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Wo bleibt M-Payment?

Wo bleibt M-Payment?. Handys werden das Zusammenwachsen von Sprach- und Datenwelt sowie die Ausbreitung mobiler Geschäftsmodelle vorantreiben. Hinderlich wirken sich dabei die mangelnde Standardisierung bei Betriebssystemen und fehlende Payment-Dienste aus.

Autor:Redaktion connect-professional • 6.9.2006 • ca. 3:00 Min

Wo bleibt M-Payment?

Einmal jährlich ermittelt das Marktforschungsunternehmen Lünendonk die aktuellen Trends des Mobile Business. Für die kommenden zwölf Monate ist noch kein Durchbruch im Mobilgeschäft zu verzeichnen, obwohl es Fortschritte gibt. Das meint Bettina Horster, die als rührige Mobile-Business-Aktivistin und Vorstand der Vivai AG das Thema für Lünendonk bearbeitete.
Immerhin werden Kunden, so Horster, zukünftig von einfacheren Preismodellen profitieren. Die Preise behalten ihren Trend nach unten. Komplexe, individuelle Tarifmodelle seien eher out, schätzt Horster, da sie die Vergleichbarkeit erschweren. In sind dagegen Flatrates und Paketpreise. Discount-Telefonie bleibt attraktiv, dies gelte, so Horster, besonders hinsichtlich der Daten-Flatrates fürs Handy. Business-Kunden seien im Gegensatz zu
privaten weniger preissensitiv, was sich Anbieter wie Vodafone zunutze machen könnten.
Mobile Services sind immer noch unreif. Unreife Services aber würden, stellt Horster fest, von den Kunden links liegen gelassen. Die Konsequenz: Dienste sollten einfach zu bedienen und eindeutig nützlich für den Anwender sein. Kriterien dafür sind laut Horster Zeitersparnis, Mobilität, Zuverlässigkeit, Si­cherheit, Schnelligkeit, Kostenersparnis und letztlich auch die Freude an der Nutzung.
Außerdem sollten mobile Services nicht durch einfachere, nicht gerätegebundene Alternativen ersetzbar sein. Horster: »Wenn die Alternative ist, einen Passanten nach der nächsten Pizzeria zu fragen, ist der Mehrwert der Anwendung relativ gering.« Vielversprechend seien dagegen mobile Musik und mobile Spiele für mehrere Spieler, die übers Handy in Verbindung stehen.

Scheitern der Content-Strategien
Den mobilen Netzbetreibern sagt Horster ein Scheitern ihrer Content-Strategien voraus. Sie werden, so glaubt die Analystin, zukünftig hauptsächlich als Bit-Transporteure aktiv sein und alles weitere anderen Akteuren überlassen. Folgerichtig würden weitere Provider-Portale eingestellt wie etwa das von T-Mobile. Content-Provider müssen sich laut Horster für die Vermarktung auf sich selbst verlassen.
Ähnlich erfolglos wie Portalstrategien bleiben vorläufig, so die Analystin, Mobile-Payment-Systeme. Hier seien Banken zu wenig innovativ und Mobilfunkbetreiber zu kurzatmig. Zudem gebe es Kommunikationsprobleme, so dass das mobile Business nicht in Schwung komme, weil die Payment-Komponente fehle.
Location Based Services seien bis auf Weiteres ebenfalls zur Erfolglosigkeit verdammt,  denn hier fehle es an realistischen Geschäftsmodellen.  
Optimistisch ist die Analystin hinsichtlich VoIP auf dem Handy und Mobile-TV, wobei sie hier in der inzwischen verstrichenen Fußball-WM eine wichtige Antriebskraft sieht. Die Mobile-TV-Handys würden teilweise von Werbetreibenden finanziert werden, sagt sie voraus, die Kunden monatlich rund zehn Euro für den Service bezahlen. Dass die Telekom die Content-Rechte an der Fußball-Bundeliga erworben hat, was bedeutet, dass sie Bilder aus den Stadien auf die Handys übertragen darf, stützt diese Prognose.
Die Analystin betont, dass es für die Anbieter von Mobile-Business-Services besonders wichtig sei zu internationalisieren. Dies täten bereits einige Mobile-Marketing-Agenturen erfolgreich. Sie nehmen auf diesem Gebiet sogar weltweit führende Positionen im Gesamtmarkt ein.
Horster sieht vor allem den Mittelstand als Treiber individualisierten Contents für spezifische Zielgruppen. Um solche Dienste in den Markt zu bringen, scheinen ihr Kostenbeiträge der Werbetreibenden unerlässlich.

Qualität entscheidet
Entscheidend für die Verbreitung von mobilem Content seien Qualität und Phantasie. Es gelte, mehr anzubieten als Klingeltöne und Logos, wobei Anwender weitgehend auf kostenloser Belieferung beharren würden, weil sie es nun einmal so gewohnt sind. Andererseits steige ihr Qualitätsbewusstsein. Es gelte, Inhalte auf die verschiedenen Endgeräte zu optimieren. Als Anreize für neue Nutzer empfiehlt Horster Paketangebote oder Pauschalpreise und kurze Vertragslaufzeiten.
Finanziell werden die Provider, glaubt man der Analystin, wohl weiter mehr von Business-Kunden profitieren. Dabei ähnelt das Geschäftsmodell dem von Software. Der Bereich der Business-Services sei noch sehr offen und biete Einstiegschancen für neue Player. Themen seien hier zum Beispiel mobiles ERP oder die Nutzung des Handys als zusätzlicher Kanal zum Endkunden. Die  Anwender profitierten hierbei hauptsächlich durch Wettbewerbsvorteile
und Effizienzgewinne. Dem Mittelstand würden solche Lösungen besonders nutzen, er habe aber häufig dringendere IT-Probleme und lasse so diese Chance ungenutzt.
Bei Handys und Diensten geht Horster nicht davon aus, dass schnell mit einer Standardisierung zu rechnen ist. Eher gehe der Trend in Richtung proprietärer Betriebssysteme und Individualisierung. Deutschland fehle nach dem Abschied von Siemens aus diesem Segment ein Hersteller, der konvergente Produkte aus einer Hand herstellen kann.  Deshalb könnten hierzulande neue Mobiltechniken nicht mehr direkt in Produkte aus anderen Bereichen einfließen ? eine Situation die, so Horster, eigentlich nicht hinnehmbar ist.