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»Im Mittelstand ­zweistelliges Wachstum«

»Im Mittelstand ­zweistelliges Wachstum«. Michael Kleinemeier, Deutschland-Chef des Software-Her­stellers SAP, ­erläutert im Gespräch mit InformationWeek-­Redakteur Werner Fritsch seine geschäftlichen ­Erwartungen für dieses Jahr.

Autor:Werner Fritsch • 12.7.2006 • ca. 2:45 Min

Michael Kleinemeier

»Im Mittelstand ­zweistelliges Wachstum«

Herr Kleinemeier, Deutschland trägt etwa zwanzig Prozent zum Gesamtgeschäft von SAP bei und hat deshalb besonderes Gewicht im Konzern. Welche Ziele und Pläne haben Sie für dieses Jahr?
In Deutschland möchte SAP im unteren einstelligen Bereich wachsen. Bei guter Geschäftsentwicklung können wir beim Lizenzverkauf in Deutschland um die fünf Prozent Wachstum erreichen. Im Mittelstand sehen wir wegen einer geringeren Marktdurchdringung zweistelliges Wachstum.

Wie verteilen sich die Einnahmen?
SAP hat drei Einnahmequellen: neue Lizenzen, Wartung mit Updates, Services mit Consulting und Training. Wir haben mittlerweile mehr Einnahmen aus der Wartung als aus neuen Lizenzen, weil wir eine große installierte Basis haben. Weltweit haben wir im letzten Jahr 33 Prozent des Gesamtumsatzes aus dem Verkauf neuer Lizenzen und 37 Prozent mit Wartung erzielt.

Haben Sie in diesem Jahr bestimmte thematische Initiativen?
SAP unterstützt durch die Zusammenarbeit mit Microsoft und das Gemeinschaftsprodukt Duet den so genannten Information Worker. Produktseitig möchten wir auch mit Analytics im Bereich Business Warehouse weiter zulegen. Was Branchen betrifft, so wollen wir bei Banken und Versicherungen, im Einzelhandel sowie im Öffentlichen Dienst stärker wachsen.

In welchen Branchen ist SAP hierzulande besonders stark?
Maschinenbau, Chemie und Pharmazie sind klassische Branchen für SAP. Bei Versorgern sind wir inzwischen ebenfalls gut vertreten. Ein stärkerer Fokus liegt jetzt auf den Service-Branchen: Banken und Versicherungen zum Beispiel.

Der Experton Group zufolge entfielen im vergangenen Jahr 56 Prozent des hiesigen ERP-Marktvolumens auf SAP. Spielt Deutschland für SAP über den überproportionalen Umsatzanteil hinaus eine Sonderrolle?
Deutschland ist der Markt, in dem wir seit 34 Jahren tätig sind. SAP hat hier eine sehr loyale Kundenbasis. Als wir 1988 in den USA mit dem Geschäft begonnen haben, waren wir in Deutschland bereits 16 Jahre auf dem Markt. Deutsche Kunden haben mit SAP verbundene Themen früher besetzt.

Unterscheidet sich die Strategie im Ursprungsland aufgrund dieser Historie?
Amerika und Asien sind sehr auf Neukunden ausgerichtet, die oft noch kein ERP-System einsetzen, während in Deutschland die meisten Kunden schon ERP-Software von SAP haben. Dann geht es eher um Themen wie Governance, Compliance oder Konsolidierung. Das ist ein anderes Verkaufsmodell als beim Neukundengeschäft.

Sind dann die Early Adopters von SAP in Deutschland dichter gesät als zum Beispiel in den USA?
Unsere Bestandskunden vertrauen uns, wenn wir eine neue Lösung oder einen Nachfolger auf den Markt bringen. So haben wir zum Beispiel mit der Postbank und mit UBS gemeinsam Neuentwicklungen durchgeführt. Das sind Bestandskunden, die wir und die uns lange kennen. Neukunden möchten zuerst die Software sehen und dann kaufen.
Gibt es Themen, die hierzulande stärker nachgefragt werden als anderswo?
Ja, PLM und Produktentwicklung beispielsweise. In Deutschland und Europa denken die Unternehmen bei Entwicklungsprojekten oft langfristiger. Das Thema CRM ist nach einer Flaute global wieder im Kommen.

Wie stellt sich die Lage bei mittelständischen Unternehmen in Ihrem Bereich im Unterschied zu anderen Regionen dar?
Bei uns gibt es viele mittelständische Maschinenbaufirmen, in den USA hingegen ist der Service-Markt stärker ausgeprägt. Wir brauchen für den Mittelstand auch Software, die die industriespezifischen Anforderungen abdeckt. Zum Beispiel gibt es besondere gesetzliche Regelungen, die Weinhändler berücksichtigen müssen. Eine generische Lösung reicht da nicht aus. Der Kunde möchte seine drei, vier Kernprozesse abgebildet sehen. Das sind für ihn Kaufkriterien.

Das Interesse an Branchenlösungen ist in Deutschland also höher als anderswo. SAP hat eine entsprechende Vertikalisierung vor allem in der Produkt­linie mySAP All-in-One realisiert.
Richtig. ERP ist zunächst generisch, der Einkauf zum Beispiel. Dann kommt die Branchenausrichtung hinzu. Da hat SAP so genannte Best Practices gebaut: Prozesse, die man einfach übernehmen kann. Je nach Branchenanforderung ­verfeinern unsere Partner dann diese Best Practices. So kommt man schließlich von einer Handelslösung zu einer Großhandelsanwendung und letztlich zu einer Lösung für den Sanitärgroßhandel.