Used-IT: Neue Geschäftsfelder für Systemhäuser

12. Februar 2004, 0:00 Uhr | Markus Reuter

Used-IT: Neue Geschäftsfelder für Systemhäuser. Der Markt für gebrauchte IT-Produkte lockt auch in diesem Jahr mit Margen um 20 Prozent. Laut einer aktuellen CRN-Umfrage handelt mittlerweile jeder dritte IT-Händler zumindest gelegentlich mit Used-IT. Während die Nachfrage von Firmenkunden steigen wird, ist die Beschaffungsseite nach wie vor ein Problem. Systemhäuser könnten dieses Dilemma lösen und damit noch Geld verdienen.

Used-IT: Neue Geschäftsfelder für Systemhäuser

Hans-Dieter Wagner ist als Niederlassungsleiter einer großen Krankenkasse in Wolfenbüttel auch für den IT-Einkauf zuständig. Bislang setzte Wagner ausschließlich auf neue Produkte, größere Neuanschaffungen ließ die Krankenkasse über Ausschreibungen laufen. Im Oktober vergangenen Jahres schaffte der Filialleiter erstmals gebrauchte IT-Produkte an. Den Tipp, sich bei einem spezialisierten Händler im benachbarten Braunschweig umzusehen, erhielt er von einem befreundeten Unternehmer. »Ich hatte zuvor nicht gewusst, dass es die Möglichkeit gibt, sich mit gebrauchten Monitoren oder PCs beim Handel einzudecken. Künftig nutze ich diese Quelle für Ersatzbeschaffungen«, erklärt Wagner. Diesmal kaufte er sieben gebrauchte 15-Zoll-TFTs ein, der Stückpreis lag bei 170 Euro. »Bei diesem Preis ist die Differenz zu einem neuen CRT nicht mehr ganz so hoch und meine Mitarbeiter freuen sich über die hochwertigeren Bildschirme«, so das positive Fazit des Niederlassungsleiter.

So wie Wagner denken mittlerweile immer mehr Unternehmen. In Zeiten schmaler IT-Budgets rücken alternative Einkaufsquellen ins Bewusstsein der Entscheider. So ist es nicht erstaunlich, dass der Markt für Used-IT laut einer aktuellen CRN-Umfrage in diesem Jahr wachsen wird: 35,9 Prozent der befragten IT-Reseller prognostizieren, dass sich der Markt 2004 positiv entwickeln wird. Mit einer abnehmenden Nachfrage rechnen dagegen nur zehn Prozent. Der IT-Handel hat diesen Trend erkannt. Fast jeder Dritte (31,8 %) verkauft zumindest gelegentlich gebrauchte IT-Produkte ? so das Ergebnis der CRN Channeltracks. Vermarktet werden primär PCs (79,6 %) und PC-Peripherie (53,7 %). Aber auch höherwertiges Equipment wie beispielsweise Server (24,1 %), Netzwerk-Produkte (20,4 %) und Storage (16,7 %) läuft über diesen Channel.

Margen nach wie vor attraktiv

Für den Handel ist Remarketing ein lohnendes Geschäft. Nach wie vor sind »Margen zum Träumen« (so CRN 23/2003) zu realisieren. Beispielsweise garantiert GS Datentechnik Resellern eine Gewinnspanne von immerhin 15 Prozent ? bei einer Einzelbestellung. Geschäftsführer Ralf Schweitzer verspricht bei größeren Stückzahlen noch höhere Margen. Der Großhändler aus Unterschleißheim zählt zu den europaweit führenden Unternehmen, die sich auf die Wiedervermarktung von gebrauchtem IT-Equipment spezialisiert haben. Die Datenbank des Distributors führt 3.000 Händler, jährlich liefert die Firma 500.000 Systeme aus. Marketing-Managern Beate Winzer-Hierlmeier schätzt, dass in diesem Jahr TFTs und Notebooks sehr gut laufen werden.

Diese Meinung vertritt auch Matthias Krönke von der Leasing-Gesellschaft BLF Leasing GmbH: »Die Nachfrage nach gebrauchten Notebooks ist sehr hoch, hier sind überaus attraktive Preise und hohe Gewinnspannen möglich.« Krönke ist ein alter Hase im Used-IT-Geschäft. Vor elf Jahren gründete er den Grossisten Omnico. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Herten gehört mittlerweile zu den größten Gebraucht-Distributoren in Deutschland und hat sich auf PCs, Monitore und Notebooks spezialisiert. Heute wickelt er für BLF Leasing, die zur VR-Leasing (Volksbank/Raiffeisen-Bank) gehört, die IT-Leasing-Rückläufer ab und vermarktet sie an Firmenkunden und Händler.

Zu wenige Systeme im Markt

Mit dem Hauptproblem des Marktes muss sich Krönke mittlerweile nicht mehr auseinandersetzen: den Engpässen auf der Beschaffungsseite. In wirtschaftlichen Krisenzeiten vermeiden Unternehmen aus Kostengründen Investitionen in Hard- und Software. Das hat fatale Folgen für den Gebrauchtmarkt, der die steigende Nachfrage nicht befriedigen kann. »Als Leasing-Gesellschaft sitzen wir sozusagen an der Quelle, weil wir die Produkte automatisch von unseren Kunden zurückbekommen.« Der Experte prognostiziert jedoch, dass sich die Beschaffungsproblematik in 2004 entspannen wird. Größere Firmen würden in diesem Jahr ihre Bestände austauschen, allerdings gebe es eine Tendenz zu veralteten Geräten. »In den nächsten Monaten werden vier bis fünf Jahre alte Systeme auf den Markt kommen. Damit lassen sich nach wie vor attraktive Margen erzielen, allerdings müssen hohe Stückzahlen abgesetzt werden«, betont Krönke.

Dies verdeutlicht ein Rechenbeispiel: Ein Pentium III mit einer Rechenleistung von 500 MHz kostet im Einkauf 80 Euro und kann für ungefähr 120 Euro an einen Kunden verkauft werden. Die prozentuale Gewinnspanne ist zwar hoch, unter dem Strich bleiben aber nur 40 Euro hängen.

Dass die deutschen Unternehmen in diesem Jahr über höhere Budgets verfügen und dementsprechend auch neue Projekte aufsetzen, bestätigt die aktuelle Studie »IT-Budget« der CRN-Schwesterzeitschrift Information Week. Demzufolge werden in diesem Jahr 29,6 Prozent der befragten Firmen mehr investieren als im Vorjahr. In 2003 waren es nur 22,9 Prozent. 22,8 Prozent werden in den nächsten Monaten weniger für IT-Equipment ausgeben, in 2003 waren es noch 31 Prozent. Dabei werden 34 Prozent aller IT-Investitionen in Hardware getätigt ? prozentual der größte Teil vor Software und Telekommunikation. Gute Nachrichten also für eine Branche, die im vergangenen Jahr noch unter der Sparsamkeit der Firmen und der damit verbundenen Produktknappheit zu leiden hatte.

Für eine weitere Entspannung auf der Beschaffungsseite könnten Systemhäuser beitragen, wenn sie in das Geschäft mit Used-IT einsteigen würden. Der Großteil der Dienstleister übernimmt nicht die alten PCs oder Server, wenn neue Systeme beim Kunden installiert werden. Dabei gibt es Gebrauchtspezialisten, die den Systemhäusern diese Arbeit abnehmen und dafür auch noch bezahlen würden. »Systemhäuser müssen nur bei uns anrufen. Wir holen die alten PCs, Server oder Workstations in Größenordnungen von 500 Stück und mehr ab und zahlen für den Lead«, schlägt Dieter Jerschl, Sales-Manager von Dovebid, vor. Der US-Konzern konzentriert sich seit über 60 Jahren auf gebrauchte Industriegüter jeder Art ? vom Hebekran über komplette Fahrzeugflotten bis zu IT-Infrastruktur. Nach eigenen Angaben hat die Firma Anlagevermögen im Wert von über fünf Milliarden Dollar bei 5.000 Aktionen und Liquidationen erwirtschaftet. »Es ist doch eine klassische Win-Win-Situation: Systemhäuser können ihren Kunden einen zusätzlichen Service bieten, wenn sie sich um das alte Equipment kümmern. Wir erhalten Produkte in einem schwierigen Beschaffungsmarkt und zahlen auch dafür«, so Jerschl.


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