Tech Data startet neue Aufholjagd: Abgespeckt
Tech Data startet neue Aufholjagd: Abgespeckt. Das Distributionsschwergewicht Tech Data hat eine mühsame Abmagerungskur hinter sich gebracht. Jetzt spricht die neu formierte Führungscrew Tacheles: Mit viel Engagement und der Hartnäckigkeit des drahtig gewordenen Dauerläufers will man die Fachhändler und die Lieferanten auf den neuen Tech Data-Kurs einschwören.
Tech Data startet neue Aufholjagd: Abgespeckt
Klar ist: Thomas F. Huber wurde von Tech Data nicht als Zentraleuropachef installiert, damit er Nettigkeiten kommuniziert. »Der Speck musste weg!«, beschreibt er wenig zimperlich die nun weitgehend abgeschlossenen Restrukturierungsarbeiten, welche die Konzernzentrale den europäischen Gesellschaften verordnete. Ziel war es, den Distributor in Europa auf ein »ökonomisches Manövriergewicht« herab zu setzen, sprich: Der immer noch größte Distributor Europas war ein wenig zu groß geworden. Also wurden viele Back-Office-Funktionen zentralisiert oder innerhalb der Vertriebsregionen UK, Benelux, Skandinavien, Zentraleuropa, Frankreich oder Iberia umverteilt, denn der Broadliner will sich kein europäisches Headquarter leisten. Bürokratie soll in jedem Fall vermieden werden. »Es gilt, europaweit Synergieeffekte zu nutzen, in den einzelnen Ländern aber vertriebs- und marketingseitig möglichst nah am Kunden zu sein«, konkretisiert Huber.
Eine Baustelle bleibt vorerst: Die Neuaufstellung des Azlan High-end-Netzwerkgeschäfts auf Europa-Ebene wird voraussichtlich Ende September abgeschlossen sein. In Deutschland wurde der Bereich in die TD Midrange und damit in die Verantwortung von TDM-Geschäftsführer Marc Müller integriert. Tech Data reagiere mit den Restrukturierungsmaßnahmen rechtzeitig auf veränderte Marktbedingungen, welche auch Mitbewerber unter Zugzwang brächten: »Nicht nur wir, alle Distributionsunternehmen müssen ihre Strukturen den Marktbedingungen anpassen«, betont Huber und verweist damit unausgesprochen auf Ingram Micro und Actebis Peacock. In allen Fällen lautet das Schlagwort: Prozesse optimieren, schlanke Strukturen für den immer enger werdenden Markt.
Bei Tech Data wird wieder geschuftet
Nur: Actebis Peacock hat die Schlankheitskur bereits abgeschlossen und nahm seither dem Münchner Distributor in Deutschland kontinuierlich Marktanteile ab (siehe dazu auch CRN 35/Titel). Marktführer Ingram Micro findet ausreichend Zeit, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, denn der Abstand zum einst gefährlichen Wettbewerber Tech Data vergrößerte sich beinahe ohne eigenes Zutun. Allzu oft agierte Tech Data neben Platzhirsch Ingram und dem frechen Marktanteile-Jäger Actebis träge und ineffektiv. Das Vertrauen der Fachhandelspartner und Lieferanten in den Konzern schwand.
Doch in die Vergangenheit wolle man nicht mehr blicken, zieht Ex-Actebis-Geschäftsführer William Geens, der nun Marketingdirektor beim Münchner Broadliner ist und vor allem die Kommunikation zu den Lieferanten verantwortet, einen Schlussstrich: »Jetzt haben wir nicht nur eine neue, sondern eine bessere Tech Data.« Von Lieferantenseite habe er bereits Zustimmung für den neuen Kurs erhalten, und der neue Country Manager Klaus Schlichtherle ist sich zwar bewusst, dass manche Fehler aus der Vergangenheit, wie etwa der Versuch SMB-Reseller zur Telefonbestellung zu zwingen, immer noch nicht ganz vergessen sind, doch ist er überzeugt, dass er das Ruder herumreißen kann, denn ab sofort müsse jeder Mitarbeiter mit Engagement und Herz am Fachhandelskunden arbeiten. Durch proaktiven Vertrieb und auf die jeweilige Kundengruppe abgestimmte Unterstützungsmaßnahmen habe man bereits mehrere hundert Neukunden gewinnen können.
Die Ziele der neuen Führungscrew sind freilich dieselben wie die der Vorgänger Marcus Adä und Andreas Dürst: Kundenzufriedenheit erhöhen, Marktanteile bei Large Accounts, Retailern und vor allem im heiß umworbenen SMB-Bereich gewinnen. Viele Konzepte, die unter Adä in die Wege geleitet wurden, wie beispielsweise die SMB-Initiative Tech-Select, zielten schon in die richtige Richtung. Doch bislang habe es an der konsequenten Umsetzung gehapert. Deshalb heißt es nun: Schluss mit langen Labersitzungen ? ab sofort wird geschuftet. Der Maßnahmenkatalog, den die neue Tech Data-Führung erstellt hat, um die Reseller wieder an sich zu binden, zielt auf intensivere Händlerbetreuung, wettbewerbsfähige Preise und ein starkes Vertriebssortiment:
Proaktiver Vertrieb. »Die Händler sollen spüren, dass wir sie haben wollen«, sagt Schlichtherle. Das heißt, die TD-Vertriebsmitarbeiter sollen sich ab sofort noch intensiver um die Belange ihrer Händler kümmern. Der Tele Sales muss noch fleißiger auf Kundenfang gehen. Jeden Morgen stimmt die Führungscrew um Schlichtherle, Geens und Vertriebsdirektor Erik Walter, das Team auf die bevorstehenden Aufgaben ein.
Wettbewerbsfähige Preise und guter Service. »Wir werden das alte Image von den Apotheken-Preisen bei Tech Data schnell widerlegen«, verspricht Marketing-Direktor Geens. Vor allem im Rahmen von Aktionen will der Broadliner preisaggressiv auftreten. Durch Verkaufsaktionen und spezielle Unterstützungsmaßnahmen, wie beispielsweise den »Frachtfrei-Tag«, habe man bisher schon zusätzliches Geschäft in sechsstelliger Höhe generieren können. »Das heißt aber auch nicht, dass wir Preise zerstören werden«, so Geens, denn gleichzeitig wolle man mit Service-Qualität überzeugen.
Portfolio gezielt erweitern. Auch das Lieferprogramm soll gezielt ausgebaut werden: »Unser Anspruch ist es, 90 Prozent der Marktanforderungen abdecken zu können«, erklärt Schlichtherle. Die derzeitige Abdeckung liegt nach Ansicht des Country Manager schon bei über 80 Prozent. Dabei will der Distributor in der Sortimentspolitik flexibel bleiben: »Wir werden immer wieder punktuell neue Hersteller aufnehmen, dafür werden andere auch mal wegfallen«.
Wende schon geschafft?
Zugegeben: Die Vorgaben der Führung zur Wiedererlangung alter Stärke klingen zunächst wenig spektakulär. Schließlich setzen auch andere Distributoren schon seit längerem auf diese Maßnahmen. Doch wer solche Vorstellungen für unzureichend hält, sei gewarnt: Auch Actebis Peacock konnte ? just als man das Unternehmen schon abschreiben wollte ? durch eine Strukturverschlankung, preisaggressives Marketing und intensive Vertriebsarbeit seine Position im Markt wieder stärken. »Distribution ist nicht komplex«, meint dazu Thomas Huber, »man muss nur konsequent umsetzen, was man sich vornimmt«.
Der Zentraleuropa-Chef zweifelt nicht daran, dass Tech Data die Wende schon geschafft hat: »Wir haben eine ausgezeichnete Ausgangsposition«, betont Huber, »beispielsweise haben wir von allen Distributoren die breiteste Kundenbasis«. Zwar musste der Distributor zuletzt im zweiten Quartal aufgrund von Sondereffekten, die sich aus dem EMEA-Restrukturierungsprogramm ergeben, einen Netto-Verlust von fast 60 Millionen US-Dollar ausweisen, doch Huber zeigt sich davon wenig beeindruckt: In der Bilanz des Broadliners machten sich die Verbesserungsmaßnahmen bereits bemerkbar.
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