Übernahme von Peribit und Redline: Spezialisten sollen Juniper voranbringen. Juniper übernimmt Peribit Networks für 337 Millionen Dollar und gleichzeitig Redline Networks für 132 Millionen Dollar. Beide Nischenanbieter zusammen erwirtschafteten 2004 lediglich einen Umsatz von 40 Millionen Dollar. Sind die Übernahmen also nur ein teurer Spaß oder wirklich ein weiterer Schritt auf dem Weg, Cisco auch außerhalb des Core-Routing-Marktes ernsthaft Konkurrenz zu machen?
Kurz nach Vorlegen der recht erfreulichen Bilanzzahlen für 2004 hat Juniper Networks gleich zwei Übernahmen in Angriff genommen: Peribit Networks, einen der Marktführer bei Technologien zur WAN-Optimierung, und Redline Networks, Entwickler von so genannter Application Front End-Technologie. Damit haben sich die Erwartungen zahlreicher Branchenbeobachter, dass sich das Unternehmen mit einem eher als Generalisten aufgestellten Anbieter aus dem LAN-Switching-Markt verstärken wird, zunächst nicht erfüllt.
Redline Networks, erst im Jahr 2000 gegründet, beschäftigt sich mit der Entwicklung von Netzwerklösungen, die Web-fähige Datenzentren und öffentliche Webseiten optimieren. Peribit Networks startete mit High-End-Technologien zur Bandbreitenoptimierung von WAN-Strecken und bemühte sich in den vergangenen Monaten um einen breiteren Zugang zum Channel. Entsprechende Produkte, um in diesem Segment Unternehmen wie Packeteer und Allot Communications Konkurrenz zu machen, waren in Vorbereitung.
Juniper mausert sich mittels der Übernahmen allmählich zum ernst zu nehmenden Cisco-Rivalen auf breiterer Front und zum interessanten Hersteller für den Channel. So zumindest das Echo aus der Distribution. »Weg vom Nischen-Provider für Konzerne und ISPs, hin zum Netzwerk-Generalisten für Unternehmen jeder Größe. Und, eng damit verbunden: Weg vom Direktvertrieb, hin zum Channel«, fasst Robert Jung, Geschäftsführer der Entrada Kommunikations GmbH, die Ereignisse aus seiner Sicht zusammen. Beiden erklärten Zielen sei Juniper mit der Übernahme von Peribit und Redline ein Stück näher gekommen. »Die neuen Lösungen runden das Angebot für Unternehmenskunden sehr gut ab. Das macht Juniper als Cisco-Alternative noch interessanter ? für Endkunden, aber auch für neue Partner im Channel«, ist sich Jung zudem sicher. Aber auch beim Juniper-Distributor Allasso werden die Übernahmen positiv gesehen: »Wir haben Juniper nicht umsonst in unser Portfolio aufgenommen. Uns war schon lange klar, wie wichtig der Netzwerkmarkt ist und haben das bereits vor zwei Jahren durch die Partnerschaft mit Allot zum Ausdruck gebracht«, kommentiert Allasso-Chef Chris Gröger.
Erster großer Schritt von Juniper, um Cisco neben dem angestammten Core-Router-Geschäft auch in anderen Segmenten Marktanteile streitig zu machen, war die Übernahme des kometenhaft zum Check Point-Widersacher aufgestiegenen Security-Anbieters Netscreen für fast vier Milliarden US-Dollar im Februar vergangenen Jahres. Damit verbunden war auch der Einstieg in den Channel: Während Netscreen neben Security-Technologien auch ein gut funktionierendes Netz von Distributoren und Systemhäusern mit in die Firmenehe einbrachte, hatte Juniper zuvor deutlich über 90 Prozent seines Geschäftes direkt oder mit einer sehr kleinen Zahl handverlesener Integratoren abgewickelt.
Das ändert sich nun aber. »Der Netscreen-Brand, den wir auch weiterhin für unsere Security-Produkte verwenden werden, ist etabliert. Die Marke Juniper ist dagegen nur in zwei Bereichen bekannt: Bei Service Providern und Konzernen. Stärken müssen wir den Brand bei Endkunden und Partnern. Deswegen haben wir in den vergangenen Monaten unser Reseller-Marketing intensiviert«, berichtete Gert-Jan Schenk, VP Partner Management EMEA Juniper, in der gläsernen Cebit-Redaktion der CRN. Derzeit vermarktet Juniper seine Produkte in Europa über 400 aktive Reseller. Der Hersteller sucht aber weitere Partner, die gezielt den SMB-Markt adressieren. Die Zahl der Distributoren will Schenk jedoch nicht vergrößern, »mit unseren bestehenden vier Großhändlern ? Allasso, Noxs, TLK und Entrada ? bin ich sehr zufrieden,« führte der Manager im Exklusiv-Gespräch mit CRN aus.
Weniger zufrieden dürfte Schenk aber mit den Umsatz- und Absatzzahlen der vergangenen Monate sein: Sowohl bei SSL-Gateways als auch bei Intrusion Detection/Intrusion Prevention-Systemen, beides Produktgruppen, die durch die Netscreen-Übernahme zu Juniper kamen, verlor das Unternehmen in einem rasch wachsenden Markt Anteile. So lobt Charles Kolodgy, Research Director für Security- Produkte beim Marktforschungsunternehmen IDC, zu Recht, dass »Juniper Networks 2004 ganz klarer Marktführer bei SSL-Gateways war und die Umsatzzahlen größer sind als die der drei schärfsten Mitbewerber zusammengenommen«.
Er dürfte aber auch bemerkt haben, was die Kollegen von Infonetics Research in ihrer Studie zu dem Marktsegment feststellten: Während der Markt vom zweiten auf das vierte Quartal, gemessen an den verkauften Stückzahlen, um 25 Prozent zulegte, stagnierte Juniper. Das führte dazu, dass der Marktanteil von 52 auf 38 Prozent absackte. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei genauerer Betrachtung auch bei IDS/IPS-Systemen: Während der Markt sich laut Infonetics weltweit sowohl nach verkauften Stückzahlen als auch nach Umsatz mehr als verdoppelte, konnte Juniper zwischen dem zweiten und dem dritten Quartal 2004 nur wenig zulegen. Der Marktanteil nach verkauften Stückzahlen ging in Folge von 47 auf rund 30 Prozent zurück, gemessen am Umsatz sackte er von rund 20 auf rund 12 Prozent ab.
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Nachdem sich Juniper jahrelang auf die lukrative Nische des Marktes für Core-Router beschränkte, wagte der Hersteller mit der Übernahme von Netscreen vor einem Jahr den Sprung in einen ganz anderen Markt: Distribution, Channel, Volumen waren bis dahin Fremdworte für ein Unternehmen, das auf die Telekoms dieser Welt als Kunden verweist. Schmerzfrei ging die Umstellung nicht über die Bühne ? Juniper verlor mit den Netscreen-Produkten in einem rasch wachsenden Markt an Schwung, Marktanteile gingen verloren. Jetzt wurden für viel Geld wieder zwei Spezialanbieter übernommen. Die Präsenz im Markt wird dadurch nicht größer. Was fehlt, ist beim Netzwerk-Juwelier Juniper das Brot- und Butter-Geschäft. So lange es dafür kein breites Angebot gibt, wird es der Hersteller im Channel auch weiterhin schwer haben.