Used-IT: Noch kein Geschäft für Broadliner

12. Februar 2004, 0:00 Uhr | Markus Reuter

Used-IT: Noch kein Geschäft für Broadliner. Am Geschäft mit IT-Remarketing zeigen die klassischen Volumendistributoren, die mit Neuware handeln, wenig Interesse. Die Aufbereitung gebrauchter PCs und Server sei nicht lukrativ genug. Anders bei Value-Added-Distributoren. Sie vermarkten gemeinsam mit Herstellern Rückläufer aus Projektgeschäften.

Used-IT: Noch kein Geschäft für Broadliner

Die Vorstellung war reizvoll und vielen Distributoren mehr als nur eine Überlegung wert: Gebrauchte IT-Produkte ? in der Hauptsache PCs und Server ? vom Handel zurückzunehmen und weiter zu verkaufen. Allerdings liegen dazwischen aufwändige Arbeitsprozesse: Die Daten müssen gereinigt, die Geräte selbst umfangreich getestet, defekte Komponenten ausgetauscht werden. Erst danach können die PCs und Server vermarktet werden.

Die Käufer sind Fachhändler, so Richard Weinfurtner, Director Customer Service bei Ingram Micro, die günstige IT-Produkte für kleinere Projekte benötigen oder ihren Eigenbedarf decken würden. »Viele kleine Fachhändler kaufen unsere Schnäppchen-Ware und stellen sie als günstige Lockangebote in ihren Shop«, fügt er hinzu. Außerdem gebe es SMB-Händler, die noch eigene Werkstätten besitzen, in denen sie die Ware wieder aufbessern und vervollständigen und damit ihren Umsatz steigern könnten.

So wundert es nicht, dass auch Ingram Micro den Used-IT-Markt bewusst als Schnäppchen-Markt bezeichnet, den IM-Manager Weinfurtner als »eine kleine Dienstleistung, die wir innerhalb unseres Distributionsgeschäftes anbieten«, bezeichnet. Bei diesen Schnäppchen handelt es sich um Waren aus Retouren von Fachhändlern, abgewertete Ware, die sich noch auf Lager befindet, oder um Produkte, die im Austausch als Reparatur-Ware vom Hersteller stammen.

IM-Konkurrent Tech Data engagiert sich dagegen nicht im Used-IT-Markt. »Wir machen in dieser Richtung nichts«, gibt kurz und knapp ein Sprecher des Distributors zur Antwort. Den Grund fügt er ebenso knapp hinzu: Die Wiederaufbereitung und Vermarktung gebrauchter IT-Geräte sei unrentabel.

Im Vergleich dazu wagt sich die Actebis Gruppe schon etwas weiter vor. So hat Thomas Wegener, Leiter Wiedervermarktung, eine große Nachfrage im IT-Handelsmarkt nach gebrauchter beziehungsweise nicht mehr A-wertiger Ware ausgemacht. Allerdings gebe es einige Stolpersteine zu beachten, mahnt der Actebis-Manager. »Der Verkauf an Endkunden ist aufgrund des Gewährleistungsrechts mit einigen Risiken verbunden, weshalb sich in diesem Markt eher darauf spezialisierte größere IT-Händler tummeln.« Für die Distributoren Actebis und Peacock bedeutet dies, dass Remarketing zwar durch Serviceprozesse bedingt »ein unausweichliches Business ist, das aber keineswegs fokussiert wird«. Denn jeder Verkauf von B-Ware bedeute für einen Distributor einen Wertverlust. So hat sich die Actebis Gruppe für ein kostengünstiges Remarketingkonzept entschieden: »Über wenige Großabnehmer werden alle anfallenden Waren in diesem Bereich zeitgleich wieder abgesetzt, so dass eine offensive Vermarktung nicht nötig ist«, erläutert Wegener.

Die Erfahrung, dass das Geschäft mit Used-IT mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, musste COS machen. Der Konzerngeschäftsbereich Remarketing, immerhin mit eigenständigen Gesellschaften in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Schweiz vertreten, erreicht längst nicht das geplante Volumen. Während COS-Remarketing 2002 noch rund 100.000 Geräte mit guten Margen absetzen konnte, ging das Gebrauchtgeschäft im vergangenen Jahr zurück. Als Grund gibt Markus Blumenthal, Mitglied der COS-Konzernleitung und verantwortlich für den Remarketingbereich, unumwunden zu, dass nicht nur die Wiedervermarktung schwierig, sondern auch »der Beschaffungsmarkt trocken« sei. Dabei sieht Blumenthal für solche Okkassionen durchaus Zukunftschancen: »Dieses Marktsegment wird weiter wachsen, da es echte Bedürfnisse abdeckt.« Seinen Berechnungen zufolge dürfte der europäische Markt für Gebrauchtrechner derzeit ein Volumen von etwa sechs Milliarden Euro ausmachen.

Den trockenen Beschaffungsmarkt beklagt auch Robin Wittland, Aufsichtsratsmitglied der Wortmann AG. »Die Suche nach gebrauchten Maschinen ist sehr umständlich. Mit Sicherheit ist für gebrauchte Produkte ein Graumarkt da, aber das ist nicht unser Business.« In der Tat ist es schwierig geworden, gebrauchtes IT-Equipment zu finden. Selbst die oft zitierten Leasing-Rückläufer laufen nicht mehr so schnell zurück zum Händler, wie es sich der Channel wünscht ? und wie es betriebswirtschaftlich sinnvoll wäre. »Wenn nach drei Jahren die Leasingzeit für IT-Geräte ausläuft, überlegen sich immer mehr mittlere Unternehmen, ob sie die Produkte nicht zum niedrigen Restwert übernehmen sollen«, hat beispielsweise Axel Keller, Geschäftsführer von Also ABC, in Erfahrung gebracht.

Trotzdem ist der Markt für die Distribution nicht tot. Es wird nur auf sichtbar kleinerer Flamme gekocht, als noch vor zwei oder drei Jahren geplant. Deshalb auch hält der COS Konzern an seinen Unternehmensbereichen für Remarketing fest.

Horst P. Beck, Vorstandsvorsitzender der B-Com AG, schließt Remarketing für sein Unternehmen derzeit noch aus. Um sich in diesem neuen Geschäftsfeld versuchen zu können, würden dem Kölner Distributor sowohl die Einkaufskontakte als auch die internationalen Absatzmärkte fehlen. Denn für den Used-IT-Markt müsse eine Distributor schon weit über Europa hinausgehen. »Auch vor dem Hintergrund der rückläufigen Entwicklungen der im Markt engagierten Unternehmen sehe ich keine Zukunft für ein rein deutsches oder europäisches Geschäft«, hat Beck herausgefunden. Anders hingegen sei es in Fernost. »Wenn man insbesondere in Indien mit mehr als einer Milliarde Menschen Computerwerbung oder installierte Systeme sieht, dann sind dort 14- oder 15-Zoll Monitore und Rechner mit 5,25-Floppy-Laufwerken durchaus noch Standard. Insofern scheint eine internationale Ausrichtung zwingend, hier kann unser Wohlstandsabfall durchaus noch interessant sein,« sagt der B-Com-Chef.

Ein Geschäft für VADs

Spannend wird IT-Remarketing, wenn sich Hersteller wie beispielsweise Hewlett-Packard
mit Distributoren zusammen schließen. So hätte Wortmann-Aufsichtsrat Wittland dieses Geschäftsfeld trotz der selbstverordneten Remarketing-Abstinenz ganz gern ausprobiert. Mit HP habe man mal intensiv darüber nachgedacht, erinnert sich Wittland. Aber die Gespräche seien im Sande verlaufen. Ganz anders sieht die Situation bei Value-Add-Distributoren wie Magirus oder auch Adiva aus. Spezialisten wie Magirus verfügen für Remarketing-Workstations über Sales Teams, die den Handelspartnern beratend zur Seite stehen. Die HP-Workstations sind werksüberholt und mit Garantie versehen.

Adiva Computertechnologie arbeitet mit dem HP-Geschäftsbereich Renew intensiv zusammen. Dabei steht die gemeinsame Marktaufbereitung mit Produkten aus dem Umfeld von Storage- und Servertechnologie im Vordergrund. »Gerade in Zeiten stagnierender IT-Budgets erweisen sich die Produkte von HP Renew als unschlagbare Alternative«, begründete Ende vergangenen Jahres Ute Kühn, Leiterin Geschäftsbereiche IT-Infrastruktur der Adiva. So biete das HP-Programm Systemhäusern und deren Endkunden aktuelle Technologien zu attraktiven Preisen, wirbt der VAD für die wiederaufbereiteten Produkte. Sie stammten größtenteils aus Demobeständen und Produktrückläufern. Ute Kühn geht bei den Vermarktungs-Chancen sogar noch einen Schritt weiter: »Wir sehen einen gemeinsamen Marktauftritt mit unseren Geschäftspartnern, um das Thema HP Renew gewinnbringend in unterschiedlichen Endkunden-Marktsegmenten zu platzieren.«

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INFO

www.actebis.com
www.adiva.de
www.also.de
www.bcom.de
www.cosag.de
www.ingrammicro.de
www.kle.net
www.magirus.com
www.techdata.de
www.wortmann.de


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