Strategisch klug: Geh-Hilfen von Porsche
Es gibt Entscheidungen in Unternehmen oder von Unternehmern, die man als Außenstehender nicht unbedingt nachvollziehen kann. Damit meinen wir nicht, warum kürzlich der 48- jährige Besitzer der gut gehenden Fleischerei im kleinen Einkaufszentrum nahe des CRN-Verlagshauses mit dem Lehrmädchen nach Ibiza durchgebrannt ist. Eine solche Entscheidung kann man verstehen – insbesondere dann, wenn man die Metzgersgattin kennt.
Gemeint sind so genannte, strategische Entscheidungen. Das Wort »strategisch« impliziert dabei stets die enorme Tragweite einer Entscheidung, meist auch die unendliche Weisheit des Entscheiders und den entsprechend genialen Nutzen für das Unternehmen. Eine solche, strategische Entscheidung traf beispielsweise im Jahr 1998 ein gewisser Jürgen Schrempp. Er sorgte dafür, dass sein enorm erfolgreiches Unternehmen Daimler-Benz für 36 Milliarden US-Dollar das enorm erfolglose Konkurrenzunternehmen Chrysler aufkaufte.
In der Folgezeit verloren fast 20.000 Menschen ihren Job und nach neun Jahren entschied ein gewisser Dieter Zetsche, der jetzt den Job von Jürgen Schrempp macht, die chronisch defizitäre Ami-Bude wieder zu verkaufen. So geschehen am 14. Mai dieses Jahres zum Schnäppchenpreis von 5,5 Milliarden Euro.
Ein brandaktueller Fall von strategischem Dekret ist die Ankündigung des US-Netzwerkherstellers Avaya, künftig auch Consumer- Produkte für Voice-over-IP anzubieten. Gerüchten zufolge fiel diese Entscheidung bereits im vergangenen Jahr: Denn nach der Fußball-WM 2006 hatten die Unternehmens-Strategen bemerkt, dass trotz millionenteurer Bandenwerbung noch immer niemand wusste, wer oder was ein Avaya ist. Selbst bei »Budweiser« wussten nach der WM erheblich mehr Menschen, dass es sich dabei wahlweise um ein wohlschmeckendes Bier aus Tschechien oder um fieses Gesöff aus den USA handelt.
Avaya wird künftig also VoIPHeadsets, USB-Telefone und vielleicht auch kleine WLAN-Router für daheim anbieten. Wenn ihnen diese Ankündigung ungefähr so klug erscheint wie eine Mitteilung von Porsche, künftig auch Geh-Hilfen zu produzieren, dann denken sie nicht strategisch! Ein Aufstieg in das Top-Management wird ihnen auf ewig verwehrt bleiben. Am besten wird es sein, sie wandern aus. Vielleicht nach Ibiza. Sollten sie dort einen frisch verliebten Metzger mit einer viel zu jungen Freundin treffen, dann klopfen sie ihm auf die Schulter und geben sie ihm eine Caipirinha aus.