»Heute muss eine Messe Lösungen zeigen«
Die CeBIT präsentiert sich in einer neuen Struktur – auch als Folge eines sich verändernden Messegeschäftes. Internationalität, Kongresse und Lösungen statt reiner Produktshow prägen die professionellen ITK-Messen. <i>CRN</i> sprach mit Ernst Raue, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG, über die Rolle der CeBIT als Leitmesse der ITK-Branche.
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CRN: Der Messeplatz Deutschland befindet sich im Umbruch. Mit Blick auf die Zukunft wird immer häufiger von Leitmessen gesprochen. Wie ist das zu verstehen?
Raue: Leitmessen sind die größten ihrer Art, die in der Regel auch international ausgerichtet sind. Es geht nicht mehr primär darum, Jahr für Jahr neue Ausstellerrekorde aufzustellen, sondern es kommt vor allem darauf an, dass die richtigen Aussteller an der Messe teilnehmen. Leitmessen, gleich welcher Industriebranche, laufen alle blendend. Im IT-Umfeld ist die CeBIT die stabilste, während eine Reihe von Mitbewerbern den Markt verlassen musste oder kleiner geworden ist. Das trifft auch auf Fachmessen zu. Es ist zwar für kleine Messen schön, sich auf einen Fachbereich konzentrieren zu können – aber es trägt sich häufig nicht. Die Folge ist, dass Leitmessen an Bedeutung gewinnen, während kleine Veranstaltungen eher abbauen.
CRN: Wie ist es möglich, dass gerade in Shanghai verschiedene deutsche Messegesellschaften gut zusammenarbeiten, aber hierzulande die Messen gegeneinander arbeiten?
Raue: In Shanghai haben wir ein Joint- Venture mit der Messegesellschaft Düsseldorf. Das funktioniert deswegen so gut, weil wir dort gemeinsam das Messegelände, und nicht die Messe selbst organisieren.
CRN: Aber in Deutschland funktioniert die Zusammenarbeit verschiedener Messen nicht.
Raue: Das hat seinen Grund in der Struktur der Messegesellschaften. Die Gelände befinden sich meist im Eigentum der öffentlichen Hand, also der Kommunen. Dort gibt es parteipolitische und regionalpolitische Bedenken. Die Messen sind zunächst einmal dazu da, wirtschaftliche Effekte in die Region zu tragen. Dafür investieren die Kommunen in die Messen. Im Ausland wiederum ist die Hannover Messe für die Unternehmen tätig. Dort organisieren wir Bundesbeteiligungen in Messen anderer Länder. So fing auch die Internationalisierung des Messegeschäftes an. Heute haben wir 13 Tochtergesellschaften im Ausland. Im vergangenen Jahr veranstalteten wir 52 Auslandsmessen. Vor etwa sieben Jahren waren es erst zwei Messen. Daran erkennt man, dass die Globalisierung auch vor der Messewelt nicht Halt macht.
CRN: Aus Ihrer Sicht haben demnach nur die Leitmessen eine Zukunft?
Raue: Ich bin ein absoluter Verfechter der Leitmessen. Denn das sind internationale Messen, zu denen die Menschen aus aller Welt kommen, um ihre Produkte und Lösungen zu verkaufen. Ich denke, dass wir in einem Europa mit etwa 500 Millionen Menschen eine wunderbare Rolle als CeBIT spielen.
CRN: Wie beurteilen Sie die Konkurrenz zur CeBIT – etwa durch IFA in Berlin?
Raue: Die IFA entfernt sich durch ihr Angebot schon wieder ein Stückweit von der CeBIT. Wir hingegen sind eine Business- Messe: Bei uns steht im Fokus, wie IT der Wirtschaft hilft, Innovationen nach vorn zu bringen. Die Consumer-Electronics- Leute in Berlin sind eine andere Welt.
CRN: Manche Messegesellschaften, wie etwa in Stuttgart, bauen ihr Flächenangebot großzügig aus. Ist das zeitgemäß?
Raue: Nein, ich halte das für einen Fehler. Es ist schlichtweg falsch, heute noch große Hallenkapazitäten zu bauen. Aus Sicht der jeweiligen regionalen Politiker mag das in Ordnung sein, aber nicht für den Messeplatz Deutschland. Denn bestehende Überkapazitäten werden noch einmal erhöht. Letztlich führt das zu einer Marktstörung. Am Ende muss dafür der Steuerzahler aufkommen. Wenn in Stuttgart 800 Millionen investiert worden sind, dann sind das Steuergelder. Wir sind neben Frankfurt die letzten, die selbständig sind und ohne Subventionen auskommen. Darum plädiere ich für privatwirtschaftliche Lösungen, also Messegesellschaften, die sich aus eigener Kraft ernähren können.
CRN: Was hat ein CeBIT-Aussteller davon, wenn sich die Messe auf internationalem Parkett bewegt?
Raue: Einmal wird der jeweilige Messebrand weltweit viel bekannter und steigt im Wert. Weil wir vor Ort sind, können wir unseren Ausstellern dort auch einen besseren Service bieten. So sind wir als Messegesellschaft internationaler geworden, sprechen mehr Sprachen als noch vor ein paar Jahren. In China arbeiten für uns 80 Chinesen, das sind zehn Prozent unserer Gesamtbelegschaft.