistungsfähigeren Open-Source-Lösungen profitiert auch die Privatwirtschaft, denn auch dort kann Open-Source-Standardsoftware bestehende Abhängigkeiten ablösen. Open Source Software ist also als Innovationsbooster für einen modernen Staat und eine starke Wirtschaft.