Abgewandert
Wenn es mal wirtschaftlich nicht so laufen mag, dann greift man gerne zum Instrument Entlassungen. Hunderte von Mitarbeitern bei Airbus, tausende bei Benq Mobile und zehntausende bei der Telekom.
Macht ja auch Sinn, die Hälfte der Flugzeugbauer können locker doppelt so viele Flugzeuge zusammenschrauben, damit werden die Lieferverzögerungen beim Riesen-Jumbo A380 im Nu wieder aufgeholt. Bei Benq liegt die Sache schon etwas anders. Da müssen nicht halb so viele Handy-Schrauber doppelt so viele Handys bauen, sondern möglichst gar keine mehr. Die Belegschaft wird dann in Übergangsmaßnahmen und Auffanggesellschaften auf die künftige Beschäftigung vorbereitet. In den Workshops »Zappen im Nachmittagsprogramm für Fortgeschrittene« und »Ernährung in der Unterschicht« werden künftige Hartz IV-Empfänger bei Richterin Barbara Salesch mit Pommes- Mayo fit gemacht.
Doch was ist mit den 55.000 Stellen, die bei der Telekom wegfallen sollen? Das ist die Einwohnerzahl zweier westdeutscher, beziehungsweise von fünf ostdeutschen Kleinstädten. Nun fallen diese Stellen zum Glück nicht in einer Stadt weg, sonst wäre beispielsweise Ulm kollektiv arbeitslos, das gibt es nicht einmal in der Lausitz oder in Mecklenburg- Vorpommern. Nein, das wird gleichmäßig über das ganze Bundesgebiet verteilt, wie Klärschlamm auf den Feldern von geschäftstüchtigen Landwirten. Der Effekt ist der gleiche: Auf dem Haufen stinkt die Sache gewaltig, schön verteilt und einmal drüber geregnet, tut es nicht einmal weh, wenn man mit der Nahrung die Schwermetalle aufnimmt.
Trotzdem bewegen uns die Einzelschicksale. Was haben denn die 55.000 Mitarbeiter denn den lieben langen Tag getan, dass man sie ohne Qualitätseinbußen entlassen kann? Womöglich gibt es ja sogar Verbesserungen im Service. Nach ihrem Rausschmiss bei der Telekom werden sie zumindest nicht mehr die Hotline des eigenen Unternehmens belasten, denn ein Telefon können sie sich eh nicht mehr leisten. Ein neuer Job, vielleicht sogar im Ausland, wäre doch noch eine Perspektive. Längst hat die DIHK Alarm geschlagen: Mit 145.000 Fortzügen ist die Abwanderung von Deutschen die höchste seit 1954. Allerdings sind die Emigranten laut DIHK überwiegend jünger als 35, qualifiziert und hochmotiviert. Da ist die Chance, dass künftige Telekom-Arbeitslose abwandern, eher gering.