»Eine sehr schwierige Ausgangssituation«
»Eine sehr schwierige Ausgangssituation«. Sony Deutschland hat sein Ziel, bis zum März 2005 eine schwarze Null zu schreiben, nicht erreicht. CRN-Redakteur Markus Reuter sprach mit dem neuen Sony-Geschäftsführer Manfred Gerdes über den drastischen Preisverfall bei Notebooks und Flat-TVs, die Restrukturierung des Unternehmens und die Situation des Konzerns im Bereich Unterhaltungselektronik.
»Eine sehr schwierige Ausgangssituation«
CRN: Sony ist in seinem ersten Geschäftsquartal (Ende Juni) in die roten Zahlen gerutscht und hat daraufhin seine Gesamtjahresprognose zum Teil deutlich gesenkt. Für die Monate April bis Juni sei ein Fehlbetrag von 7,3 Milliarden Yen (53,82 Mio Euro) angefallen. Wie sieht die Situation in Deutschland aus? Ziel Ihres Restrukturierungsprogramms war es, bis Ende März 2005 wieder eine schwarze Null zu schreiben.
Gerdes: Die Situation sieht hier zu Lande ähnlich aus, wir sind ja in Deutschland nicht von der weltweiten Situation abgekoppelt. Der dramatische Preisverfall bei Flat-TVs in Höhe von 30 bis 40 Prozent war für den Quartalsverlust des Konzerns ausschlaggebend und hat auch dafür gesorgt, dass Sony Deutschland zum März keine schwarze Null geschrieben hat. Und weil diese Situation weiter anhalten wird, müssen wir weiter an unseren Produkten arbeiten, unsere Strukturen verbessern und unsere Kosten senken, dann wird sich daraus resultierend auch unsere Ergebnissituation verbessern.
CRN: Wann wird sich der Markt für LCD-TVs beruhigt haben?
Gerdes: In diesem Jahr wird es bei Flat-TVs keine Trendwende mehr geben, denn die Preise geben pro Woche um ungefähr 1 bis 1,5 Prozent nach. Am Ende des Jahres wird sich der Preisrückgang auf insgesamt 40 Prozent belaufen ? eine solch drastische Preiserosion lässt sich dann auch nicht mehr über höhere Stückzahlen kompensieren. Das ist eine sehr schwierige Ausgangssituation ? nicht nur für Sony, sondern für die gesamte Branche. Denn auch bei den Konkurrenten sind in den vergangenen Monaten die Gewinne dramatisch eingebrochen. Der Markt wird sich frühestens im nächsten Jahr beruhigen, aber dann werden die Flat-TVs das heutige Preisniveau der Röhrenfernseher erreicht haben.
CRN: Gegen den kontinuierlichen Preisverfall und den damit verbundenen Einbruch der Gewinne gibt es aber vermutlich kein Patentrezept?
Gerdes: Irgendwann wird bei allen Herstellern die Schmerzgrenze erreicht sein. Dann müssen Industrie und Handel umdenken und beispielsweise verstärkt auf Qualität anstatt auf Dumpingpreise setzen ? die jetzige Entwicklung ist jedenfalls für beide Seiten nicht gesund. Die CE- und IT-Industrie muss tagtäglich mit Preissenkungen leben; andere Branchen haben nach der Euro-Einführung dagegen die Preise erhöhen können.
CRN: Ist Ihr angekündigtes Restrukturierungsprogramm hier zu Lande abgeschlossen? Die Zahl der Mitarbeiter sollte von 850 auf 500 reduziert werden. Dazu wollten Sie sich vom kompletten Consumer-Service-Center mit 130 Beschäftigten trennen. Gleichzeitig sollten unrentable Produkte des Portfolios, das 3.000 Artikel umfasst, aus dem Sortiment genommen werden. Eine neue Vetriebsstruktur und eine neue Preispolitik waren weitere Vorgaben.
Gerdes: Im Prinzip ist die Restrukturierung abgeschlossen, wir müssen aber trotzdem ständig unsere internen Strukturen auf den Prüfstand stellen, um den Veränderungen des Marktes gerecht zu werden. Dazu gehört beispielsweise auch eine Überprüfung der Kostenstrukturen. Das ist keine Aufgabe, die man nur alle zehn Jahre im Rahmen einer Restrukturierung löst. Die Unternehmensstrukturen haben sich in der Vergangenheit nicht in dem Maße verändert, wie die Wettbewerbssituation und die Produktzyklen es erfordert hätten. Heute gibt es nicht nur wesentlich mehr Konkurrenten als früher, sondern auch einen wesentlich härteren und preisaggressiveren Markt.
CRN: Problematisch sieht es für Sony im IT-Segment aus. Bei Desktops ? sowohl für Consumer als auch Geschäftskunden ? ist Sony in Deutschland, laut IDC, nicht unter den Top-Ten. Bei Notebooks reicht es nur für einen schwachen neunten Platz. Laut unserer eigenen Marktforschung »Channeltracks« haben nur 8,3 Prozent der deutschen Fachhändler Sony-Monitore gelistet. Wie wollen Sie die Misere lösen?
Gerdes: Der Notebook-Markt leidet wie der TV-Markt unter einem überproportionalen Preisverfall, die Preise sind stark unter Druck. Zudem treten mittlerweile selbst die traditionellen IT-Hersteller sehr preisaggressiv auf ? einige kaufen sich auch ihre Marktanteile. Wir werden diese Preiskämpfe allerdings nicht mitmachen. Unsere Marktposition bei Notebooks werden wir so zwar halten, aber nicht entscheidend verbessern können. Das Gleiche gilt auch für den Monitor-Bereich. Dort sind wir im Augenblick nicht preisaggressiv und gehen die Preispunkte nicht mit. Deshalb werden wir im Ranking keinen Schritt nach vorne machen. Wir legen auch hier mehr Wert auf Qualität: Unsere Displays sind nicht preiswert, aber ihren Preis wert. Anders ist unsere Situation bei Desktops: Wir vermarkten hier vom klassischen Desktop-Segment sehr verschiedene, aber auch sehr interessante Lösungen. Das Desktopgeschäft steht aber bei uns im Gegensatz zum Notebook-Business nicht so sehr im Fokus.
CRN: Im Bereich Unterhaltungselektronik, dem Kerngeschäft von Sony, steht das Unternehmen ebenfalls unter Druck. Über die Probleme bei Flat-TVs haben wir bereits gesprochen. Aber auch in den anderen Produktkategorien liegt Sony nicht vorne: Den Markt für MP3-Player dominiert Apple, den für Digitalkameras Canon.
Gerdes: Die Camcorder haben sich in den vergangenen Monaten sehr positiv entwickelt. Sony dominiert hier klar den Markt. Auch im Markt für DVD-Recorder und -Player haben wir sehr gute Ergebnisse, wir liegen hier auf den Plätzen zwei beziehungsweise drei. Bei den Digitalkameras dominieren traditionell die klassischen Foto-Anbieter den Markt, die UE-Hersteller liegen etwas zurück. Trotzdem stehen wir auch hier gut im Markt da. Mit unseren MP3-Playern, den Modellen HD3 und HD5, sind wir auf einem erfolgreichen Weg. Im Juli hatten wir aufgrund schlechter Verfügbarkeiten eine leichte Schwäche, das Problem ist jetzt aber behoben. Eigentlich hätte ? aufgrund der Historie von Sony ? der Ipod ein Produkt von Sony sein müssen. Wir hatten schließlich mit dem Walkman den Markt für portable Musik nicht nur geschaffen sondern auch lange Zeit dominiert. Wir werden das aber ändern: Künftig soll der Walkman-Kunde wieder die MP3-Player von Sony kaufen. Erste Erfolge haben sich bereits eingestellt: In Japan, unserem Heimatmarkt, haben wir Apple überholt.