»Unsere Stärke ist und bleibt der SMB«
Massive Probleme hatten in den vergangenen zwei Jahren der COS in Linden zu schaffen gemacht. Seit wenigen Monaten gehören der Distributor, Topedo und Avitos zur Tiscon AG. <i>CRN</i>-Mitarbeiter Wolfgang Kühn sprach mit COS-Geschäftsführer und Tiscon-Vorstand Michael Krings über die Zukunft der Unternehmen.
CRN: Herr Krings, COS hatte vor Ihrem Antritt viele Probleme. Hat sich das Unternehmen stabilisiert?
Krings: Noch sind nicht alle Probleme gelöst. Aber mit einer Rückbesinnung auf unsere Stärke – kleine und mittelgroße Fachhändler – konnten wir wieder zulegen. Man sieht uns heute anders, als noch vor einem halben Jahr.
CRN: Die Vergangenheit hat Spuren hinterlassen. Wie wollen Sie die Händler wieder gewinnen?
Krings: In der Vergangenheit ging der Fokus verloren, erfolgreiche Wege wurden nicht konsequent verfolgt. Nun heißt es: back to the roots. COS ist mit dem Komponentengeschäft und dem SMB groß geworden. Wir haben die Betreuung der Kunden wieder deutlich verbessert und das Produktportfolio ausgebaut.
CRN: Bedeutet das eine Rückkehr von maximal 100 Lieferanten, wie Ihr Vorgänger forderte?
Krings: Es geht nicht um die Anzahl der Lieferanten, sondern um die richtigen Hersteller mit den richtigen Produkten. Wir wollen das Portfolio vorhalten, das von unseren Kunden benötigt wird. Da können es auch mehr als 100 Lieferanten sein.
CRN: Auch neue Produktbereiche?
Krings: Wir bauen auf fünf Segmente, die wir noch weiter ausbauen werden: neben Komponenten sind das die Märkte Networking, Storage, Multimedia und Mobility. Also Felder, in denen wir uns gut auskennen, wo wir Kompetenz haben.
CRN: Wie gut geht es heute COS?
Krings: Gut. Das Geschäft hat sich stabilisiert. Wir holen wieder auf und stoßen auf eine gute Resonanz bei Herstellern und Fachhandel. Unsere Handelspartner stehen treu zu uns.
CRN: Welche Baustellen sind offen?
Krings: Es sind noch nicht alle Umbaumaßnahmen abgeschlossen. So unsere Eigenmarke Topedo, die neu positioniert werden muss. Da gilt es, die Prozesse weiter zu optimieren. Denn in der Vergangenheit wurde bei Topedo nicht der beste Job gemacht. Unser Ziel muss es sein, in Qualität und Preis konkurrenzfähig zu sein. Und das vom Low Cost-PC bis zu Serverkonzepten.
CRN: Wie geht es beim Online-Anbieter Avitos weiter?
Krings: Avitos hat sich gesundgeschrumpft und gut entwickelt. Allerdings gehört Avitos nicht unbedingt zu unserem Kerngeschäft. So lange sich das Unternehmen entwickelt und wir irgendwann einen strategischen Partner reinnehmen sollten, der dann die Aufgabe übernimmt, ist das in Ordnung. Das heißt aber nicht, dass wir verkaufen wollen, sondern eine Partnerschaft eingehen könnten.
CRN: Was ist mit den Entlassungen der vergangenen Monate?
Krings: Unser angekündigter Abbau ist noch nicht ganz abgeschlossen. Ich baue nicht einfach Mitarbeiter ab und überlege mir hinterher, wie ich das Problem löse, sondern mache das mit den Mitarbeitern zusammen. Im Prinzip haben wir in den letzten sechs Monaten keinen einzigen Mitarbeiter verloren, der nicht von sich aus gekündigt hat. Auf jeden Fall haben wir eine große positive Aufbruchstimmung im Unternehmen. Da ziehen alle an einem Strang.
CRN: Mit der Übernahme der COS durch die Tiscon sind Sie zugleich Vorstand der Tiscon AG geworden.
Krings: Es gibt in Deutschland viele Unternehmen, im Umfeld der IT-Distribution und der ITHersteller, die zu groß zum Sterben und zu klein zum Überleben sind. Aber trotzdem erfolgreich. Heute muss sich jedes Unternehmen fragen, wo es in zehn Jahren stehen will. Hier setzen wir an, vergleichen, ob sich deren Produktlinien mit den Produktlinien der im Tiscon-Verbund bestehenden Unternehmen ergänzen können und umgekehrt.
CRN: Ist Tiscon eine Heuschrecke?
Krings: Wir sind keine Heuschrecke. Denn die gehen in ein Unternehmen rein, nehmen Fremdkapital auf und höhlen den Betrieb aus. Wir hingegen wollen niemanden schlucken, sondern partnerschaftlich zusammenarbeiten und dadurch als europaweite Gruppe für IT-Distributoren und IT-Hersteller stark werden. So wie wir kürzlich Chikara ins Boot geholt haben, und zurzeit eine Reihe von Anfragen aus dem europäischen Ausland prüfen.
CRN: Übernahmen kosten Geld. Wo kommt das Kapital her?
Krings: Die Tiscon AG hat Vermögen und steigert ihren Wert durch die Übernahmen. Außerdem verfügt die Muttergesellschaft Arques AG, die auf Branchenkonsolidierungen spezialisiert ist, über einen Cashflow von etwa 250 Millionen Euro.