»Kreditversicherer sind nur eine Option«
Kreditcontrolling heißt das Zauberwort. Immer mehr Distributoren bieten dem Handel neben der Kreditversicherung auch alternative Lösungen an. Stefan Wisst, Leiter Finanzen und Kundenservice bei Actebis Peacock, erklärt im Interview mit <i>Computer Reseller News</i> die neuen Finanzierungswege.
CRN: Ohne Finanzierungs-Dienstleistungen kommt heute kein Distributor mehr aus. Sind die Ansprüche des Fachhandels in den vergangenen Jahren gestiegen?
Wisst: Wenn, dann nicht wesentlich. Nach unseren Erfahrungen benötigen etwa 40 Prozent der Fachhändler gelegentlich oder für größere Projekte Unterstützung, 20 Prozent orientieren sich bei der Auswahl des Distributors nach dem Zahlungsziel oder den Kreditlimits.
CRN: Das klingt fast schon nach Entwarnung, keinesfalls nach Kapitalproblemen im Handel.
Wisst: Das ist nur die eine Seite der Medaille. Dass im Durchschnitt der Handel unter einer sehr dünnen Eigenkapitaldecke liegt, ist ein anderes Problem. Da sind intelligente Lösungen gefragt, die unseren Händlern den Geschäftsalltag erleichtern.
CRN: Sichern Sie erst einmal jede Finanzierung beim Kreditversicherer ab?
Wisst: Im Gegenteil. Wir, aber auch andere Distributoren betrachten die Kreditversicherung nur als eine von vielen Möglichkeiten. So haben wir in den zurückliegenden drei Jahren ein effektives Kreditcontrolling aufgebaut, das derzeit rund 25 Mitarbeiter umfasst. Darunter sind sehr viele Außendienstler, die vor Ort mit dem Partner Finanzierungsmöglichkeiten entwickeln. Wenn nötig in Absprache mit dessen Steuerberater.
CRN: Das erinnert an den Herrn Kaiser von der Versicherung, der nach der Unterschrift unter dem Vertrag den freudestrahlenden Klienten verlässt.
Wisst: Es geht nicht um einen Vertrag. Sondern darum, wie die Zahlungsziele gestaltet werden können. Mit dem Händler finden wir anhand von dessen Finanzdaten heraus, ob Hauslimits das richtige Instrument sind oder ob eine andere Finanzierungsoption in Frage kommt. Um das zu entscheiden, werden 20 verschiedene Bonitätspunkte durchgegangen. Oft handelt es sich auch um die Finanzierung von Großprojekten, die von einem Fachhandelsbetrieb nicht ohne Unterstützung gestemmt werden können.
CRN: Kostet das einem Distributor nicht viel Geld? Wie sieht es mit den Forderungsausfällen aus?
Wisst: Auch für die Kreditversicherung müssen Prämien bezahlt werden. Die Mittel können aber auch ins eigene Kreditcontrolling investiert werden. So hat der Kunde eine individuelle Unterstützung und Finanzierungsform. Was die Forderungsausfälle angeht, so liegen wir deutlich unter dem Durchschnitt in der Distribution. Um diese Quote zu erreichen, sind eben erfahrene Spezialisten nötig, die frühzeitig beraten, mit dem Kunden die Weichen richtig stellen oder aber die Notbremse ziehen.
CRN: Also den Geldhahn zudrehen oder die Lieferungen einstellen?
Wisst: Das kommt auch mal vor, aber selten. Das Controlling setzt viel früher an, fragt beim Kunden nach, warum er nicht zahlen kann, sucht mit ihm nach Lösungen. Denn wir wollen sein Geschäft verstehen, mit ihm partnerschaftlich weiterarbeiten. Häufig können Schwächephasen gerade mit verlängerten Zahlungszielen überwunden werden. Wesentlich bei allen Gesprächen ist aber, dass wir mit unseren Partnern ein Vertrauensverhältnis aufbauen können. Das ist zwar nicht immer leicht, wenn es um das Thema Finanzen geht, aber ohne Offenheit kommen wir nicht ans Ziel. Wir sind dazu da, sein Working-Capital zu finanzieren und nicht seine Unternehmensfinanzierung sicherzustellen.
CRN: Welche Sicherheiten sind erforderlich?
Wisst: Das hängt von den individuellen Anforderungen ab. Im Allgemeinen, und da unterscheiden wir uns nicht von anderen Unternehmen, arbeiten wir mit Abtretungen, persönlichen Bürgschaften, Bankbürgschaften und Ähnlichem. Außerdem bieten wir in besonderen Fällen auch so genannte Pufferlager an. Dabei liefern wir Produkte an den Händler, von denen er weiß, dass er sie innerhalb einer absehbaren Zeit verkaufen kann, momentan aber Finanzierungsunterstützung benötigt. Die Ware gehört bis zum Verkauf noch uns, liegt aber schon vor Ort beim Händler, also einem Abruflager ähnlich. Wir stellen nur das in Rechnung, was er daraus verkauft. Aber auch das ist nur möglich, wenn vorher offen miteinander gesprochen wurde.