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Gartner-Analysten: "Jetzt geht es ums Überleben!"

Marktforscher erwarten düstere Zeiten für die IT-Welt

Unter dem Druck der aktuellen Weltwirtschaftskrise hat Gartner auf seinem Symposium in Orlando auch die Aussichten für die IT-Welt kräftig reduziert.

Autor:Redaktion connect-professional • 13.10.2008 • ca. 3:30 Min

"Möge die IT-Macht mit euch sein, ihr habt sie dringend nötig", rief Gartners Vice-President
Peter Sondergaard am Ende seiner Keynote den IT-Chefs zu, die in diesem Jahr am Gartner-Symposium
in Orlando teilnehmen.

Er und seine Analystenkollegen, die ebenfalls während der Eröffnungs-Keynote zu Wort kamen,
sehen schwere Zeiten auf die IT-Manager zukommen.

"In den nächsten Monaten geht es schlichtweg nur ums nackte Überleben", meint Dale Vecchio. Sein
Rat an die IT-Chefs: " Stellt euch auf das Schlimmste ein – dann könnt ihr nur noch angenehm
überrascht werden."

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Das Schlimmste – das ist laut Sondergaard ein Rückgang der Wirtschaft von bis zu 2,5 Prozent. "
Dies ist zwar nicht das wahrscheinlichste von allen denkbaren Szenarien – aber ein realer Einbruch
ist derzeit im Bereich des Möglichen", warnt Sondergaard.

Für die IT-Welt sieht es aber seiner Ansicht nach (noch) nicht ganz so schlimm aus. "IT ist das
Rückgrat aller führenden Branchen und Unternehmen. Ohne einen erstklassigen IT-Support sind viele
Firmen schlichtweg nicht mehr in der Lage ihr Business auszuführen oder sich gegen die Konkurrenz
zu behaupten", lautet sein Versuch einer Beruhigung für die CIOs.

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das ein Wachstum des IT-Markts um 2,3 Prozent in 2009. Das ist
weniger als die Hälfte des bislang projizierten Wachstums von 5,8 Prozent.

Außerdem haben seiner Ansicht nach die Topmanager aus der Krise von Anfang dieses Jahrzehnts
gelernt. "Die CEOs erwarten in solchen Zeiten von ihrem Führungsteam Ratschläge und Empfehlungen,
wie man die Krise am besten durchschifft." Auf die CIOS bezogen bedeutet das vor allem strikte
Kostenkontrolle und die Weichen stellen für weiteres Wachstum. "Das bewahren des Status Quo ist
eine große Versuchung, aber es ist der größte Feind für ein erfolgreiches Krisenmanagement", so
Gartner-Fellow Richard Hunter.

Auch Gartners CEO Gene Hall rät den IT-Chefs nach neuen Wachstumsfeldern Ausschau zu halten: "
Diese Rezession ist nicht überall die gleiche, vor allem in den Emerging-Markets gibt es weiterhin
sehr gute Zuwachsraten. IT-Chefs sollten die Initiative ergreifen und deren Geschäftsentwicklung
aktiv mit neuer Technologie fördern."

Hunter meint darüber hinaus, dass die Lektionen aus der Krise von 2001 bei vielen CEOs die Augen
geöffnet haben. "Die Top-Chefs haben IT als ein gutes Vehikel zur Verbesserung der
Geschäftsprozesse entdeckt – und gerade in Krisenzeiten lassen sich damit entscheidende
Konkurrenzvorteile schaffen", so Hunter. Hinzu kommen noch zwei andere Gründe, die dafür sorgen,
dass die IT-Budgets nicht so radikal gestutzt werden können:

Die IT-Projekte erstrecken sich zumeist über viele Jahre und ein Zurückfahren kann eine Vielzahl
von nicht überschaubaren Business-Konsequenzen haben.

Selbst kurzfristige Maßnahmen sind nur selten möglich, da alle Großaufträge eine längere
Installations- und Implementations-Zeit benötigen, und auch die Service-Verträge lassen sich nicht
von heute auf morgen stoppen. "Mindestens sechs Monate dauert es, bis radikale IT-Sparmaßnahmen auf
die Bottom-Line durchschlagen", meint Hunter.

Doch das heiß nicht, dass die IT-Chefs bei der gegenwärtigen Wirtschaftskrise ungeschoren davon
kommen werden. "Jeder Penny gehört auf den Prüfstein. Am besten geht das, wenn sich die CIOs den
Hut eines Controllers aufsetzen, dann haben sie die richtige Einstellung zu den aktuellen Problemen"
, lautet die Empfehlung von Gartner-Analyst Whit Andrews.

Andrews Ratschläge an die IT-Verantwortlichen erinnern stark an die Theorie des
Zerobase-Budgeting:

Betrachte jedes Projekt unter der Annahme, dass es niemals vorhanden war. Die Kernfragen dazu
lauten: Warum brauchen wir es? Wie viel Leute sind für den Betrieb erforderlich? Können wir das
gleiche mit weniger Aufwand erreichen?

Mache eine aktuelle Bestandsanalyse und bewerte jede Position mit einer "Notwendigkeitsnote" –
gehe davon aus, dass nicht alle Positionen noch im nächsten Jahr im Bestand sein werden.

Versuche ein höchstmögliches Finanzpolster im Budget zu halten. Sofort verfügbares Bargeld ist
gegenwärtig ein unschätzbarer Vorteil, wenn es darum geht, gute Gelegenheiten zu nutzen.

Schütze deine Team-Mitarbeiter. In diesen Zeiten ist wichtig, dass vor allem die besten Leute an
Bord bleiben. Sage jedem wo er steht und wie sicher sein Arbeitsplatz ist – auch wenn das Team im
nächsten Jahr möglicherweise kleiner ist als heute.

Konkret auf die IT-Welt bezogen meinen die Gartner-Experten, dass solche harten Zeiten immer
eine gute Gelegenheit für tiefgreifende Änderungen sind. "Es gibt in jedem Unternehmen eine Reihe
an Anwendungen, die nur einen geringen Business-Wert bilden, jetzt ist die Zeit sich davon zu
trennen oder sie in andere Applikationen aufgehen zu lassen", meint Vecchio.

Auch bei der Infrastruktur sollten radikale Maßnahmen gegenwärtig kein Tabu sein. "Neue Server
benötigen weniger Strom und Kühlung und leistungsfähigere Server erlauben mehr Virtualisierung",
sagt Gartner-Fellow Brian Gammage. Er sieht die Server- und Desktop-Virtualisierung als einen
wichtigen Schritt zur Kostenbegrenzung. "Bei der Server-Virtualisierung gibt es bereits eine hohe
Akzeptanz, doch bei den Desktops hebt das Business jetzt erst ab", sagt er über seine
Marktbeobachtungen.

Harald Weiss/CZ