»Wir könnten noch mehr verkaufen«
»Wir könnten noch mehr verkaufen«. Die Festplattenbranche hat sich vom massiven Preisverfall der vergangenen Jahre erholt, heute bedroht dagegen Komponentenknappheit das Geschäft der Hersteller. Klaas de Vos, Europa-Chef von Western Digital, spricht im Interview mit CRN-Redakteur Matthias Parbel exklusiv über die Chancen und Risiken der Branche und gibt einen Ausblick auf das Geschäft in der zweiten Jahreshälfte.
»Wir könnten noch mehr verkaufen«
CRN: In den vergangenen Jahren hatten die Festplattenhersteller unter einem dramatischen Preisverfall zu leiden. Hat sich die Lage entspannt?
de Vos: Ja, da sehen wir eine deutliche Verbesserung. Im April und Mai dieses Jahres waren die Preise nahezu stabil. Sowohl im letzten Quartal 2004 als auch im ersten 2005 hat sich der Markt glänzend entwickelt. Im Jahresvergleich brachte das Q4/04 ein Plus von über 30 Prozent. Nach einem noch guten ersten Quartal ging es dann im Q2/05 wieder langsamer voran. In Europa dürfte der Markt in diesem Zeitraum aber immer noch über 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugelegt haben. Im Juni mussten wir allerdings wieder einen leichten Preisverfall bei den Modellen mit höheren Kapazitäten hinnehmen.
CRN: Hat sich die Preissituation nur aufgrund des starken Marktwachstums gebessert?
de Vos: Nein, die gesamte Festplattenindustrie hat in den vergangenen Jahren auch die Überkapazitäten abgebaut. Das hat zu einer Konsolidierung der Branche geführt, vor allem unter den Komponentenzulieferern sind einige vom Markt verschwunden.
CRN: Könnten dadurch nicht Engpässe drohen, wenn die Absatzzahlen weiter deutlich steigen?
de Vos: Die ersten Anzeichen dafür sehen wir bereits. Teile wie Schreib-Leseköpfe oder auch die Magnetplatten sind nicht mehr in beliebiger Menge verfügbar. Zum vierten Quartal 2005 rechnen wir mit spürbaren Engpässen. Aber WD als der am zweitschnellsten wachsende Hersteller hat sich gerüstet. Wie Seagate verfügen wir über eigene Schreib-Leseköpfe und müssen nur einen Teilbedarf zukaufen. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil. Bei Komag haben wir uns zudem durch ein strategisches Investment Produktionskapazitäten für Platter gesichert.
CRN: Beschränken sich die Engpässe auf bestimmte Formfaktoren?
de Vos: Am stärksten trifft die Knappheit von Schreib-Leseköpfen natürlich 3,5-Zoll-Platten, die ja auch das Gros des Marktes ausmachen. Hier wurden in den vergangenen Jahren zwar immer Platten gebaut, dabei aber immer weniger Köpfe verwendet. Nun hat sich die Situation dahingehend gewandelt, dass mehr Platten mit hohen Kapazitäten gefragt sind, für die auch mehr Köpfe benötigt werden. Beispielsweise im Consumer-Electronics-Markt kommen in PVRs (Personal Video Recorder) bevorzugt große Platten zum Einsatz. Aber auch bei den immer beliebteren externen Festplatten greifen Kunden mit Vorliebe zu den kapazitätsstärksten Modellen.
CRN: Wie entwickelt sich der Absatz von WD in den einzelnen Produktbereichen? 2,5-Zoll-Platten bieten Sie ja erst seit dem vierten Quartal 2004 wieder an.
de Vos: Wir sind im 2,5-Zoll-Segment nun einer von sechs konkurrierenden Herstellern. Mit der Entwicklung der Absatzzahlen sind wir sehr zufrieden, wenn auch der Umsatzbeitrag dieser Platten noch unter zehn Prozent liegt. Unsere Produktion hat sich seit Markteinführung pro Quartal verdoppelt. Wir konnten unsere Modelle bei den führenden Notebook-Anbietern erfolgreich platzieren. Und wir könnten noch viel mehr verkaufen, aber die Fertigungskapazitäten sind angesichts der knappen Komponenten ausgereizt.
CRN: Welche Rolle spielen externe Platten in Ihrem Portfolio?
de Vos: Dieses Marktsegment erfährt ein besonders rasantes Wachstum. Das sieht man auch an der immer größeren Zahl von Anbietern. Nach unseren Schätzungen werden in Europa circa zehn Prozent aller Platten derzeit als externe Modelle verkauft ? das sind zwischen 800.000 und einer Million Laufwerke pro Quartal. Wir bedienen diesen Markt mit eigenen Modellen, sowohl im Desktop-Segment als auch mit 2,5-Zoll-Produkten. Zusätzlich beliefern wir aber auch andere Anbieter, die unsere Festplatten in ihre Gehäuse integrieren.
CRN: Western Digital hatte ursprünglich 1-Zoll-Festplatten zur Jahresmitte angekündigt. Wo bleiben die Produkte?
de Vos: Zugegeben haben wir Probleme mit der Markteinführung der 1-Zoll-Platten. Im vierten Quartal werden wir aber entsprechende Produkte beispielsweise für den Einsatz in MP3-Playern oder Handys anbieten.
CRN: Wo sehen Sie WDs größte Herausforderungen, vor allem im 3,5 Zoll- Segment?
de Vos: Time-to-Market ? neuste Technologien als erster anzubieten ? galt lange als Königsweg. Um im Volumengeschäft aber erfolgreich zu sein, müssen wir den richtigen Produktmix zum attraktiven Preis anbieten können. Bei den neuesten Technologien ist häufig die Fertigungsausbeute noch nicht optimal. WD konzentriert sich daher auf die effiziente und möglichst flexible Produktion von Bewährtem, damit auch die Qualität stimmt.
CRN: Stichwort Qualität: Seagate hat im vergangenen Jahr viel Aufsehen erregt mit der Ankündigung, die Garantiezeit ihrer Platten auf bis zu fünf Jahre zu verlängern. Wird WD nachziehen oder ist es für Sie nur ein geschickter Marketingschachzug gewesen?
de Vos: Seagate hat die Garantieverlängerung sicher auch zur Steigerung der Aufmerksamkeit genutzt. Aber derart lange Garantiezeiten bringen unter Umständen ja auch enorme Kosten für den Hersteller mit sich. Wir haben daher lange diskutiert, ob es sinnvoll ist, die Garantie für unsere Produkte ebenfalls zu erhöhen. Wir haben uns schließlich dafür entschieden, wie Sie unserer Ankündigung vergangene Woche entnehmen konnten. Durch stetige Steigerung der Qualität unserer Festplatten konnten wir im vergangenen Jahr unsere Aufwendungen für Garantieabwicklung auf 1,2 Prozent unseres Produktumsatzes senken. Gleichzeitig legen wir aber auch großen Wert darauf, im Garantiefall die Abwicklung für unsere Kunden so einfach wie möglich zu gestalten. In Deutschland unterhalten wir dazu ein regionales Collection Center in Frankfurt. Kurze Wege sollen kurze Reaktionszeiten sicherstellen. Maximal drei Tage sollen vergehen bis ein Fachhändler eine eingesandte Platte zurück hat. Reparaturen an der Elektronik können wir in unserem Zentrum in Ungarn durchführen.
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