Jetzt ist es amtlich: »Tell-a-friend«-Mails stellen abmahnbare und damit unlautere Werbung dar, so urteilte der Bundesgerichtshof Mitte September.
Die »Tell-a-friend«-Funktion kennt fast jeder, der bei Etailern im Internet einkauft. Bisher wurde der Button von E-Commerce-Unternehmen häufig eingesetzt, um gegenüber unbekannten, aber potenziellen Kunden auf das eigene Angebot aufmerksam zu machen.
Über eine auf der Website integrierte Weiterempfehlungs-Option konnten Nutzer, unter Angabe der eigenen Mail-Adresse, zusätzlich die einer bekannten Person eintragen. In der Folge wurde damit an eine – dem Website-Betreiber bisher unbekannte – Adresse eine automatisch generierte Mail mit Hinweisen auf die hauseigene Website direkt von dessen Server aus versandt. Der Empfänger sollte so auf das spezielle Angebot aufmerksam gemacht werden.
Grundsätzlich stellt jede per Mail an eine bestimmte Adresse versandte Werbung eine unzumutbare Belästigung und damit wettbewerbswidrige Handlung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (UWG – Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) dar, soweit sie ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers erfolgt. Um Abmahnungen vorzubeugen, bedienen sich daher Online-Händler oft des sogenannten »Opt-In«-Verfahrens: Setzen Verbraucher ein Häkchen, willigen sie in die Zusendung von Angeboten oder betriebsbezogenen Mails ein, somit ist das Werben gerechtfertigt. Fehlt ein solche Zustimmung, gilt die unaufgeforderte Verbreitung von Werbematerial per Mail als unzulässiger Spam.
In seiner Entscheidung stufte der BGH zunächst die streitigen Empfehlungs-Mails als Werbung im Sinne der Richtlinie 2006/113/EG ein, die jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, als werbende Handlung definiert. Dass das Versenden der Mails im Rahmen der »Tell-a-friend«-Funktion auf dem Willen eines Dritten beruhe, sei für die Einordnung der Inhalte als Werbung unerheblich.
Gleichzeitig statuierte der BGH, dass die Empfehlungsmails unabhängig davon, ob ein Dritter diese veranlasse, immer der Sphäre des Website-Betreibers zuzurechnen seien, da der eigentliche Sinn und Zweck der Weiterempfehlung die Übermittlung des Hinweises auf die eigene Internetpräsenz sei. Dies gelte umso mehr, wenn er Betreiber der Website gegenüber dem Empfänger als Absender der Mail erscheint.
Bei der Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit und der daraus folgenden Unzulässigkeit der Werbung (die von der »Tell-a-friend«-Funktion herrührt) kommt es maßgeblich darauf an, ob der Empfänger in die unaufgeforderte Zusendung derartiger Inhalte eingewilligt habe. Liege keine Einwilligung vor, so sei der in Anbetracht der Werbemails wehrlose Verbraucher schützenswert, und die Mails daher nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG unzulässig.
Der Autor Phil Salewski ist freier juristischer Mitarbeiter der IT-Recht Kanzlei.