Erkenntnisse vom Kyndryl Sommerabend

Kyndryl auf Sichtbarkeitskurs

12. Juni 2025, 13:30 Uhr | Diana Künstler
© connect professional

Kyndryl forciert seine Sichtbarkeit in Deutschland: mit KI, starken Partnerschaften und politischem Gestaltungsanspruch. Country President Kai Grunwitz über kritische Infrastrukturen, digitale Souveränität und warum Deutschland einen Chief Resilience Officer braucht.

Als Kai Grunwitz Anfang 2025 die Position des Country President bei Kyndryl Deutschland übernahm, trat er mit einer klaren Vision an: Die Sichtbarkeit des global agierenden Infrastrukturdienstleisters im deutschen Markt steigern, Wachstumschancen konsequenter nutzen und gleichzeitig Verantwortung in einer zunehmend vernetzten und bedrohten Welt übernehmen. Beim Sommerabend des Unternehmens in München wurde deutlich, wie ambitioniert und zugleich realistisch diese Strategie angelegt ist. „Wir sind ein großes Unternehmen, das in vielen kritischen Infrastrukturen mitmischt, aber oft noch unter dem Radar läuft“, so Grunwitz im Gespräch mit connect professional. Gerade diese Konstellation sei besonders reizvoll: die operative Power eines globalen Konzerns mit über 3.000 Mitarbeitenden in Deutschland und weiteren Teams in Osteuropa – kombiniert mit dem Gestaltungsspielraum eines Unternehmens, das seine Position im Markt noch definieren kann.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Run – Transform – Run: Ein Modell für kritische Infrastrukturen

Kyndryl positioniert sich bewusst nicht als klassischer Outsourcer oder Plattformanbieter, sondern als Spezialist für die Transformation und den stabilen Betrieb kritischer IT-Strukturen – inklusive Legacy- und Cloud-Systeme. Der Unterschied liegt im Beratungsansatz: „Wir kommen nicht mit einem fertigen Produkt, sondern mit einer kundenspezifischen Lösung“, betont Grunwitz.

Dafür greift Kyndryl auf ein Netzwerk aus Technologiepartnern zurück. Jüngstes Beispiel ist die Kooperation mit Databricks. Eine zentrale Rolle spielen auch Cloud-Anbieter wie AWS, mit denen Kyndryl kürzlich eine Kooperation für eine erleichterte Migration von Mainframe-Anwendungen und -Daten zu AWS angekündigt hat, sowie Hardware-Partner wie Dell oder Cisco und die hauseigene KI-Plattform „Kyndryl Bridge“. Letztere dient nicht nur der Betriebsoptimierung, sondern unterstützt Kunden mit vorausschauenden Analysen und Empfehlungen: „Bridge wird zur zentralen Intelligenz unserer Betriebsstrategie“, so Grunwitz. Schon heute laufe ein Großteil der Kundenprojekte über die Plattform.

Im deutschen Markt will man sich nun mit einem neuen Go-to-Market-Modell stärker profilieren: Zwei vertikale Brancheneinheiten (unter anderem Banking & Insurance sowie Automotive & Industrie) sowie drei Regionalcluster sollen Nähe zu Kunden und Reaktionsfähigkeit verbessern. Wachstum ist erklärtes Ziel: Das Consulting-Geschäft wurde 2024 bereits verdoppelt, ein weiterer Ausbau ist in Arbeit.

Sanjay Bollmann, Kyndryl
Sanjay Bollmann, Director Customer Unit Leader – Banking & Insurance bei Kyndryl
© Kyndryl/Anne-Kathrin Kabitzke-Schiede

Besonderes Potenzial sieht Kyndryl im Mittelstand, gerade bei Banken und Versicherungen. „Viele Häuser sind technologisch abgehängt“, so Sanjay Bollmann, der neue Leiter für den Bereich Financial Services. Sie verfügten weder über eine konsolidierte Datenbasis noch über tragfähige Plattformstrategien, müssten aber gleichzeitig auf neue regulatorische Vorgaben wie DORA oder NIS2 reagieren. Hier sei Kyndryl nicht nur Technologielieferant, sondern Wegbereiter: mit skalierbaren Betriebsmodellen, Automatisierung im regulatorischen Reporting und Know-how aus vergleichbaren Großprojekten.

Sicherheit, Souveränität, Verantwortung – und ein Vorschlag an die Politik

Kai Grunwitz, Kyndryl
Kai Grunwitz, Country President Kyndryl Deutschland: „Cybersicherheit ist kein Digitalisierungsaspekt. Sie ist eine Frage der nationalen Resilienz.“
© Kyndryl/Anne-Kathrin Kabitzke-Schiede

Einen besonderen Akzent setzte Grunwitz in München mit einem politischen Vorschlag: Deutschland brauche einen Chief Resilience Officer, eine zentrale Figur auf Bundesebene, die Cybersicherheit, wirtschaftliche Resilienz und technologische Souveränität gemeinsam denkt und verantwortet. „Das Thema läuft aktuell zu sehr unter dem Radar“, so Grunwitz. Zwar begrüßt er die Einrichtung eines Digitalministeriums ausdrücklich, warnt jedoch davor, Digitalisierung und Cybersicherheit zu stark zu vermischen: „Sicherheit ist keine bloße Digitalisierungsfrage, sie hat mittlerweile geopolitische und militärische Relevanz.“ Die fragmentierte Sicherheitsarchitektur in Deutschland – zwischen BSI, BKA, Ländern und Ressorts – sei ein Risiko. Ein CRO könne hier koordinierend wirken, ohne gleich ein neues Ministerium zu erfordern.

Auch zur Debatte um eine „souveräne Cloud“ bezog Grunwitz klar Stellung: Der Begriff sei oft „Marketing“, die Realität ernüchternd. „So viel souveräne Cloud haben wir gar nicht.“ Statt ideologischer Debatten plädiert er für pragmatische Klassifikation: Welche Daten brauchen höchste Schutzmaßnahmen, welche dürfen effizient in Public Clouds verarbeitet werden? Kyndryl verstehe sich hier als Gestalter hybrider Modelle, die Datenschutz, Performance und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen.

Grunwitz spricht dabei aus praktischer Erfahrung: Als Betreiber kritischer Infrastrukturen sieht Kyndryl tagtäglich, wie komplex und vulnerabel die Lage ist – auch jenseits technischer Schwachstellen. Ein erheblicher Teil der Risiken liegt im menschlichen Faktor: Phishing-Angriffe, Social Engineering, QR-Code-Manipulation. „Das ist heute oft erschreckend professionell und schwer zu erkennen“, so Grunwitz. Das zeige sich nicht nur im privaten Alltag, sondern etwa auch in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen, „wo einfach keine Zeit bleibt, jedes Attachment dreifach zu prüfen.“

KI zwischen Akzeptanz und Angst

Dass künstliche Intelligenz (KI) aktuell auf jeder Agenda steht, ist für Kai Grunwitz keine Modeerscheinung, sondern Ausdruck eines echten Paradigmenwechsels. Das betonte auch Sanjay Bollmann bei der Vorstellung des „People Readiness Report 2025“. Die Kernerkenntnis: Technik ist vorhanden, doch die Menschen sind oft nicht bereit.

Laut Studie verfügen 99 Prozent der befragten deutschen Unternehmen über eine KI-Strategie, aber nur rund 49 Prozent setzen sie tatsächlich um. 71 Prozent der Führungskräfte halten ihre Belegschaften für unzureichend vorbereitet, rund die Hälfte der CEOs attestiert den Mitarbeitenden sogar aktive Ablehnung. Grunwitz sieht dafür kulturelle und kommunikative Gründe: „Viele Menschen empfinden KI als Bedrohung – für ihre Aufgaben, ihre Rolle, ihre Zukunft.“ Es helfe wenig, einfach nur auf Effizienzgewinne zu verweisen. Unternehmen müssten konkrete Perspektiven aufzeigen, Weiterbildung ernst nehmen und emotionale Hürden abbauen. Einige Unternehmen gehen hier bereits voran: Laut Studie gehören 14 Prozent zu den sogenannten „AI Pacesettern“. Sie verknüpfen ihre KI-Strategie mit Change Management, gezieltem Skillaufbau und Governance-Modellen und erzielen bereits messbare Geschäftserfolge. Kyndryl selbst investiert nicht nur in Beratung, sondern auch in Delivery-Kompetenz: So wurden 2024 über 300 neue Mainframe-Talente in Polen, Tschechien und Ungarn ausgebildet – als Antwort auf den drohenden Fachkräftemangel in diesem Segment.
 

Mainframe-Technologien bilden auch heute noch das Rückgrat vieler kritischer Infrastrukturen – vom Finanzsektor bis zur Industrie. Doch das Know-how für deren Betrieb schwindet. Im Video erklärt Kai Grunwitz, Country President von Kyndryl Deutschland, warum der Mainframe keineswegs ein Auslaufmodell ist – und wie Kyndryl gezielt in den Aufbau neuer Talente investiert.


Zudem verfolgt Kyndryl einen unkonventionellen Ansatz in der internen Schulung: Trainings zu Themen wie Security & Compliance wurden mit narrativen Formaten und Interaktion neu konzipiert. „Das war das beste Compliance-Training meiner Karriere“, resümiert Grunwitz. Auch für Kundenprojekte sieht er darin Potenzial. Als weiteren Baustein positioniert das Unternehmen das „Kyndryl Institute“, eine Plattform für praxisnahe Impulse zur digitalen Transformation mit Inhalten aus Kundenprojekten und externem Expertenwissen. Greifbar wird der KI-Einsatz etwa in drei aktuellen Praxisfeldern: zur automatisierten Schadenerkennung bei Versicherungen, bei der Generierung regulatorischer Reports in Banken oder als Agentenlösung für Kundeninteraktionen. Die Botschaft: KI kann operativ entlasten. Vorausgesetzt sie wird zielgerichtet und strukturiert eingeführt.

Fazit

Klar wurde an diesem Abend: Kyndryl denkt nicht nur über Technologie und Marktanteile nach. Das Unternehmen positioniert sich als Wegbereiter für strukturellen Wandel – in Unternehmen, in der Verwaltung und, wenn es nach Grunwitz geht, auch auf Bundesebene. KI, Cybersicherheit und digitale Souveränität sind dabei keine Zukunftsthemen mehr, sondern Realität. Die Frage ist nicht, ob, sondern wie man ihnen begegnet.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Kyndryl

Weitere Artikel zu Kyndryl

Weitere Artikel zu Cyber-Security

Weitere Artikel zu Cyber-Security-Lösungen

Weitere Artikel zu Cybersecurity/Cybersicherheit

Weitere Artikel zu IT-Infrastruktur/Rechenzentrum

Weitere Artikel zu Digitale Transformation

Weitere Artikel zu Künstliche Intelligenz

Weitere Artikel zu Künstliche Intelligenz (KI)

Matchmaker+