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CRN-Reportage

»Nie wieder Handys«

Nokia will seine Handy-Produktion in Bochum schließen, 2.300 Mitarbeiter sollen gehen. Die Schließung droht, obwohl die Fabrik ausgelastet ist und profitabel arbeitet, denn Rumänien und Ungarn sind günstigere Standorte. <i>CRN</i> sprach vor dem Bochumer Werkstor mit den Betroffenen.

Autor:Redaktion connect-professional • 23.1.2008 • ca. 1:25 Min

Der Händler und CRN-Leser Volker Gath aus Schöffengrund war der Erste, der uns letzten Mittwoch per E-Mail mitteilte, Nokia künftig zu boykottieren. Händler in ganz Deutschland sind bestürzt über das, was Nokia Executive Vice President Veli Sundbäck auf einer nur wenige Stunden zuvor angekündigten Pressekonferenz im Düsseldorfer Hotel Intercontinental mitgeteilt hatte: Das deutsche Handy-Werk in Bochum soll im Sommer geschlossen werden. Begründung: »Es kann hier nicht so produziert werden, dass die globalen Anforderungen hinsichtlich Effizienz und flexiblem Kapazitätswachstum erfüllt werden.« Dabei arbeitet die Produktionsstätte nach Aussagen von Arbeitnehmervertretern profitabel, Überstunden sind bis heute wegen der hohen Auslastung an der Tagesordnung. Rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche, werden hier Handys produziert.

Die 2.300 angestellten Nokia-Kräfte erhalten deshalb Unterstützung von bis zu 1.000 Zeitarbeitern, deren Jobs jetzt ebenfalls auf der Streichliste stehen. Drei Mitarbeiterinnen aus der Endfertigung sind fassungslos: »Wir bekommen regelmäßig Anrufe: Morgen brauchst Du nicht kommen. Dann bleiben wir zu Hause. Einen Tag später: Wir brauchen Dich am Samstag und Sonntag zur Nachtschicht. Dann arbeiten wir das ganze Wochenende durch. Ist das etwa unflexibel?«

Die Mitteilung über die Werksschließung erhielt der Betriebsrat am Mittwochmorgen in einer zweiminütigen Versammlung. Viele Mitarbeiter erfuhren erst aus dem Radio oder im Internet davon, dass sie ihren Job verlieren. »Der Umgang mit uns ist zum Kotzen«, macht sich Johanna K. Luft. »Natürlich werden wir streiken«, sagt die Mitarbeiterin. »Sollen wir etwa heute Abend zur Nachtschicht gehen, als ob nichts wäre«? Tatsächlich nehmen die Nokia-Angestellten aber am nächsten Tag ihre Arbeit wieder auf. Schließlich wollen sie dazu beitragen, dass der Standort erhalten bleibt. Doch nur wenige Stunden nach Beginn der nächsten Frühschicht erfahren sie aus dem Radio, dass das Nokia-Management keinen Millimeter von dem gefassten Beschluss abrückt: »Es besteht kein weiterer Verhandlungsbedarf «, lautete die barsche Mitteilung aus Finnland. Auch zahlreiche Politiker setzen sich für den Erhalt des Werkes ein, weisen auf 88 Millionen Euro gezahlte Subventionen hin.