Extreme Networks' Platform ONE

Netzwerk mit eingebackener KI

2. Juni 2025, 12:00 Uhr | Interview: Dr. Wilhelm Greiner
© NicoElNino – shutterstock.com

Extreme Networks integriert KI direkt in seine neue Plattform ONE – ohne auf externe Zukäufe zu setzen. EMEA-CTO Markus Nispel erklärt im Interview, wie die „eingebackene“ KI Netzwerkprozesse beschleunigt, Sicherheitsfunktionen übernimmt und künftig Agenten autonom agieren lässt.

Markus Nispel , Extreme Networks
„Wenn jemand sagt, er habe eine ,AI-First’-Plattform, dann muss es eine ,Data-First’-Plattform sein“, betont Markus Nispel, CTO EMEA und Head of AI Engineering bei Extreme Networks. In seiner aktuellen Rolle verantwortet er die globale Produktstrategie und Innovationsentwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz. Als Head of the „Office of the CTO“ leitet er zudem einen Inkubator, der innovative Lösungen von der Idee bis zur Marktreife bringt.
© Extreme Networks

AIOps – der KI-gestützte IT-Betrieb – erreicht große Netzwerkausrüster meist per Zukauf entsprechender Lösungen. Extreme Networks geht einen anderen Weg: Der US-Anbieter kündigte letzten Dezember seine Platform ONE mit integrierter KI-Funktionalität an. Dies soll, wie er auf einer Konferenz in Paris verkündete, im dritten Quartal allgemein verfügbar sein. KI-Assistenten und -Agenten sollen dann Netzwerkmanagement-Abläufe erheblich beschleunigen.

Offenbar wollte sich Extreme nicht mit dem beliebten Weg zufriedengeben, einen Chatbot zu lancieren, um sagen zu können: „Wir machen auch was mit KI.“ Vielmehr ließ sich der Anbieter zwei Jahre Zeit, um – mit über 130 Pilotkunden – eine Plattform zu entwickeln, in die KI-Funktionalität bereits „eingebacken“ ist.

connect professional sprach darüber mit Markus Nispel, Extremes CTO (Chief Technology Officer) EMEA. Nispel kam einst per Akquisition von Enterasys zu den „Extrem-Netzwerkern“ und zählt heute zum Office of the CTO, dem kleinen Kreis strategischer Vordenker um CTO Nabil Bukhari.

connect professional: In Platform ONE ist KI-Unterstützung eingebaut, statt Chatbots oder KI-Agenten hinzuzufügen. Wo genau ist der Vorteil für den Administrator gegenüber AIOps-Lösungen von Cisco, HPE Aruba Networking, New Relic & Co.?
Markus Nispel: Wenn jemand sagt, er habe eine „AI-First“-Plattform, dann muss es eine „Data-First“-Plattform sein. Daten aus unterschiedlichen Quellen müssen normalisiert werden, auch externe Systeme müssen integrierbar sein. Unser AI Core hat hierfür drei Layer: einen Data Hub (Datendrehscheibe, Anm.d.Red.), eine Service- und eine Orchestrierungsebene. Darauf baut die generative KI auf. Der AI Core enthält nicht nur Daten zu Switching, Routing, WLAN und SD-Branch, sondern auch zu Security sowie künftig zu Drittsystemen, die wir integrieren werden. Hier lässt sich künftig auch Unternehmenswissen einbringen, Dokumentationen, User Guides, Verträge, Lizenz- und Asset-Informationen etc. Das erlaubt unserer KI-Engine, komplexe Fragen zu beantworten wie: „Welche WLAN Access Points muss ich tauschen, damit all unsere APs WPA-3-fähig sind?“ So etwas zu beantworten, dauert normalerweise „ewig“, hier nur zwei Sekunden. Darauf kann man dann Agentic AI (KI, die Aufgaben autonom erledigt, Anm.d.Red.) aufsetzen, um die Effizienz nochmals zu steigern. Wichtig: Der KI-Agent erbt die Berechtigungen seines Benutzers, kann also nur ausführen, was auch der anweisende Nutzer darf.

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Extreme Networks Connect 2025
Nabil Bukhari (re.), CTO von Extreme Networks, demonstrierte auf der Extreme Connect in Paris die KI-Funktionalität von Platform ONE zusammen mit Kollegen von der Technik auf einem Live-System.
© Dr. Wilhelm Greiner

connect professional: Nabil hat in einer Demo gezeigt, wie man sich per Chat-Prompt eine WLAN-Umgebung designen lassen kann. Was wäre ein ähnlich anschaulicher Security-Einsatzfall?
Nispel: Man könnte die KI anweisen: Der neue Nutzer X soll Zugriff auf die Applikationen der Abteilung Y erhalten. Die KI setzt dies dann nach Zero-Trust-Prinzip um, sodass die Angriffsfläche minimalst bleibt.

connect professional: Extremes Universal Zero Trust ist die Basis für diesen Security-Aspekt der Plattform. Muss man Extremes Universal ZTNA nutzen oder darf es auch eine andere Zero-Trust-Plattform sein?
Nispel: Extreme Networks Universal ZTNA gleicht Rechte und Richtlinien bei Zugriffen ab, unabhängig davon, von wo der Nutzer auf Ressourcen zugreift, und übernimmt dann Tunneling und Routing, alles per Cloud authentifiziert und kontrolliert. Das garantiert einheitliche Rechte und Richtlinien. Für Switching und WLAN haben wir bereits Drittanbieter-Support integriert, für ZTNA derzeit nicht. Ob unser Ökosystem sich dahin entwickelt, wird sich zeigen.

connect professional: Deckt die KI-Unterstützung den gesamten Funktionsumfang ab, den Extreme-Anwender von ExtremeCloud iQ kennen?
Nispel: Ja, das ist alles abgedeckt.

connect professional: Muss das Anwenderunternehmen die Agenten anpassen oder trainieren?
Nispel: Nein, das ist weder nötig noch vorgesehen.

connect professional: Welche Vorarbeiten sind von Kundenseite für den KI-Einsatz auf Datenebene erforderlich, etwa Datenbereinigung, Datenaktualisierung etc.?
Nispel: Keine, sofern das Unternehmen bereits Platform ONE nutzt. Wir haben Common Services entwickelt, die Daten quer durch unser Portfolio aggregieren und normalisieren. So kann der Data Hub effektiv arbeiten und Daten nach Bedarf an die KI weitergeben. Dank unserer Partnerschaft mit Intel werden Endgeräte mit Intel-WiFi-Chips in Kürze Daten an Platform ONE liefern, um Visibilität und Troubleshooting zu verbessern. Die Integration unternehmenseigener Datenquellen ist derzeit noch nicht möglich. Das ist unser Ziel, wird aber erst mittelfristig kommen, denn so ein Projekt wird schnell sehr komplex.

connect professional: Wo werden Platform ONE und die KI-Funktionalität für EU-Anwender gehostet?
Nispel: Datenresidenz und Datensouveränität sind schon seit Jahren wichtige Themen und werden es auf absehbare Zeit bleiben. Darauf haben wir mit ExtremeCloud Edge (Betrieb des Extreme-Networks-Managements am Edge, Anm.d.Red.) bereits reagiert. Microsoft stellt das KI-Sprachmodell für uns bereit und hostet das KI-Sicherheits- und Guardrail-Layer, also die Services für den Schutz vor Missbrauch. Dafür stellt uns Microsoft gekapselte Umgebungen bereit, eine für Nordamerika, eine für die EU. Für europäische Kunden ist das gemäß Microsofts Data Domain Boundary in der EU gehostet.

connect professional: Könnten Unternehmen Platform ONE und die KI-Funktionen auch „Air-gapped“ betreiben?
Nispel: Air-gapped ist das nicht möglich, aber man kann Platform ONE lokal betreiben und die KI-Features so einstellen, dass die Plattform keine Daten nach außen gibt. Die Bridge für die Verbindung nach außen wird dann gar nicht erst installiert. Die einzige notwendige Verbindung nach außen betrifft das Einspielen von Updates. Aber auch das kann der Anwender kontrollieren. Unser ExtremeCloud-Edge-Konzept haben wir mit Blick auf datensensible Anwender von Anfang an so konzipiert.

„Datenresidenz und Datensouveränität sind schon seit Jahren wichtige Themen und werden es auf absehbare Zeit bleiben.“

connect professional: Nabil verglich Agentic AI mit einem neuen Mitarbeiter: Man vertraut einem Neuling nicht gleich alles an, sondern gibt ihm nach und nach neue Aufgaben. Wie groß ist der Verwaltungsaufwand, um festzulegen und auszubauen, welche Aufgaben KI-Agenten erledigen dürfen?
Nispel: Der Aufwand ist marginal, das dauert pro Agent fünf Sekunden. Denn die grundlegende Entscheidung pro Agent oder Instanz ist: Will ich einen „Human in the Loop“ (Freigabe durch einen Menschen, Anm.d.Red.) haben oder nicht? Das ist die eigentliche Konfiguration. Für Assistenzfunktionen hingegen ist der Ablauf prinzipiell nutzergetrieben: Der Nutzer fragt und kontrolliert das System.

connect professional: Den Überblick über die KI-Agenten soll die „AI Exchange“ liefern. Wie ist dieser „KI-Agentenkatalog“ aufgebaut?
Nispel: Der Basisagent ist der Service-Agent, alle anderen sind automatisch daran angedockt. Da muss man also nichts konfigurieren. Interessant wird die AI Exchange somit erst, sobald optionale Agenten hinzukommen. AI Exchange kommt deshalb erst im vierten Quartal hinzu.

connect professional: Nabil hat einen sehr schnellen Roll-out neuer KI-Funktionen in Aussicht gestellt. Wie bleiben Kunden und Partner auf dem aktuellen Stand der KI-Funktionalität?
Nispel: Wir releasen alle drei Wochen, und die Plattform enthält eine Self-Awareness-Funktion. Das heißt: Wenn du wissen willst, was das System kann, frag das System!

connect professional: Vielen Dank für das Gespräch.


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